Investmentguru Marc Faber "Wirtschaftlicher Selbstmord"

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Dann haben diese Länder wie verrückt weltweit Luxusgüter und Autos gekauft. Es ist zu einem globalen Boom gekommen. Wenn die Amerikaner nun weniger konsumieren, gehen die Exporte der Schwellenländer nach unten, das Wachstum schwächt sich ab. In der Folge werden Investitionen verschoben oder aufgegeben, und die Nachfrage nach Rohstoffen geht nach unten.

Dann haben die rohstoffreichen Schwellenländer, vor allem die Ölstaaten, weniger Geld und kaufen beispielsweise weniger deutsche Autos. Bei vielen Unternehmen, etwa bei Herstellern von Textilmaschinen, brechen die Aufträge regelrecht weg. Das trifft weniger die USA, sondern eher Europa und ganz besonders Deutschland. Es geht alles nach unten – ein synchronisierter Absturz.

Wie trifft die Krise in den Schwellenländern die Amerikaner?

In den USA leiden vor allem die Privatanleger. Denn die haben in ihren Aktienportfolios 40 bis 50 Prozent ausländische Papiere, einen großen Teil davon aus Ländern wie China und Indien. Außerdem sind sie stark in Rohstoffen investiert.

Wem geht es schlimmer, Osteuropa oder Asien?

Osteuropa ist natürlich in einer bitteren Lage. Viele Länder in der Region stehen heute genauso da wie die Länder Südostasiens kurz vor Ausbruch der Asienkrise 1997. Die Staaten haben große Leistungsbilanzdefizite und sind in Fremdwährung verschuldet. Weil die Währungen jetzt fallen, sind sie ganz übel dran. Ich bin wahrlich nicht optimistisch für Amerika. Aber relativ gesehen, ist es wahrscheinlich besser gerüstet, seine Probleme zu lösen, als andere Länder. Die Amerikaner müssen halt weniger essen und weniger Auto fahren.

In China scheint die Lage weniger dramatisch als in einigen osteuropäischen Ländern.

Die Chinesen haben natürlich von den Amerikanern gelernt, wie man Wirtschaftsdaten frisiert. Es ist schon möglich, dass Chinas Wirtschaft größer ist als vor einem Jahr. Aber ich bin überzeugt davon, dass die Wirtschaft seit Juni geschrumpft ist. Die Bautätigkeit hat sich verlangsamt, und die Exporte brechen regelrecht weg. Es wird auch mittelfristig eine deutliche Verlangsamung des Wirtschaftswachstums geben.

Wie wird Russland durch die Krise kommen?

Russland hat sehr stark von steigenden Rohstoffpreisen profitiert. Außerdem hat das Land Währungsreserven von mehr als 500 Milliarden US-Dollar. Aber die Unternehmen haben Auslandsschulden im selben Umfang. Das könnte ein Problem werden. Die Börse in Russland ist nicht ohne Grund um 70 Prozent gefallen.

Der US-Dollar hat zuletzt stark zugelegt. Wird der Höhenflug weitergehen?

Das Leistungsbilanzdefizit in den USA hat sich in den letzten zehn Jahren stark erhöht. Das hat zu dem schwachen Dollar geführt. Aber jetzt, wo der Verbrauch in den USA stark fällt, verringert sich das Defizit. Das sorgt für eine Verknappung der internationalen Liquidität, und die ist gut für den Dollar. Der Dollar ist eigentlich eine beschissene Währung, aber die anderen Währungen sind eben noch beschissener.

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