Internet-Portal Zahnärzte müssen sich Preisvergleich stellen

Der Bundesgerichtshof hat den Preisvergleich von Zahnärzten im Internet erlaubt. Solche Angebote verstießen nicht gegen Berufsrecht. Die Vorinstanzen hatten noch anders entschieden. Zwei Zahnärzte aus Bayern hatten sich gegen das Internetportal „2te-Zahnarztmeinung.de“ gewehrt – letztlich ohne Erfolg. Rechtsanwalt Florian Geyer von der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek sieht in dem Urteil eine Stärkung des Wettbewerbs.

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Florian Geyer, Rechtanwalt in Frankfurt a.M.

Herr Geyer, mit welcher Begründung hat der Bundesgerichtshof dieses Preisvergleichsportal zugelassen?

Geyer: Die Richter am Bundesgerichtshof haben entschieden, dass das Geschäftsmodell nicht wettbewerbswidrig ist und auch nicht gegen die Berufsordnung der Zahnärzte verstößt. Auf dem Portal stellen Patienten einen Kostenvoranschlag ihres Zahnarztes ein, zu dem dann andere Zahnärzte, die Mitglieder des Portals sind, Gegenangebote unterbreiten können. Eine solche Plattform sorge aus Sicht der Patienten für mehr Transparenz. Die Patienten könnten sich eine fundierte Meinung zu den Behandlungskosten bilden. Wenn das Geschäftsmodell aber den Interessen des Patienten diene, könne ein solches Verhalten nicht zugleich unkollegial sein, haben die Richter nun geurteilt. Darauf kommt es laut Berufsordnung an: Zahnärzte dürfen sich nicht unkollegial verhalten. Unkollegial ist es zum Beispiel, wenn Zahnärzte einen Kollegen mit unlauteren Mitteln aus einer Behandlungstätigkeit verdrängen. Der Bundesgerichtshof sah in den Preisvergleichsportalen aber keinen solchen Verdrängungswettbewerb.

Die Vorinstanzen sahen das noch anders.

Dort gingen die Richter davon aus, dass das Modell gegen die Berufsordnung verstoße. Sie kritisierten vor allem, dass keine effektive Kontrolle gegeben sei. Die Mitgliedsärzte hätten den jeweiligen Patienten überhaupt nicht zu sehen bekommen und könnten daher keine fundierte Meinung und keine zuverlässigen Kostenvoranschläge abgeben. Das sei wettbewerbswidrig und unlauter. Ein anderer Arzt würde aus der Behandlung rein aus Kostengründen verdrängt. Auch wenn der Patient sich am Ende selbst für einen Arztwechsel entscheidet, fördere die Plattform die Preisunterbietung. Mitgliedsärzte würden sie nutzen, um andere Ärzte aus Kostengründen aus der Behandlung zu verdrängen. Diese Argumentation hat der Bundesgerichtshof nun weggewischt.

"Patienteninteresse und Transparenz stehen im Vordergrund"

Finden Sie die Argumente des Bundesgerichtshofs schlüssig?

Ja, vielleicht sollten wir nicht nur die digitale Welt betrachten. Wenn ich als Patient  per Post meinen Kostenvoranschlag an andere Zahnärzte schicke und diese um eine Zweitmeinung bitte, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Arzt daraufhin eine alternative Kostenberechnung vornimmt. Von daher ist es für mich konsequent, dass der Bundesgerichtshof nun voll auf das Patienteninteresse und die Transparenz achtet.

Was heißt das Urteil für die Patienten?

Patienten dürfen solche Portale weiter nutzen und die Portale selbst dürfen im Internet bleiben. In Zukunft dürften auch in anderen ärztlichen Bereichen solche Preisvergleichsportale entstehen. Sie erlauben es den Patienten erstmals effektiv die Kosten zu vergleichen. Ich halte dieses Modell für innovativ. Gingen Patienten bislang zum Zahnarzt, mussten sie sich komplett auf das verlassen, was der Zahnarzt ihnen sagte. Ob die Kosten angemessen sind, konnten sie selbst kaum beurteilen. Mit dem Preisvergleich im Internet wird die Autonomie der Patienten gestärkt.

"Auch Ärzte müssen mit Kostentransparenz leben"

Werden durch das Urteil auch andere Preisvergleichsplattformen, jenseits der Ärzte, gestärkt?

Das Urteil ist eine generelle Stärkung solcher Portale. Im Einzelfall kommt es zwar auf die Ausgestaltung an, aber die Tendenz geht dahin, dass die Möglichkeiten des Internets für mehr Transparenz genutzt werden dürfen. Bislang ist der Preisvergleich in vielen Branchen schon üblich, etwa im Handwerk, Handel und bei anderen Dienstleistungen. Nun müssen auch hehre Berufe, wie Ärzte, mit mehr Kostentransparenz leben. Das stärkt den Wettbewerb.

Worauf kommt es bei den Portalen an, damit sie zulässig sind?

Wettbewerbsrechtlich ist ein Verdrängungswettbewerb durch unlautere Preisunterbietung nicht erlaubt. Zum Beispiel wenn jemand Waren oder Dienstleistungen zu nicht kostendeckenden Preisen anbietet, um einen Wettbewerber aus dem Markt zu verdrängen. Wird diese Grenze überschritten, bewegen sich die Mitglieder solcher Portale und auch die Portale selbst auf unsicherem Terrain.

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