Wohnungskäufer aufgepasst Immobilienbesitzer in der Kampfzone

Eigentumswohnungen sind gefragt wie nie. Viele Interessenten unterschätzen Kosten und Konflikte, die auf sie zukommen. Worüber sich Eigentümer mit Nachbarn, Bauträgern und Mietern streiten; was Sie wissen sollten, bevor Sie zuschlagen.

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Wo der Wohnungskauf unbezahlbar wird
Platz 15: DüsseldorfWer sich in der Landeshauptstadt eine schicke Eigentumswohnung zulegen möchte, um es an den Wochenenden nicht weit für einen Spaziergang an der Rheinpromenade zu haben, der musste im Schnitt 2,821 Euro pro Quadratmeter investieren – fast 20 Cent mehr als im ersten Quartal des vergangenen Jahres. Damit ging es für das „Dorf“ mit der längsten Theke der Welt zwei Plätze rauf. Quelle: Grundlage sind Berechnungen des Beratungsunternehmens empirica für das vierte Quartal 2012. Das Referenzobjekt ist ein Neubau mit 60 bis 80 Quadratmetern und gehobener Ausstattung. Quelle: dpa
Platz 14: MünsterNach Münster, der Fahrradfahrerstadt, zieht es viele Studenten, deshalb ist die Wohnungsnachfrage groß und folglich die Mieten relativ hoch. Doch auch eine Eigentumswohnung ist nicht billig zu haben, wie der Preisvergleich zeigt. Ein Quadratmeter kostet hier durchschnittlich 2,862 Euro. Quelle: dpa
Platz 13: KölnDie wenigsten können sie wie Lukas Podolski zu seiner Zeit beim FC eine Wohnung in einem der Kranhäuser direkt am Rhein leisten. Wer sich in der Millionenstadt schon mal nach einer Wohnung, ob zur Miete oder zum Kauf, umgesehen hat, der weiß, wie schwierig das ist – und teuer. 2,867 Euro kostet der Quadratmeter für eine durchschnittliche Eigentumswohnung; die Preise sind in den vergangenen Monaten kontinuierlich gestiegen, allerdings nicht so stark wie in anderen Regionen. Quelle: dpa
Platz 12: IngolstadtBei Ingolstadt denkt man(n) sofort an Audi, wo der Autobauer seinen Sitz hat, und nicht an hohe Wohnungspreise. Tatsächlich kostet im beschaulichen bayerischen Städtchen der Quadratmeter 2,874 Euro – und damit mehr als in Düsseldorf, Köln oder Berlin. Erstaunlicherweise ist Ingolstadt, was die Mieten angeht, nicht viel preiswerter, dort liegt die Stadt auf Platz 14. Quelle: dpa
Platz 11: PotsdamWie viel der Quadratmeter in Sanssouci kostet, ist leider unbekannt. Stünde das Prachtschloss zum Verkauf, müsste man schon sehr, sehr tief in die Tasche greifen. Aber es muss ja nicht gleich ein Königspalast sein: In Potsdam allgemein sind es 2,877 Euro für die eigenen vier Wände – ebenfalls nicht ganz billig. Besser sieht es bei den Einfamilienhäuser aus, da sind es nur rund 2,25 Euro pro Quadratmeter. Quelle: dpa
Platz 10: UlmDas beeindruckende Ulmer Münster mit seinem 161,5 Meter hohen Kirchturm, dem höchsten der Welt, dominiert das Stadtbild und ist fast von überall zu sehen. Wer den Blick auf das Gotteshaus jeden Tag vom Balkon seiner eigenen Wohnung genießen möchte, muss dafür einiges investieren. 2,894 Euro kostet ein Quadratmeter. Im ersten Quartal 2012 waren es noch gut 15 Cent weniger. Quelle: dpa
Platz 9: LandshutEinen der größten Sprünge in der Auflistung hat Landshut gemacht, das mitten in Niederbayern liegt. Von Rang 13 ging es seit Anfang des vergangenen Jahres um vier Plätze nach oben. In dem gerade einmal 64.000 Einwohnern lebenden Städtchen müssen Wohnungsinteressenten im Schnitt 2,910 Euro pro Quadratmeter einkalkulieren. Quelle: dpa

Im Neubau des Düsseldorfer Amtsgerichts geht es zu wie am Flughafen: Personenkontrollen am Eingang, eine Anzeigetafel mit Gerichtsterminen, Lautsprecherdurchsagen rufen die Streitparteien in die Gerichtssäle. Ein Anwalt zieht einen zusammengerollten Talar aus der Aktentasche, streift ihn über. Richterin Antje Diegel öffnet die Tür zu Saal 2.114 um kurz nach 9 Uhr. Binnen eineinhalb Stunden muss sie gleich drei Verfahren von Wohnungseigentümern entscheiden. Es geht um Geld: Balkonsanierung, Abbau einer nicht genehmigten Wassertherme, falsch abgerechnete Betriebskosten. Im Balkon-Fall ist das Klima vergiftet. Hausverwalter und Eigentümer schauen sich nicht an. Der Eigentümer sagt, er solle zu viel bezahlen; der Verwalter will nur die Beschlüsse der Eigentümer umgesetzt haben. Immerhin verspricht er, jetzt mal alle Akten zur Balkonsanierung zu kopieren – für 20 Cent pro Seite. So geht das schon seit zwei Jahren, sagt Richterin Diegel: „Zeit, endlich einen Schlussstrich zu ziehen.“ Mit einem Vergleich wären die Streitparteien meist schneller am Ziel. „Zu einem Kompromiss sind zerstrittene Wohnungseigentümer jedoch nur selten bereit“, sagt sie.

Musterrechnung für Kauf, Vermietung und Verkauf einer Wohnimmobilie

Deutsche Gerichte müssen sich deshalb jedes Jahr mit etwa 360.000 Verfahren rund ums Wohneigentum herumschlagen. Es herrscht Krieg, jeder gegen jeden: Eigentümer gegen Hausverwalter, Käufer gegen Bauträger, Mieter gegen Vermieter, Nachbarn gegen Nachbarn.

Trotz der Konflikte ist die Eigentumswohnung so beliebt wie nie. Inzwischen gibt es in Deutschland 5,3 Millionen Eigentümer. Der aktuelle Run auf Sachwerte lässt die Zahl der Eigentümergemeinschaften weiter anschwellen – insbesondere in den Großstädten. In Berlin beispielsweise wurden laut Gutachterausschuss im vergangenen Jahr 13 Prozent mehr Eigentumswohnungen verkauft als 2011. Dass Betongold nicht immer beruhigend ist, sondern oft Stress verursacht, merken viele erst, wenn es zu spät ist. Ein paar einfache Regeln helfen, Immobilienfallen zu vermeiden.

Hier kostet Wohnen am meisten
Frankfurt am Main, Westend-SüdIm Frankfurter Westend kostet der Quadratmeter für eine Eigentumswohnung im Schnitt 4.642 Euro. Kein Wunder, hier sind viele Banker und Top-Manager zuhause.Quelle: Die Angaben beziehen sich auf Angebotspreise von Immobilienscout24. Das Referenzobjekt der Berechnungen ist eine 30 Jahre alte Wohnung mit 80 Quadratmetern und drei Zimmern. Quelle: dpa
Heidelberg, NeuenheimAuf Platz sieben landet der Heidelberger Stadtteil Neuenheim. Hier kostet der Quadratmeter 4.863 Euro. Neuenheim liegt gegenüber der Altstadt, geprägt wird der Stadtteil durch viele Villen und Grünflächen. Quelle: dpa
Amrum, NorddorfViele Deutsche fahren nach Norddorf auf Amrum in den Urlaub. Doch die, die auf unserem Platz sechs sesshaft werden wollen, müssen tief in die Tasche greifen: 5.305 Euro zahlt man hier pro Quadratmeter für eine Eigentumswohnung. Quelle: dpa
JuistDie Nordseeinsel Juist liegt zwischen Borkum und Norderney. Hier zahlen Wohnungskäufer 5.666 Euro pro Quadratmeter. Quelle: dpa
Hamburg, HafencityDie Hamburger Hafencity ist eines des größten Städtebauprojekte in Europa. Auf rund 155 Hektar entsteht ein neuer Stadtteil an der Elbe. Ein Wohnung können sich dort nur wenige leisten: der Quadratmeter kostet 5.760 Euro. Quelle: APN
NorderneyDas White Sands Festival auf Norderney lockt stets viele Besucher an. Insgesamt kommen jedes Jahr hunderttausende Urlauber auf die Insel. Einen festen Wohnsitz haben aber nur knapp 6000 Einwohner. Wer eine Wohnung kaufen möchte, muss 6.578 Euro pro Quadratmeter berappen. Quelle: dpa
München, LehelDas Lehel gehört mit 6.947 Euro pro Quadratmeter zu den teuersten Fleckchen in Deutschland, wenn Sie nach einer Eigentumswohnung Ausschau halten. Fast genauso teuer ist es nebenan in der Altstadt (6.918 Euro). Lehel und Altstadt bilden zusammen den Münchener Stadtbezirk Nr. 1. Quelle: dpa

Protokolle und Pläne lesen

  • Bevor sich Interessenten eine Wohnung zulegen, sollten sie prüfen, welche Kosten zusätzlich auf sie zukommen. Zins und Tilgung für den Wohnungskredit rechnet die Bank aus, auch für Strom, Wasser und Gas hat der neue Besitzer Erfahrungswerte. Auf Neu-Eigentümer kommen aber auch Kosten zu, mit denen viele zuvor nicht kalkuliert haben. Sie verbergen sich im Hausgeld, das alle Wohnungseigentümer monatlich im Voraus an den Verwalter überweisen – leicht mehrere Hundert Euro im Monat. Neben Betriebskosten wie Müllabfuhr, Treppenhausreinigung oder Versicherungen zählen dazu auch Posten, die für ehemalige Mieter ganz unbekannte Größen sind, zum Beispiel Gemeinschaftsrücklagen für Reparaturen oder die Vergütung für den Verwalter. Kaufinteressenten sollten sich in jedem Fall vom Verkäufer die Wirtschaftspläne der vergangenen Jahre zeigen lassen. Aus denen lässt sich recht gut ablesen, was auf den Eigentümer zukommt. Auch wie viel Geld aktuell in der Rücklage steckt, ist erkennbar.
  • Genauso wichtig ist der Check, in welche Art von Gemeinschaft man sich einkauft. Mieter, die sich mit Nachbarn verkrachen, können ausziehen. Eigentümer, die viel Geld ins eigene Heim gesteckt haben, sind nicht so flexibel. Im schlimmsten Fall, müssen sie die Wohnung mit Verlust abstoßen. Björn Bachirt, Anwalt in der Kölner Kanzlei Solmecke, rät Wohnungskäufern: „Sie sollten sich vom Verkäufer eine Vollmacht einholen, mit der sie beim Verwalter Einblick in die Unterlagen der Eigentümergemeinschaft erhalten.“ Oft haben Verkäufer auch die vom Verwalter erstellten Protokolle der jährlichen Eigentümerversammlung vorliegen.

  • Kaufinteressenten sollten sich auch die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung anschauen. Anders als Eigenheimbesitzer können Wohnungsbesitzer nicht nach Belieben mit ihrer Immobilie umgehen. Es gibt in Wohnanlagen sowohl „Sondereigentum“, das ausschließlich dem Wohnungsbesitzer gehört, als auch Gemeinschaftseigentum. Die Teilungserklärung zeigt, was alles gekauft wird – etwa, welcher Grundstücksanteil oder Keller zur Wohnung gehört.

Gemeinschaftseigentum gemeinsam instand halten

So stark steigen die Mieten in deutschen Großstädten
Seit dem ersten Mai 201 gilt in Deutschland eine Mini-Preisbremse: In gefragten Wohngegenden können Mieterhöhungen stärker als bisher begrenzt werden. Eine zum 1. Mai in Kraft getretene Änderung des Mietgesetzes räumt den Bundesländern einen entsprechenden Spielraum ein. Demnach kann bei bestehenden Mietverhältnissen die Erhöhung auf maximal 15 Prozent innerhalb von drei Jahren begrenzt werden. Bisher liegt die Erhöhungsgrenze für diesen Zeitraum bei 20 Prozent. Die Deckelung gilt aber nur für bestehende Mietverhältnisse in gefragten Städten oder Stadtvierteln mit akutem Wohnungsmangel. Unter anderem in Berlin oder München soll diese kleine Mietpreisbremse angewendet werden. Der Deutsche Mieterbund kritisiert jedoch, dass bei Neuvermietungen weiterhin keine Grenze eingezogen wird. In Groß- und Unistädten lägen die Neuvermietungspreise 20 bis 30 Prozent über der ortsüblichen Miete, in der Spitze mehr als 40 Prozent. Wie teuer wohnen in 15 deutschen Großstädten ist, zeigen die folgenden Bilder. Quelle: dpa
Platz 15: WürzburgAn der schönen Stadt am Main in Unterfranken ist es gemütlich, aber das hat seinen Preis: Der Mietpreis pro Quadratmeter liegt hier bei 8,00 Euro. Das aktuelle Mietpreis-Ranking von ImmobilienScout24 hat bei 80 Großstädten die Angebotsmieten aus dem 4. Quartal 2012 als Berechnungsgrundlage genommen. Der Analyse liegen rund 200.000 Mietobjekte zugrunde. Quelle: dpa
Platz 14: BonnMan muss nicht zwingend in der Villa Hammerschmidt wohnen, die Mietpreise in Bonn sind auch so nicht die niedrigsten. Der Mietpreis pro m² liegt hier bei 8,14 Euro. Quelle: dpa
Platz 13: KarlsruheBaden-Württemberg ist ohnehin nicht bekannt für Niedrigmieten und so verwundert es auch nicht, dass der Quadratmeterpreis in Karlsruhe laut ImmobilienScout24-Ranking bei 8,33 Euro liegt. Quelle: dpa
Platz 12: ErlangenIn der mittelfränkischen Großstadt kann man zwar günstiger wohnen als in der Landeshauptstadt München, doch der Quadratmeterpreis ist auch hier im Deutschlandvergleich nicht niedrig. 8,41 Euro pro m² sind es derzeit. Quelle: dpa
Platz 11: KölnIn der Karnevalshochburg beträgt der Mietpreis pro m² laut ImmobilienScout24-Ranking derzeit 8,48 Euro. Quelle: dpa
Platz 10: IngolstadtDas Ingolstädter Schloss hinter blühendem Flieder: In der Audi-Stadt kostet der Quadratmeter 8,77 Euro. Quelle: dpa

Gemeinschaftseigentum müssen die Eigentümer gemeinsam instand halten und sanieren und dürfen es nur nach festgelegten Regeln nutzen. Dazu zählen Grundstück, Außenwände, Fassade, tragende Gebäudeteile und Grünanlagen.

Für das, was jedem Eigentümer selbst gehört, muss er allein geradestehen. Die Faustregel, dass alles, was sich in den Wohnräumen befindet, also Innenwände, Bodenbelag oder Einbauküche, Sondereigentum ist, gilt nicht immer. Bei Zentralheizungsanlagen etwa müssen für einen Schaden an einem Heizkörper alle Eigentümer aufkommen, weil der Gemeinschaftseigentum ist. Wasserrohre im Bad sind dagegen Sondereigentum. Den Klempner muss der Eigentümer allein bezahlen.

  • Auch ein Blick auf die Liste der Eigentümer kann sich lohnen, denn Vermieter und Selbstnutzer ziehen nicht immer an einem Strang: Selbstnutzer legen Wert auf eine gepflegte Immobilie – auch wenn sie oft nicht so viel dafür zahlen wollen. Private Kapitalanleger dagegen denken zuerst an die Rendite und wollen möglichst wenig Geld in die Wohnung stecken.

Prognose für Eigentumswohnungen bis 2015

Diese Erfahrung musste jedenfalls Petra-Ida Thünte, 53, machen, die sich 1997 eine Eigentumswohnung im Berliner Stadtteil Neukölln gekauft hatte. Obwohl bereits der Putz von den Balkonen auf den Gehsteig bröckelte, versuchten Münchner Kapitalanleger, die den Großteil der Eigentümer stellten, mit dem damaligen Verwalter eine teure Sanierung jahrelang zu verzögern.

Wohnungseigentümer bilden eine Schicksalsgemeinschaft. Nur wenn alle pünktlich ihr Hausgeld zahlen, kann der Verwalter seinen Job machen, können Handwerker bezahlt und Betriebskosten – von der Müllabfuhr bis zum Strom fürs Treppenhaus – finanziert werden. Die Eigentümer haften gemeinsam dafür, dass alle Rechnungen beglichen werden – allerdings nur bis zum jeweiligen Anteil an der Wohnanlage.

Bei Thomas Christaller, 63, Eigentümer einer Wohnung in Bonn, summiert sich dieses Hausgeld auf immerhin 265 Euro im Monat.

Zusatzkosten aus der Eigentümergemeinschaft

Streit zwischen den Eigentümern entzündet sich oft an der Verteilung der Kosten. Einige Eigentümer empfinden den in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenschlüssel als ungerecht. Wer im Erdgeschoss wohnt, will etwa keine Fahrstuhlkosten zahlen.

Das Wohneigentumsrecht gibt Eigentümern die Möglichkeit, mit einfachem Mehrheitsbeschluss Betriebskosten anders zu verteilen als in der Gemeinschaftsordnung vereinbart. Der neue Verteilungsschlüssel müsse den Verbrauch sinnvoll abbilden und die tatsächlichen Verursacher belasten, stellte der Bundesgerichtshof klar (V ZR 162/10).

Ein Wohnungseigentümer

Eine Eigentümergemeinschaft im Raum Nürnberg etwa versuchte, das Fahrstuhl-Problem akribisch zu lösen. Sie verteilte für jede Etage unterschiedlich viele „Aufzugspunkte“. Die Eigentümer ganz oben bekamen die meisten Punkte und mussten am meisten zahlen. Prompt klagte ein Eigentümer. Das Landgericht Nürnberg fand den neuen Kostenschlüssel aber vollkommen in Ordnung (14 S 7627/08).

Programmiert ist Streit unter Eigentümern, wenn Sanierungen richtig ins Geld gehen. Insbesondere Eigentümer, die kaum die Raten für die Finanzierung ihrer Wohnung aufbringen können, schalten auf Abwehr. „Als wir in den Jahren 2008 bis 2010 den Brandschutz für 2,5 Millionen Euro modernisieren mussten, sprachen einige Eigentümer von Luxussanierung“, sagt Jürgen Piper, Beiratsmitglied des Wohnparks Westhoven in Köln.

Sonderumlage

So teuer wird das neue Gesetz für die Mieter
Reform des MietrechtsMieter müssen sich auf zahlreiche Änderungen einstellen – meist zu ihrem Nachteil. Ziel der Neuerungen ist es, die energetische Sanierung von Häusern und Wohnungen für die Eigentümer und Vermieter attraktiver zu machen. Der Deutsche Mieterbund übt deutliche Kritik an dem Entwurf des sogenannten Mietrechtsänderungsgesetzes, der am Donnerstag bereits durch die erste Lesung des Bundestags gegangen ist. Das Gesetz könnte schon im kommenden Januar in Kraft treten. Quelle: dpa
Keine Mietminderung bei SanierungBei energetischen Modernisierungen, die dazu dienen, dass in einem Haus weniger Energie verbraucht wird, soll das Mietminderungsrecht für drei Monate ausgesetzt werden. Der Deutsche Mieterbund übt daran scharfe Kritik: Durch eine Sanierung könne es zum Ausfall der Heizung kommen, das Haus könne komplett eingerüstet sein und Mieter könnten wochenlang mit Lärm und Dreck leben müssen. Dennoch sollen sie 100 Prozent der Miete zahlen. Der Mieterbund zweifelt daran, dass ein Hauseigentümer eine Investition, die 100.000 Euro kosten könne, von dem Mieterrecht auf Mietminderung abhängig macht. Kritik kam auch von dem SPD-Abgeordneten Ingo Egloff: die Grenzen zwischen energetischer Sanierung und allgemeiner Modernisierung seien fließend. Das geplante Verbot der Mietminderung "eröffnet doch dem Mietstreit Tür und Tor". Die Grünen-Parlamentarierin Daniela Wagner warf der schwarz-gelben Koalition vor, sie wolle "im Hauruck-Verfahren" Mieterrechte abschaffen. Quelle: dpa
Energetische Modernisierung wird neu definiertDer Begriff „energetische Modernisierung“ wird in dem Gesetzesentwurf erweitert. So fallen darunter die Verbesserungen der Mietsache, durch die nachhaltig Energie gespart, effizienter genutzt oder das Klima geschützt wird. Der Mieterbund jedoch beklagt, dass es ohnehin die Pflicht des Vermieters sei, eine wirtschaftliche Heizungsanlage zu betreiben. Zudem dürfte es keine Mieterhöhungen geben, wenn der Mieter dadurch nicht auch Heizkosten spare. Quelle: gms
Verkürzte Frist für HärtegründeDer Vermieter muss die Modernisierung wie bisher spätestens drei Monate vor Beginn ankündigen. Der Mieter hat künftig aber nur noch einen Monat Zeit, sich auf Härtegründe zu berufen. Der Mieterbund kritisiert, dass Vermieter auf diese Frist nicht hinweisen müssen. Quelle: dpa
Mieterhöhung zählt nur bedingt als HärtegrundDie zu erwartende Mieterhöhung ist künftig kein Härtegrund mehr, wenn es um die Duldung der Modernisierung geht. Erst bei der Festsetzung der konkreten Mieterhöhung könne die finanzielle Härte wieder von Bedeutung sein. Der Mieterbund bezweifelt jedoch, dass der Härtegrund noch eine Rolle spiele, wenn die Maßnahme erst einmal abgeschlossen sei. Quelle: dpa
Elf Prozent der Kosten entfallen auf den MieterSchon bisher gilt: Elf Prozent der Modernisierungskosten dürfen auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden. Daran ändert sich auch künftig nichts, obwohl die Mieterhöhungen erheblich sein können. Der Mieterbund rechnet vor: Wenn auf die Mietwohnung Modernisierungskosten in Höhe von 20.000 Euro entfallen, führe dies zu einer monatlichen Mieterhöhung von 183 Euro. Seine Kritik: Die Regelung habe zur Folge, dass die Wohnung umso teurer würde, je mehr die Modernisierung koste. Sinnvoller sei dagegen: Je effizienter die Maßnahme sei, desto mehr dürfe die Miete steigen. Quelle: dpa
Mietern droht fristlose KündigungAuch abseits der Modernisierungen sieht der Gesetzesentwurf Veränderungen für Mieter vor. So soll der Vermieter künftig ein Recht auf fristlose Kündigung bekommen, wenn der Mieter die Kaution nicht zahlt oder mit zwei Monatsmieten in Verzug ist. Diese Regelung hält der Mieterbund für überflüssig, denn sogenannte Mietnomaden würden auch dadurch nicht verhindert. Quelle: dpa

Der Wohnpark mit 575 Parteien konnte die millionenschweren Sanierungsmaßnahmen nicht komplett aus den Rücklagen finanzieren, dafür war eine Sonderumlage nötig. Begeistert waren die Eigentümer davon nicht, dass sie insgesamt 1,5 Millionen Euro – im Schnitt rund 2600 Euro pro Wohnung – zusätzlich aus eigener Tasche zahlen sollten, so Piper. Die Mehrheit habe aber zugestimmt, weil sich nur so die verschärften Brandschutzauflagen erfüllen ließen.

Problematisch wird es, wenn Eigentümer nicht zahlen. Das Geld fehlt dann für die laufenden Kosten und die Rücklagen. Im schlimmsten Fall müssen die übrigen Eigentümer Geld nachschießen. Die Rücklagen dürfen dafür nur kurzfristig herangezogen werden. Eigentlich sind die für die Instandhaltung vorgesehen. So fordert das Oberlandesgericht München, dass Eigentümer stets eine von Alter und Zustand des Hauses abhängige „eiserne Reserve“ halten müssten (34 Wx 76/07).

Wenn sie nicht selbst einspringen wollen, müssen sich die zahlungsfähigen Eigentümern gegen die säumigen Wohnungsbesitzer wehren. Die Gerichte billigen auch drastische Mittel. So erklärte das Kammergericht Berlin es für rechtens, dass eine Eigentümergemeinschaft säumigen Zahlern Wasser oder Heizung abdreht (24 W 7/01). Hier hatte ein Eigentümer Rückstände von 66.500 Euro.

So schützen Sie sich gegen zu hohe Nebenkosten
Derzeit verschicken viele Vermieter wieder die jährlichen Betriebskostenabrechnungen. Darin enthalten sind die Kosten für Heizung, Abwasser oder den Hausmeister. Allerdings sollten die Mieter die Rechnung, die ihnen hierfür ins Haus flattert, genau kontrollieren. Denn jede zweite Kalkulation ist nach den Erfahrungen der Mieterschutzvereine fehlerhaft. Quelle: dpa
NachrechnenZunächst sollte die aktuelle Abrechnung mit der des Vorjahres verglichen werden. Bei Ungereimtheiten können Mieter bei Vermieter oder Hausverwaltung nachfragen. Sie haben auch das Recht, Einsicht in Originalbelege und -rechnungen zu bekommen. Quelle: dpa
Jede Abrechnung muss zudem einige Mindestangaben enthalten. Welche Punkte das sind, können Mieter anhand einer Checkliste überprüft, die beim Deutschen Mieterbund (DMB) und örtlichen Mietervereinen erhältlich ist. Ist die Nebenkostenabrechnung unverständlich oder fehlerhaft, können sie Nachbesserung verlangen und müssen so lange nicht zahlen. Quelle: dpa
VergleichenMit Hilfe des Heizspiegels 2012 können Mieter ermitteln, ob die ihre Heizkosten niedrig oder zu hoch sind. Bei zu hohem Verbrauch kann ein Heizgutachten angefordert werden, bei dem die Abrechnung überprüft und Vorschläge für eine Senkung von Energieverbrauch und -kosten gemacht werden. Quelle: gms
Mieter können auch versuchen, den Eigentümer zu Sanierungsmaßnahmen zu motivieren. „Das Geld, das an die Gasunternehmen und Ölscheichs gezahlt wird, geht auch für Vermieter verloren“, sagt Ulrich Ropertz vom Mieterbund. Deshalb sollten auch sie Interesse daran haben, keine Energieschleuder bereitzustellen. Quelle: dpa
Frau hält Geldscheine vor eine Heizung Quelle: dpa
Einspruch einlegenWer gegen seine Nebenkostenabrechnung Einspruch einlegen will, hat dafür maximal ein Jahr Zeit. Der Mieterbund rät aber, die Kosten innerhalb von vier Wochen zu beanstanden. Auf keinen Fall sollte der Mieter vor Beanstandung zahlen - das gilt als Einverständnis. Quelle: dpa

Wenn nichts mehr hilft, ist auch Enteignung möglich. So entschied der Bundesgerichtshof 2007, dass Eigentümern, die regelmäßig ihr Wohngeld nicht zahlen, die Wohnung entzogen werden kann (V ZR 26/06). Dies setze voraus, dass die klammen Eigentümer vorher abgemahnt würden. Zudem müssten sich die Zahlungsrückstände auf mehr als drei Prozent des Werts der Wohnung belaufen und die Eigentümer länger als drei Monate kein Wohngeld mehr gezahlt haben.

Eigentumswohnungen sind keine Eigenheime im Stapelbau. „Viele Wohnungskäufer überschätzen die Freiheiten, die ihnen ihre Immobilie bietet“, sagt Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin des Verbands Wohnen im Eigentum. Was erlaubt ist und was nicht, gibt die Gemeinschaftsordnung den Besitzern vor.

Dennoch fühlen sich Eigentümer manchmal nicht an die Regeln gebunden. So hätten einige Wohnungsbesitzer des Wohnparks Westhoven ihre Balkone zu Wintergärten ausgebaut, so Eigentümer-Beirat Piper. Nach Protest der übrigen Eigentümer mussten sie die Umbauten auf eigene Kosten wieder abreißen.

Zeitungsausriss mit Anzeigen

Wohnanlagen sind auch kein Freiraum für Racheakte. So mobbte ein Eigentümer in Köln die Mieter eines anderen Eigentümers, weil er sie nicht leiden konnte. Er bedrohte und beleidigte die Mieter so lange, bis diese entnervt auszogen. Das Oberlandesgericht Köln verurteilte den aggressiven Eigentümer zu Schadensersatz wegen der Mietausfälle (16 Wx 197/05).

Selbst in den Schlafzimmern von Eigentumswohnungen ist nicht alles erlaubt. In einer Wohnanlage in Kaiserslautern mit 150 Apartments fiel eine Eigentümerin auf, weil sie im Internet „Hausfrauensex“ anbot. Auch wenn die Prostitution diskret erfolge, sei sie unzulässig, da sie Wert und Vermietbarkeit der Eigentumswohnungen mindere, urteilte das Oberlandesgericht Zweibrücken (3W 357/07).

Mängel am Gebäude

Die zehn Hauptpflichten des Mieters
HausordnungDie Hausordnung ist das zentrale Regulierungsdokument eines Mehrparteienhauses, ein Grundgesetz unter Nachbarn sozusagen. Die Hausordnung ist Bestandteil des Vertrags, der zwischen Mieter und Vermieter geschlossen wird. Der Vermieter kann diese Ordnung allerdings auch einseitig erlassen. Wichtigste Punkte der Hausordnung: Wer muss wann und wie oft das Treppenhaus reinigen? Wer kümmert sich wie und wann um den Schnee vor der Haustür? Wie werden die Gemeinschaftsräume (Keller, Speicher, Waschküche) verwendet? Wie laut dürfen die Nachbarn feiern und ab wie viel Uhr ist Schluss mit dem Lärm? Es gibt aber auch Dinge, die der Vermieter zwar in die Hausordnung schreiben kann, die aber nicht zulässig sind, beispielsweise das Verbot von Besuch nach 22:00 Uhr. Quelle: dpa/dpaweb
Persönliche Habe im FlurNiemand muss die Schuhsammlung eines Nachbarn auf den Gang und im Treppenhaus dulden - wenn die Hausordnung das Abstellen von Schuhen nicht ausdrücklich erlaubt. Ausnahme: Ein Schuhpaar tut niemanden weh, ein ganzer Schuhschrank, der den Gang versperrt, hingegen schon. Gleiches gilt für Poster, Wäscheständer, Sperrmüll oder Pflanzen. Im Zweifelsfall lieber den Vermieter um Erlaubnis fragen. Quelle: AP
Nutzung des TreppenhausesDas Treppenhaus ist übrigens ein Gemeinschaftsraum. Das bedeutetet nicht, dass alte Menschen und junge Familien dort keine Rollatoren oder Kinderwagen deponieren dürfen. Solange im Flur und im Treppenhaus ausreichend Platz dafür zur Verfügung steht, dürfen sowohl Buggy als auch Zwiebelporsche dort geparkt werden. Ist das nicht der Fall, müssen die Familien ihre Besitztümer in der Wohnung verstauen. Das gilt ebenso, wenn Sanitäter und Feuerwehrleute wegen der Habseligkeiten der Mieter nicht ins Haus und in die Wohnungen können. Fahrräder müssen übrigens in den Speicher oder im Keller abgestellt werden. Quelle: AP
KehrwocheDie Kehrwoche ist kein Phänomen süddeutscher Bundesländer. In der Regel gilt: Die Hausordnung bestimmt, wer im welchen Turnus die Gemeinschaftseinrichtungen säubern muss. In größeren Wohneinheiten können professionelle Reinigungskräfte diese Arbeit verrichten. Der Vermieter kann dann die Kosten in der Nebenkostenabrechnung auf die Mieter anteilig umlegen. Zu welcher Uhrzeit der Zuständige zum Besen greift, ist nebensächlich - solange er sich an die üblichen Ruhezeiten hält. Nachts und Sonntagsfrüh ist demnach Putzen nicht erlaubt. Wer in den Urlaub fliegen möchte, sollte vor Abflug seinen Kehrdienst mit den Nachbarn tauschen. Quelle: dpa
SchneeschippenAuch das Schneeschippen kann in den Zuständigkeitsbereich der Mieter fallen, wenn die Gemeinden die Verantwortung für die Räumung des Weges vor den Häusern an die Objekteigentümer übertragen. Die Hausbesitzer können dann wählen: Entweder Profis schippen - oder die Mieter. Sind die Mieter in der Pflicht, muss es auch im Vertrag stehen. Damit nicht ein Mieter für die ganze Hausgemeinschaft den Schnee wegräumen muss, bieten sich "Schneekarten" an. Sie werden beim Schnee jeden Tag an eine andere Partei im Haus weitergereicht. Quelle: dpa
Uhrzeiten einhaltenWer Winterdienst hat, muss leider früh aufstehen. 12:12 Uhr ist ein absolutes No-Go. Ab sieben Uhr früh und bis 20 Uhr abends muss der Mieter für einen begehbaren Weg vor dem Haus sorgen. In einigen Gemeinden muss man noch früher ran und bis 22:00 Uhr schippen. Kleiner Trost für den Mieter: Am Wochenende muss er erst ab 09:00 Uhr ran. Quelle: dpa
GrillenDer Mietvertrag regelt auch das Grillen auf dem Balkon oder der Terrasse - im schlimmsten Fall sind sogar Elektrogrills verboten. Haut der Mieter trotzdem Bulletten und Würstchen auf den Rost, riskiert er die fristlose Kündigung. So urteilte das Landgericht Essen. In anderen Gegenden sind die Richter dagegen milder gestimmt. In Bonn reicht es beispielsweise, wenn Mieter ihren Nachbarn einige Tage vorher Bescheid geben und nicht öfter als zweimal im Monat den Grill anschmeißen. Quelle: dpa

Eigentümer ärgern sich häufig auch mit Bauträgern herum. Bauträger verkaufen Wohnungen in der Regel schon vor dem Abschluss der Bau- oder Sanierungsarbeiten. Ärger gibt es meist um Mängel am Gebäude. Bei der Rosenburg, einer Wohnanlage auf dem Bonner Venusberg, dreht sich der Streit unter anderem um feuchte Wände. „Feuchtigkeit dringt wegen der unzureichenden Abdichtung von innen in das Mauerwerk“, sagt Wohnungseigentümer Christaller. Der ehemalige Institutsleiter bei der Fraunhofer-Gesellschaft und seine Kollegen vom Eigentümer-Beirat streiten seit Jahren mit dem Bauträger um diverse Mängel. Von den Eigentümern finanzierte Gutachten schätzten die Kosten für deren Beseitigung auf 1,5 Millionen Euro. Nicht nur die Mauern seien feucht, auch beim Dach tropfe es rein. Zudem schwankten die von Holzbalken getragenen Decken bei Belastung so stark, dass Langzeitschäden drohten. Der Bauträger aber bestreitet, dass es in der Wohnanlage ein flächendeckendes Problem mit Feuchtigkeit gebe. Eine Fuge sei undicht, den Schaden werde er beheben, die Decken würden von einem Sachverständigen geprüft.

Was ein Bauträger tatsächlich liefern muss, steht in der Baubeschreibung. Häufig sind derartige Baubeschreibungen so schwammig gehalten, dass es für die Käufer schwer ist, den Bauträger später festzunageln. Es lohnt sich, den Vertrag mit dem Bauträger prüfen zu lassen. Eine gründliche Vertragsprüfung durch einen Anwalt ist für etwa 2000 Euro zu haben.

Treten nach dem Kauf Mängel auf, müssen die Eigentümer nicht als Einzelkämpfer gegen Bauträger vor Gericht ziehen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine Gemeinschaft von Wohnungsbesitzern gemeinsam klagen kann (VII ZR 236/05).

Manchmal zwingt auch der Eifer einzelner Eigentümer die Gemeinschaft zum Handeln. Ludwig Waldmann, 67, Eigentümer-Beirat einer Wohnanlage in Frankfurt, legte sich eine Digitalkamera mit Zoom-Objektiv zu. Er hatte Risse in den Balkonbrüstungen mehrerer Wohnungen entdeckt. Mit der Kamera sammelte er Beweise für Baupfusch.

Die Mehrheit der Eigentümer wollte die Balkone aber erst kurz vor Auslaufen der Gewährleistungsfrist überprüfen. Waldmann focht den Beschluss an: „Viele Eigentümer haben mir die Pest an den Hals gewünscht, weil es nicht die erste Klage war.“ Als sich Waldmanns Verdacht bestätigte, war der Bauträger jedoch bereits pleite.

Viele Eigentümer scheuen in der Tat jeden Konflikt mit nachlässigen Dienstleistern. „Sie wollen einfach ihre Ruhe haben und kümmern sich nicht um fehlerhafte Abrechnungen oder Baupfusch“, sagt Lorraine Picaper, Anwältin aus Berlin. Unruhestifter könnten dann helfen. Picaper vertrat einen Eigentümer, der nicht hinnehmen wollte, dass die Familie des Hausmeisters die Waschküche der Wohnanlage nutzte, um gewerblich Wäsche zu reinigen.

Lassen Eigentümer die Kontrolle schleifen, kann sich Vetternwirtschaft ausbreiten. In einem Haus in Frankfurt hatte der Verwalter seinem Bruder, einem Versicherungsmakler, Aufträge zugeschanzt. „Statt 3470 Euro sollten wir pro Jahr 6035 Euro an Prämie für die Gebäudeversicherung zahlen“, sagt Eigentümer Waldmann. Der Verwalter wurde gefeuert.

Ganz ohne Verwalter geht es leider nicht. Er macht die Abrechnungen, vergibt Aufträge an Handwerker, haftet für die Rücklagen und organisiert die Eigentümerversammlungen. Im besten Fall tut er das auch. Mancher aber bedient sich am Geld der Eigentümer. So verurteilte das Berliner Kammergericht einen Hausverwalter wegen Untreue zu 16 Monaten auf Bewährung. Er hatte seine Eigentümergemeinschaft um 276.000 Euro erleichtert.

Vermögensschadenhaftpflichtpolice

So lässt sich die Grunderwerbssteuer umgehen
Instandhaltungsrücklage getrennt abrechnenBeim Kauf bereits genutzter Eigentumswohnungen, erwirbt man häufig auch eine Instandhaltungsrücklage mit, die der Vorbesitzer für Renovierungsarbeiten zurückgelegt hat. Diese Summe ist aber kein Gebäudebestandteil und kann deshalb aus dem Kaufpreis rausgerechnet werden. Quelle: dpa
Inventar separat zahlenZu einem Haus gehört einiges dazu: Küche, Markise, Gartenhäuschen. Das sind jedoch keine „wesentlichen Gebäudebestandteile“ und lassen sich deshalb aus dem Kaufpreis rausrechnen. Käufer sollten hierfür getrennte Kaufverträge abschließen. Das senkt den Hauspreis und damit auch die Grunderwerbssteuer. Quelle: gms
Heizölreserve beachtenAuch die Heizölreserve, die vielleicht noch im gekauften Haus schlummert, ist kein wesentlicher Gebäudebestandteil und sollte zum Steuersparen aus dem Kaufpreis rausgenommen und getrennt abgerechnet werden. Quelle: dpa
FerienwohnungKaufen mehrere Personen eine Ferienwohnung, die sie abwechselnd nutzen, fällt nur einmal Grunderwerbssteuer an. Quelle: dpa
Erstattung bei RücktrittWird ein Immobilienkauf innerhalb von zwei Jahren rückgängig gemacht, muss das Finanzamt die dafür gezahlte Steuer zurück erstatten. Quelle: dpa
Zeitliche Trennung von Grundstückskauf und BebauungWer ein leeres Grundstück kauft und dies anschließend bebauen möchte, sollte beide Verträge – der Vertrag mit dem Grundstücksbesitzer und der Vertrag mit dem Bauunternehmer – zeitlich getrennt voneinander abschließen. Idealerweise auch mit unterschiedlichen Vertragspartnern. Dies verhindert, dass Behörden Grunderwerbssteuer für Grundstück und Haus erheben. Eigentlich sollte in einem solchen Fall die Grunderwerbssteuer nur für das Stück Land gelten. Trotzdem kommt es vor, dass Finanzämter sie auch für das gebaute Haus berechnen. Käufer sollten in so einem Fall rechtlich vorgehen. Quelle: dpa
Schenkungen und ErbschaftenBei vererbten und verschenkten Immobilien fällt keine Grunderwerbssteuer an. Quelle: dpa

„Der Hausverwalter sollte eine Vermögensschadenhaftpflichtpolice abgeschlossen haben“, sagt Gerold Happ, Geschäftsführer des Eigentümerverbands Haus & Grund in Berlin. Die Versicherung deckt finanzielle Schäden ab, die der Verwalter durch Fehlverhalten verursacht. Mitglieder der Verwalter-Verbände müssten eine solche Police abschließen.

Eine Mitgliedschaft in einem Verband allein aber garantiert noch keine seriöse Arbeit. Wer einen Verwalter sucht, ist auf Mundpropaganda angewiesen. „Referenz-Listen sind kein guter Ratgeber“, sagt Sylvia Stein, Hausverwalterin aus Düsseldorf. Mit dem Verwalter nicht zufriedene Eigentümergemeinschaften tauchten in denen naturgemäß nicht auf.

Eigentlich sollte das 2007 reformierte Wohneigentumsrecht die Zahl der Prozesse reduzieren. Geändert wurden beispielsweise die erforderlichen Mehrheiten der Eigentümer für Beschlüsse, sowie die Haftungs- und Prozessvorschriften.

Laut Stefan Coners, Richter am Amtsgericht Düsseldorf, ist die Zahl der Prozesse rund ums Wohneigentum jedoch nicht gesunken. Auch das Tempo der Verfahren hat sich nicht erhöht. „Zwar hören die Gerichte die Beteiligten früher an, die Parteien verstricken sich jedoch weiter in Details, die das Verfahren in die Länge ziehen“, sagt Oliver Huyskens, Anwalt aus Düsseldorf. Oft geht es Unruhestiftern vor allem um Aufmerksamkeit. Sie zweifeln Entscheidungen an, nur weil es auf Eigentümerversammlungen zu formalen Fehlern gekommen ist. Ein beliebter Einwand ist beispielsweise, dass Eigentümer zu spät zur Versammlung eingeladen wurden. Bei vorgeschobenen Einwänden spielen die Gerichte nicht mit. „Meist scheitern diese Klagen, weil die Eigentümer nicht beweisen können, dass die Formfehler für ein abweichendes Abstimmungsverhalten gesorgt haben“, sagt Anwältin Picaper.

Oft, so Anwalt Huyskens, gehe es um Kleinigkeiten, die gar nicht vor Gericht gehörten. Insofern lohne es sich, Alternativen zu einem teuren Prozess zu prüfen. Erst kürzlich konnte er einen Streit außergerichtlich beilegen, bei dem sich eine Eigentümerin über die mangelnde Gartenpflege des Verwalters beschwerte. Die nicht ordnungsgemäß beschnittenen Bäume würden ihre Wohnung beschatten. Zwar habe es tatsächlich einen Schlagschatten gegeben, der fiel jedoch so gering aus, dass sich ein teurer Prozess nicht gelohnt hätte, berichtet Huyskens.

Statt zu klagen, können Eigentümer einen Mediator einschalten. Der professionelle Vermittler klärt nicht nur die Interessen der Parteien, er kann auch die erhitzten Gemüter beruhigen. „Oft fühlen sich die Beteiligten durch den Streit persönlich betroffen und schalten auf stur“, sagt Mediator Frank H. Schmidt aus Nürnberg. So könnten sich Rechtsstreitigkeiten über Jahre hinziehen. Erst wenn die streitenden Parteien gelernt hätten, wieder sachlich miteinander umzugehen, seien Kompromisse möglich. Pro Stunde berechnen Mediatoren etwa 200 Euro. Da ein Termin meist nicht reicht, um eine Lösung zu finden, lohnt sich die Mediation, wenn sich die Parteien um Beträge von mehreren Tausend Euro streiten. Alternativ können sich Wohnungseigentümer auch an Schiedsstellen in ihrer Kommune wenden.

Schlichter entlasten Gerichte und schonen das Portemonnaie der Streitparteien. Richterin Diegel und ihre Kollegen jedenfalls würden es begrüßen, wenn Wohnungsbesitzer sich öfter mal außergerichtlich zu Kompromissen bereit fänden: Denn allein am Amtsgericht Düsseldorf müssen sich drei Richter mit zerstrittenen Eigentümergemeinschaften beschäftigen.

Die könnten sich auch um Wichtigeres kümmern als um Balkonputz und Fahrstuhl-Punkte.

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