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Zuwanderung Zu wenig günstige Mietwohnungen

Nicht erst durch Flüchtlinge und Migranten wird günstiger Wohnraum knapp: Nötig wären nach einer Studie 400.000 Neubauten pro Jahr. Der Mieterbund fordert deshalb hartes Vorgehen gegen Leerstand.

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Wo die deutsche Bauwut grassiert
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Der Mangel an günstigen Mietwohnungen steigt durch den Zuzug von schätzungsweise 800.000 bis zu einer Million Flüchtlinge sowie EU-Arbeitsmigranten, die nach Deutschland kommen, unweigerlich an – spätestens, wenn die Flüchtlinge registriert sind und die Übergangsunterkünfte in Turnhallen und Zeltstädten verlassen dürfen.

Um den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bei steigenden Zuwandererzahlen zu decken, müssten bis 2020 jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Prognose des auf Stadtentwicklung spezialisierten Pestel-Instituts, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Von diesen neu zu bauenden Wohneinheiten müssten 80.000 preisgebundene Sozialwohnungen sein. In diesem Jahr würden bundesweit voraussichtlich 270.000 Wohnungen fertiggestellt, davon 120.000 Mietwohnungen.

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Der Autor der Studie, Matthias Günther, sagte, er gehe für dieses Jahr von einer Netto-Zuwanderung von einer Million Menschen aus - rund 300.000 EU-Arbeitsmigranten und 700.000 Asylbewerber, die bleiben. „Die Frage, ob Deutschland ein Einwanderungsland ist oder nicht, hat sich damit endgültig beantwortet“, fügte er hinzu.

Quadratmeter pro Kopf in Großstädten gesunken

Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte vergangene Woche erklärt, angesichts der hohen Zahl neu ankommender Flüchtlinge seien mindestens 350.000 neue Wohneinheiten pro Jahr nötig. Auch andere einkommensschwache Gruppen seien dringend auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen.

Aktuell fehlten in den Ballungsgebieten bereits rund 770.000 Wohneinheiten. Viele Berufstätige wohnten deshalb in Großstädten notgedrungen in Wohngemeinschaften, sagte Günther. Junge Erwachsene blieben wegen der Flaute auf dem Wohnungsmarkt unfreiwillig länger im „Hotel Mama“. In den Großstädten sei die Zahl der Quadratmeter pro Kopf in den vergangenen Jahren erstmalig wieder gesunken.

Das Verbändebündnis Sozialer Wohnungsbau, das die Studie in Auftrag gegeben hatte, schlug vor, den Wohnungsbau durch einen Verzicht auf die Grunderwerbsteuer und die befristete Aussetzung der Grundsteuer für geförderte Wohnungen anzukurbeln. Zudem seien attraktive steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten nötig.

Das Bündnis, dem Verbände der Bau- und Immobilienbranche und der Deutsche Mieterbund angehören, sprach sich auch für ein befristetes Aussetzen erhöhter Energieeffizienzauflagen ein, um Investoren zu entlasten.

Ruhrgebiet besonders betroffen

Über besondere Knappheit billigen Wohnraums klagt insbesondere der Mieterbund NRW – und fordert laut einem Bericht von derwesten.de für die Ruhrgebietsstädte direkte Zuschüsse, Tilgungsnachlässe und geringere bauliche Auflagen für Neubauten im sozialen Wohnungsbau. Viele Ruhrgebietsstädte sind besonders betroffen, weil dort schon die heimische Bevölkerung erhöhten Bedarf an billigem Wohnraum hat.

Dort ist das Einkommensniveau über weite Teile der Bevölkerung geringer und mehr Menschen als andernorts in Deutschland beziehen staatliche Sozialleistungen. Der soziale Wohnungsbau beziehungsweise der Anteil an Sozialwohnungen in dieser Region ist jedoch schon seit Jahren rückläufig.

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Der Mieterbund NRW fordert daher auch die flächendeckende Anwendung der „Zweckentfremdungsverordnung“ bei Wohnungsleerstand auf spekulativen Gründen und eine Streichung der Befreiung von der Grunderwerbsteuer für Wohnbauunternehmen. Diese hätten dazu geführt, dass sich die Vernachlässigung der Wohnungen durch die Immobiliengesellschaften für die Unternehmen lukrativ ist. 

Die Staatsbank KfW stößt mit ihrem Förderprogramm für Flüchtlingsunterkünfte auf rege Nachfrage bei Städten und Gemeinden. Eine gute Woche nach dem Start war am Montagabend mit 184 Millionen Euro bereits mehr als die Hälfte der zur Verfügung stehenden rund 300 Millionen Euro abgerufen, berichtete ein Sprecher am Dienstag. Der Vorstand werde bereits in den nächsten Tagen über eine Aufstockung entscheiden.

Der Mangel an günstigen Mietwohnungen steigt durch den Zuzug von Flüchtlingen und EU-Arbeitsmigranten. Doch wie bringt man Investoren dazu, sich in diesem Segment zu engagieren? Und werden deshalb jetzt die Energie- und Umweltstandards gelockert?

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