Wohnungsmarkt Wahnsinnspreise für Studentenbuden

Einen Studienplatz an einer der begehrten deutschen Unis zu bekommen, ist heute leichter, als dort eine Wohnung zu finden. Und vor allem billiger: Die Mieten für Studentenapartments und WG-Zimmer sind deutlich gestiegen.

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Die Forscher des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln analysierten en studentischen Wohnungsmarkt in 15 Universitätsstädten. Quelle: dpa

München Die Mieten für Studentenwohnungen sind laut einer Untersuchung seit Beginn des Jahrzehnts rasant gestiegen. Die Preiserhöhungen liegen weit über der allgemeinen Teuerungsrate auf dem Wohnungsmarkt, wie aus einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hervorgeht. Teuerste Stadt für den akademischen Nachwuchs ist demnach München, wo eine durchschnittliche Studentenbleibe im zweiten Halbjahr 2016 bereits über 17 Euro pro Quadratmeter kostete. Im Vergleich zu 2010 war das ein Anstieg von 43 Prozent, wie das Team um IW-Immobilienfachmann Michael Voigtländer ermittelte.

Hinter München liegen Stuttgart und Frankfurt mit jeweils über 13 Euro Quadratmetermiete, gefolgt von Hamburg, Köln und Heidelberg. Dort lag die Monatsmiete in der zweiten Hälfte 2016 jeweils zwischen zehn und elf Euro pro Quadratmeter.

Insgesamt analysierten die Forscher den studentischen Wohnungsmarkt in 15 Universitätsstädten, Datengrundlage waren Mietangebote auf den Internetportalen Immobilienscout 24 und wg-gesucht.de seit 2010. Das Institut untersuchte Wohnungen, die für Studenten grundsätzlich infrage kommen – Luxusbleiben also ausgenommen. Allein für das zweite Halbjahr 2016 werteten die Forscher mehr als 80.000 Inserate aus.

Am billigsten wohnen Studenten demnach in Leipzig und Bochum. Dort lagen die Mieten im Schnitt noch unter 6,50 Euro pro Quadratmeter – obwohl es auch dort kräftige Erhöhungen gab. Den rasantesten Anstieg ermittelten die IW-Experten in Berlin, wo eine Studentenbleibe mittlerweile um mehr als die Hälfte teurer ist als 2010 und zuletzt im Schnitt knapp 10 Euro pro Quadratmeter kostete.

Auch Studierende, die sich mit anderen zusammentun, können ihre Wohnkosten dadurch nicht nennenswert drücken, zeigt eine am Dienstag vom Analysehaus Empirica veröffentlichte Übersicht. Untersucht wurden ausschließlich Mieten in WG-Zimmern an allen größeren deutschen Hochschulstandorten. Auch in dieser Auswertung steht München an der Spitze des Rankings: 500 Euro zahlen Studenten im Sommersemester dort für ein WG-Zimmer. Immerhin sind in der Miete Heiz- und Nebenkosten inbegriffen. Das IW Köln betrachtete in seiner Studie im Unterschied dazu die Kaltmieten.

Die Untersuchungen zeigen, dass sich der Markt für studentisches Wohnen nicht von der allgemeinen Marktsituation abkoppeln kann. Das ergibt sich aus dem zeitgleich veröffentlichten Empirica-Immobilienpreisindex für das erste Quartal 2017. Danach legten die Neubaumieten in allen deutschen Großstädten in den ersten drei Monaten des Jahres erneut zu. Nur in Hamburg stagnierten sie weitestgehend. Deutschlandweit legten die Mietpreise auf Jahressicht um knapp vier Prozent zu.


Mietpreisbremse bleibt ohne Wirkung

Eine mögliche Erklärung für den deutlichen Anstieg der Mieten im vergangenen Jahr halten die IW-Forscher bereit: Sie machen dafür einen Effekt verantwortlich, der mit der Einführung der Mietpreisbremse zusammenhängt. Mit der Einführung dieses Instruments, das den Mietanstieg verlangsamen soll und Neuvertragsmieten nach oben deckelt, hätten Vermieter möglicherweise von hohen Mietpreisforderungen abgesehen. So sei es zu einer kurzzeitigten Stagnation der Mieten gekommen. „Nachdem sich die Nachfrage aber noch weiter erhöht hat und weder Mieter noch Vermieter die Mietpreisbremse berücksichtigen, sind die Mietpreisforderungen wieder kräftig gestiegen“, schreiben die IW-Forscher. Insofern interpretieren sie den sprunghaften Anstieg der Mieten einzig als Nachholen verpasster Mietsteigerungen und Rückkehr auf den Wachstumspfad.

Bitter ist die Situation auf dem deutschen Wohnungsmarkt damit besonders für Studierende. Denn sie haben es ohnehin schwer, sich auf dem umkämpften Wohnungsmarkt gegen Konkurrenten mit eigenem Einkommen durchzusetzen, stellt das Gutachten, das vom Deutsche Real Estate Funds, einem auf Studentenwohnungen und kleine Apartments spezialisierten Immobilieninvestor beauftragt wurde, allgemein fest. Ihnen – und vor allem den zahlenden Eltern – bleibt wenig anderes übrig, als hohe Mieten entweder zu akzeptieren oder den Auszug aus dem elterlichen Zuhause zeitlich hinauszuzögern.

„Insbesondere in Berlin, aber auch in Leipzig oder Köln hat die Preisdynamik noch einmal zugenommen“, heißt es in der Studie. „Neben den großen Metropolen steigen aber auch in kleineren Städten die Mieten für Studenten deutlich an. In Osnabrück haben sich beispielsweise die Mieten seit 2010 um 27 Prozent erhöht.“

Hauptursache der rasanten Mietsteigerungen ist nach Einschätzung der Wirtschaftsforscher der fehlende Wohnungsneubau. Zu wenig gebaut werden demnach vor allem Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen. „Über alle Städte hinweg wurden nur rund ein Drittel der benötigten Wohnungen dieser Größe gebaut“, heißt es in dem Gutachten. „Neben Berlin oder München werden auch in Städten wie Kiel, Osnabrück oder Heidelberg nur wenige Wohnungen in diesem Segment gebaut.“

Der Anstieg der Studentenmieten wird sich nach Einschätzung des Instituts in den kommenden Jahren fortsetzen – wenn auch weniger rasant als bisher. „Die Bautätigkeit hat angezogen, allerdings wird der Bedarf dennoch nicht gedeckt“, sagte Voigtländer. „Da allerdings die Zuwanderung etwas nachlässt, gehe ich von langsameren Mietsteigerungen aus.“

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