Investor Relations Welche Unternehmen Anleger am besten betreuen

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IVG-Team

In einer Dissertation wiesen Schäfers, der an der Uni Regensburg Immobilienwirtschaft lehrt, und der ebenfalls in der IVG-IR beschäftigte Nicolas Kohl kürzlich nach, dass IR hilft, die Kapitalkosten börsennotierter Unternehmen zu senken. „Transparente Zahlen minimieren zudem die Schwankungsanfälligkeit des Aktienkurses“, erklärt Schäfers, „das verhindert, dass man Kapitalerhöhungen zu Extremkursen platzieren muss.“ Auch Verschuldung über Anleihen kommt billiger, wenn bereits ausgegebene Bonds des Unternehmens kursstabil bleiben.

In der Finanzkrise war das, logisch, längst nicht immer der Fall. Zwischenzeitlich notierten die Hybrid- und die Wandelanleihe der IVG bei nur noch 30 Prozent des Nominalwerts. Für alle IR-Manager waren Anrufe besorgter Anleger, die um die Existenz ganzer Unternehmen, ganzer Branchen oder gar des Weltfinanzsystems fürchteten, eine neue Herausforderung. „Wirklich gute IR-Arbeit offenbart sich erst, wenn es unangenehme Wahrheiten zu kommunizieren gibt“, sagt DIRK-Vorstand Kay Bommer.

Was aber ist gute IR? „Vor der Finanzkrise war die Frage schnell beantwortet“, sagt Kelly, „gute Noten für die IR gab es, wenn die Kurse stiegen, am besten schneller als die der Konkurrenz.“ Investor Relations wurde in den meisten Unternehmen als die „kleine Schwester der PR“ verstanden, so Kelly, „das bedeutete, dass vor allem eine Geschichte verkauft wurde – die sogenannte Investment-Story: Warum soll ein Anleger die Aktie kaufen?“

Anleger schauen viel genauer hin

Haupt- und Nebenrollen in diesen Geschichten waren klar verteilt: Im Mittelpunkt stand das künftige Wachstum, aktuelle Fakten und Zahlen waren bestenfalls schmückendes Beiwerk. „Das hat sich in den vergangenen zwei Jahren gründlich geändert“, sagt Kelly, „die IR ist zahlenorientierter und insgesamt sachlicher geworden; die Unternehmen versprechen weniger – dafür schauen die Anleger sehr viel genauer hin.“

Immer mehr Investoren wünschen sich zum Beispiel Gespräche mit Experten aus den Fachabteilungen – Entwicklungschefs, Vertriebsleiter, Einkauf. „Das machen natürlich nicht alle Unternehmen im vollen Umfang mit; aber individuell angefragte Fakten zu recherchieren gehört im Dax und auch im MDax inzwischen dazu“, weiß Kelly. 

Bei Bayer, dem IR-Sieger im Dax, lobten Analysten und Fondsmanager denn auch vor allem das „stets gut informierte Team“ und die inhaltliche Qualität der Berichte. „Gerade für ein Pharma-Unternehmen reicht es nicht aus, den Analysten und Investoren nur einmal im Quartal aggregierte Zahlen und einige Eckdaten vorzulegen“, weiß Alexander Rosar, Chef der IR bei Bayer, „Anleger fragen zum Beispiel nach dem China-Umsatz eines bestimmten Medikaments, nach Details aus dem Zulassungsverfahren bei neuen Wirkstoffen oder nach juristischen Details von Patenten in den USA.“

Die neue Ehrlichkeit

Eine eindeutige Lehre aus der seit 2008 andauernden Finanzmarktkrise haben die meisten IR-Profis schon gezogen: Schlechte Nachrichten müssen umgehend auf den Tisch. „Wer versucht, Negatives zu beschönigen oder die Investoren mittels Salamitaktik hinzuhalten, verliert unterm Strich, am Ende kommt doch die ganze Wahrheit heraus“, meint Bommer.

„Nach einer gründlichen Bestandsaufnahme war uns klar, dass wir alles schonungslos offenlegen mussten“, erinnert sich Praum an seine ersten Monate im neuen Job. Als IR-Chef installierte er mit Rückendeckung des neuen Vorstands einen anderen Stil: Sobald sich im Zahlenwerk Veränderungen verfestigten, gingen die Bonner von sich aus auf die Investoren zu. Als etwa im vergangenen Jahr zu allem sonstigen Unheil auch noch die Kosten beim Bau des Frankfurter Airrail-Centers aus dem Ruder liefen, eines Hotel-, Büro- und Shoppingkomplexes am ICE-Bahnhof des Flughafens, ging Praum umgehend auf die Investoren zu.

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