Wohnungsmarkt Wie Sie online Ihr Eigenheim bewerten lassen können

Wer den Wert seines Hauses schätzen möchte, kann dies auf verschiedenen Portalen tun – bei Homeday etwa kostenlos. Dabei greifen die üblichen Kriterien. Doch zu wörtlich sollten Nutzer die Versprechen nicht nehmen.

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Der Wert eines Hauses hängt maßgeblich vom Standort ab. Diverse Portale bieten eine Bewertung der Immobilie an, teils kostenlos, teils gegen eine Gebühr. Quelle: dpa

Düsseldorf Als Ludwig Mistal (Name geändert) vor einem Jahr eine Anschlussfinanzierung für sein Haus benötigte, wollte die Bank wissen, wie viel sein Eigenheim im Umland von Düsseldorf wert ist. Mistal konnte das nur schätzen. Er orientierte sich an Gerüchten über Preise, die an seinem Wohnort für Einfamilienhäuser bezahlt wurden. Er schätzte so, dass der gewünschte Darlehensbetrag nur halb so hoch war wie der Wert seines Eigenheims. Die Bank machte sich nicht die Mühe, das Objekt zu besuchen, sondern akzeptierte die durch Fotos gestützte Bewertung von Mistal.

Wenige Wochen später bot das Maklerhaus Engel & Völkers an, das Haus kostenlos zu bewerten. Man verabredete sich. Eine knappe Stunde lang führte Mistal den Makler durch sein Haus. Als das Ergebnis eine Woche später vorlag, war Mistal überrascht. Er hatte den Wert seines Heims um 70.000 Euro zu niedrig geschätzt. Zumindest traute sich das Maklerhaus zu, das Haus aus den 1950er-Jahren für 320.000 statt der von Mistal geschätzten 250.000 Euro zu verkaufen.

Eine derartige Klassifizierung soll nun schneller erfolgen. Das verspricht zumindest die Immobilienmaklerplattform Homeday. „Sie erfahren den Preis von jeder Immobilie in Deutschland. Sie sehen, wie sich die Preise in den vergangenen drei Jahren entwickelt haben“, wirbt sie für das Bewertungsverfahren per Klicks auf ihrer Homepage. Wer will, kann sich auch fortlaufend über Preisbewegungen an seinem Zielort informieren lassen.

Ob Milliardenportfolio oder 25-Quadratmeter Studentenwohnung – hinter jedem Immobilienverkauf steht eine Bewertung. Sie ist gefragt wie nie zuvor, schließlich boomt der Immobilienmarkt. Die amtlich bestellten Gutachterausschüsse zählten 2016 rund eine Million Besitzwechsel mit einem Volumen von knapp 240 Milliarden Euro. Jüngere Zahlen liegen noch nicht vor. „Zwei Drittel der Investitionen auf dem Immobilienmarkt entfallen auf Wohnimmobilien“, sagte Anja Diers, Vorsitzende des Arbeitskreises der Oberen Gutachterausschüsse (AK OGA), nach Abschluss der Erhebung Ende 2017. „Die Umsätze stiegen insbesondere in urbanen Regionen. Ein Ende des Preisanstiegs oder gar eine Trendumkehr ist derzeit bundesweit nicht erkennbar.“

Das Bewertungsprocedere bei Homeday folgt den auch bei Maklern üblichen Bewertungskriterien. Abgefragt werden unter anderem Standort, Alter des Hauses und Zeitpunkt der letzten grundlegenden Renovierung, Größe der Haus- und Grundstücksfläche, ob unterkellert, ob Garage, Garten, Terrasse vorhanden sind. Und der Kunde muss eine Selbsteinschätzung der Ausstattung vornehmen: „einfach, normal, gehoben oder luxuriös“.

Am Ende kann der Eigentümer noch angeben, in welchem Zeitraum er verkaufen möchte, ob er Angebote von Maklern bekommen möchte, die sein Haus vermarkten oder ihm die Bewertung genügt. Das Ausfüllen des Fragebogens in der Bewertungsmaske dauert weniger als zehn Minuten, sofern der Ratsuchende die Eckdaten seines Gebäudes im Kopf hat.

Unabhängig von der Bewertung nennt der Preisatlas Quadratmeterpreise einschließlich Preistrends, die abgeleitet sind von Verkaufsangeboten in der unmittelbaren Umgebung. Ob die Beispielobjekte verkauft wurden und wieviel der Käufer tatsächlich bezahlt hat, erfährt der Käufer nicht.

In den Preisatlas fließen Homeday zufolge über zehn Millionen Angebotsdaten für Immobilien seit dem Jahr 2012 ein, die aus 350 deutschen Datenquellen stammen und 150 Merkmale berücksichtigen. „Zu den Datenquellen gehören die großen Immobilienportale in Deutschland wie Immobilienscout, Immowelt, Immonet, Ebay-Kleinanzeigen, überregionale Zeitungen sowie für die Kernregionen die regionalen Wochenblätter“, erläutert Homeday-Geschäftsführer Steffen Wicker. Diese Informationen würden um die Daten aus mehreren Tausend Verkäufen ergänzt, die die Homeday angeschlossenen Makler pro Jahr begleitet haben.

Als Hausbesitzer Mistal Homeday testet, dauerte es keine 15 Minuten, bis er das Bewertungsergebnis per E-Mail lesen kann. Doch das Versprechen, dem Kunden den Preis von jeder Immobilie in Deutschland zu liefern, sollten Homeday-Kunden nicht zu wörtlich nehmen. Denn statt eines konkreten Wertes nannte Homeday eine Spanne von 304.000 bis 476.000 Euro. Diese wiederum gab Mistal immerhin nachträglich die Gewissheit, dass er den Wert seines Eigenheims gegenüber der Bank zu zaghaft geschätzt hatte.

Homeday-Geschäftsführer Wicker erklärt die Spanne so: „Der Wertebereich, in der Detailbewertung, zeigt die hohen und niedrigen Schätzwerte der Immobilie. Ein größerer Bereich deutet darauf hin, dass weniger Daten verfügbar sind oder dass die Daten eine größere Volatilität aufweisen.“ Die Konsequenz: Je kleiner der Zielort ist, desto ungenauer werden die Preisangaben. Das ist allerdings nicht nur ein Problem von Homeday, sondern von allen Portalen, die Bewertungen anbieten. Ähnliche Online-Bewertungen bieten auch andere Vermittlungsportale, etwa Immobilienscout24 und Immowelt an, erstere kostenlos, letztere für 19,90 Euro.

Für Homeday ist die kostenlose Immobilienbewertung eine Möglichkeit, Kunden für die angeschlossenen Makler zu akquirieren. „Mit unserem Preisatlas können wir schon früh mit Eigentümern, die einen Verkauf planen, in Kontakt treten“, sagt Wicker. Wer möchte, kann in folgenden Schritten sein Gebäude noch einmal kostenlos durch einen Homeday-Makler vor Ort ausführlich bewerten lassen und ihn mit dem Verkauf beauftragen. Homeday versichert, dass Kunden der Online-Bewertung, die nicht verkaufen wollen, keine Anrufe von Maklern bekommen werden.

Allerdings werden den Kunden aktualisierte Bewertungen per E-Mail zugesandt. Ludwig Mistal ist deshalb schon gespannt, wie sich die Preisspanne verändert und ob die Preise noch weiter nach oben gehen.

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