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Wohnungssuche Bei Werkswohnungen ist der Chef gleichzeitig Vermieter

Ein neuer Job an einem neuen Standort bringt häufig die Herausforderung Wohnungssuche mit sich. Personalchefs haben das bemerkt und bieten Alternativen.

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Mitarbeiterwohnungen sind für viele Unternehmen ein Trumpf bei der Suche nach Fachkräften. Quelle: dpa

Ludwigshafen, München, Berlin Das Angebot ist nicht schlecht, auch wenn es einen Haken hat: Zwei helle Neubau-Zimmer, mit Terrasse, in Ludwigshafen-Gartenstadt, für etwa 10 Euro kalt je Quadratmeter. „Nur für BASF-Mitarbeiter“, steht über dem Inserat. Das ist der Haken – wenn man nicht für den Chemiekonzern arbeitet. Für das Unternehmen ist die Mitarbeiterwohnung wenige Kilometer vom Werkstor ein Pfund, mit dem sich Mitarbeiter locken lassen.

Denn anders als viele andere große Unternehmen hat die BASF über die Jahrzehnte ihren Wohnungsbestand gehalten. Doch von Dax-Konzernen bis zu Stadtwerken entdecken immer mehr Personalchefs das Thema neu. Wo Wohnungen knapp sind, sind Fachkräfte noch schwieriger zu finden.

Das trifft vor allem die Branchen, die ihren Mitarbeitern keine hohen Löhne zahlen. Am größten ist die Wohnungsnot in München, das für Normalverdiener allmählich unerschwinglich wird. Das erklärt den Ehrgeiz der Stadtwerke München, die bisher 120 neue Wohnungen für ihre Mitarbeiter gebaut haben. Bis 2030 sind weitere 2000 Wohnungen geplant – Busfahrer und Bürokauffrauen sind keine Topverdiener.

Werkswohnungen vor allem bei Staatsunternehmen

„Die Mitarbeiterwohnung erlebt eine gewisse Renaissance“, meint Michael Voigtländer, der Immobilienökonom des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. „Sie hält vor allem als Rekrutierungsargument her.“ Voigtländer weiß auch von Mittelständlern in Regionen wie dem Sauerland, die ihren Mitarbeitern günstige Kredite für den Wohnungs- und Hauskauf geben – um sie an den Standort zu binden.

In der alten Bundesrepublik gab es in den 1970er Jahren noch 450.000 Werkswohnungen, vor allem bei Staatsunternehmen wie Post und Bahn, wie es beim Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) heißt. Die meisten wurden verkauft.

„Bezahlbare Mieten sind für unsere Mitarbeiter ein großes Thema geworden“, sagt Bahn-Personalvorstand Martin Seiler nun. Doch die DB muss quasi wieder bei null anfangen. Einst wohnte die Mehrheit der Eisenbahner in Dienstwohnungen, doch die wurden nach der Umwandlung vom Beamtenbetrieb in ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen verkauft.

An diesem Freitag will die Bahn ihre „Wohnraumoffensive“ verkünden. Das heißt zunächst: Insgesamt gut 140 weitere Belegungsrechte für Wohnungen in München – gemessen am Gesamtbedarf eher bescheiden. Das Staatsunternehmen stellt jährlich rund 20.000 Menschen neu ein.

Das Bundesfinanzministerium will Mitarbeiterwohnungen nun fördern. Ein Referentenentwurf sieht einen Steuerfreibetrag für die Mieter vor, wenn sie die Wohnungen vom Arbeitgeber günstiger bekommen als sonst üblich und so einen geldwerten Vorteil erlangen. „Dies kann einen weiteren Schub für den Mitarbeiter-Wohnungsbau bewirken“, heißt es beim Verbändebündnis Wohnungsbau, in dem sich Vermieter, Baubranche und Mieterbund zusammengeschlossen haben.

Keine Entlastung am Wohnungsmarkt

Denn noch ist der Trend keineswegs flächendeckend. Der Elektrokonzern Siemens etwa, der vor dem Ersten Weltkrieg einen ganzen Stadtteil in Berlin baute, verkaufte seine letzten 4000 Wohnungen vor zehn Jahren. Ein Wiedereinstieg ist nicht geplant, wie der Sprecher der Siemens-Immobiliengesellschaft SRE in München sagt. Zwar wird die Berliner Siemensstadt wiederbelebt. Am größten Fertigungsstandort sollen durchaus auch Wohnungen entstehen - aber keine Werkswohnungen.

Für eine Entlastung des angespannten Wohnungsmarkts reichen die Appartements vom Chef ohnehin nicht. Bundesweit fehlen in den Städten und Ballungsräumen nach Schätzungen etwa 800.000 Wohnungen, während auf dem Land viel leer steht. „Die Unternehmen haben das gleiche Problem wie alle anderen: Sie müssen Wohnungen finden“, meint Ökonom Voigtländer. Wohnungen seien für sie ebenso knapp wie Bauland. Im ungünstigen Fall erhöhten die Unternehmen auf der Suche nach einer Bleibe für ihr Personal nur die Nachfrage, nicht aber das Angebot.

Mehr: Wenn Unternehmen ihre Zentrale verlegen, ändert sich mehr als der Standort. Entscheidend ist der Faktor Mensch – und der wird häufig vergessen.

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