Investment Schönster Schein: Schmuck als Geldanlage

Wer Schmuck als Anlage kauft oder verschenkt, sollte sich auf Überraschungen gefasst machen: Glanz und Elend liegen bei diesem Investment nahe beieinander.

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Smaragdring

Das Grün war nicht oliv genug und der Smaragd damit nur noch die Hälfte wert. Dabei las sich die Expertise des Kölner Goldschmiedes so profund wie aussichtsreich: Der Smaragdring sei in bestem Zustand, der Stein stamme höchstwahrscheinlich aus der berühmten Muzo-Mine in Kolumbien, und die Diamanten drumherum seien allesamt von guter Qualität. Als Reinhard Althaus (*Name geändert) den Ring seiner Mutter Ende September zu einer Schmuckversteigerung im Auktionshaus van Ham in Köln einlieferte, fühlte er den vom Goldschmied geschätzten Verkaufspreis von bis zu 10.000 Euro förmlich schon in Händen. Für Althaus ist ein Ring ein Ring, große Gefühle oder Abschiedsschmerz verbindet er mit dem Familienschmuck nicht. Doch dann nahm Beate Kalisch, Expertin des Auktionshauses für historischen Schmuck und Juwelen, wie bei jeder Einlieferung das gute Stück unter ihre Super-Lupe. Binnen Minuten schmolzen 10.000 Euro zusammen wie Lötzinn unterm Bunsenbrenner.

Wer Schmuck nicht nur als Augenweide oder Liebesgabe, sondern auch als Investition betrachtet, ist vor Enttäuschungen nicht gefeit. Nur wer die Spielregeln des Marktes genau kennt, kann prächtigen Goldschmuck, teure Uhren und kostbare Diamanten als Geldanlage nutzen.

Reinhard Althaus durchlebte in den vier Wochen nach seinem Besuch im Auktionshaus alle denkbaren Höhen und Tiefen, zu denen ein Smaragdring führen kann. Nicht allein, dass die Kölner Expertin den Grünton sezierte. Gut anderthalb Stunden, ausgestattet mit Lupe und Taschenrechner, dauerte ihre Generalinspektion am kleinen Besuchertisch. „Am vorteilhaftesten für die Auktion wäre ein Sachverständigen-Gutachten aus Idar-Oberstein“, riet Kalisch dem Düsseldorfer, der immer mehr in sich zusammensank. Schließlich stimmte er dem Versand und den Gutachter-Kosten zu, in der Hoffnung, so den Wert von Mutters Ring steigern zu können.

Einen allerletzten Blick warf die Expertin vorm Eintüten dann doch noch mal auf die 24 Diamant-Baguettes entlang der Ringschiene. Die nächste Überraschung: Ihre unerbittliche Lupe offenbarte leichte Absplitterungen an zwei Steinen. Was er denn auf der Auktion nun noch erwarten könne, wollte Althaus wissen. „Je nach Gutachten aus Idar-Oberstein 3500 bis 6000 Euro“, so die Expertin freundlich.

Die Gutachter bestätigten in der Woche darauf die Fachfrau. Im Ausstellungskatalog zur Auktion wurde der Ring dann exakt dem Gutachten entsprechend beschrieben. Als er als Lot 188 wenige Tage später bei der Auktion zum Aufruf kommt, ist Althaus nicht dabei. Er wäre wohl auch enttäuscht gewesen. Es findet sich kein Interessent.

Später dann doch. Im Nachverkauf in den Tagen nach Auktionsschluss meldet sich ein Käufer, der Geduld und Gespür für Qualität bewies. Sein Angebot: 3300 Euro.

Was Verkäufer enttäuscht, ist für Käufer ein Segen: Bei seriösen Schmuckauktionen lassen sich hochwertige Stücke zu fairen Preisen finden, noch dazu von Experten auf Qualität gecheckt. Wie das funktioniert, können Sie hier nachlesen.

Im Umkehrschluss gilt aber für Verkäufer die traurige Wahrheit: Wenn sie nicht einen echten Marken-Liebhaber finden oder ein Ausnahme-Stück besitzen, wird es schwer sein, jemals wieder den selbst bezahlten Preis zu erzielen.

Allein der Gold- oder Edelsteinwert wird es nicht reißen, schließlich liegt schon die Händlermarge plus Mehrwertsteuer weit über dessen Wertsteigerungspotenzial. Einen Beleg dafür, dass Besitzer ihren Schmuck häufig überschätzen, nennt Markus Eisenbeis, Chef des Auktionshauses van Ham: „Bei der Einlieferung wird etwa die Hälfte des Schmucks abgelehnt.“

„So sehr sich das die Werbestrategen auch wünschen, es weckt falsche Hoffnungen, wenn man Schmuck mit dem Hintergedanken der Wertsteigerung kauft“, sagt der Münchner Schmuck-Sachverständige Heinrich Butschal. Aber welche Stücke sind denn werthaltig? „Wenn Juweliere das wüssten, würden sie sie sofort für sich behalten. Aber eine Richtlinie kann nicht falsch sein: Hochwertiges und Seltenes, weil das nicht beliebig vermehrbar ist“, sagt Butschal.

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