Investor Relations Welche Unternehmen Anleger am besten betreuen

Gute Investor-Relations-Arbeit offenbart sich in der Krise: Satte Gewinne verkünden kann jeder, aber im Crash Kursverluste eindämmen, Anleger bei der Stange halten und Kredite aushandeln – das ist die hohe Schule. Welche Unternehmen betreuen ihre Investoren am besten?

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Aspirin-Tablette von Bayer: Quelle: dpa/dpaweb

So einen wie Martin Praum ruft man, wenn der Karren schon tief im Dreck steckt, wenn Stimmung und Aktienkursentwicklung mit „bedrohlich“ noch beschönigend beschrieben sind. Wie vor Kurzem bei der IVG: Der Crash an den Finanz- und Häusermärkten bescherte dem Bonner Immobilienfinanzierer im vorletzten Geschäftsjahr 452 Millionen Euro Verlust – den größten der Firmengeschichte. Wie Pech klebten zudem Gerüchte an der Aktie, die ihrerseits in Not geratene Großaktionärin Sal. Oppenheim müsse ihren IVG-Anteil zu Schleuderkursen verhökern.

Anfang 2009 spitzte sich die Situation zu. Die Liquidität schrumpfte bedrohlich, Gläubigerbanken drohten, Kredite über 1,3 Milliarden Euro nicht zu verlängern. Der Kurs der Aktie sackte von 30 auf 3 Euro. Als Praum im März 2009 als neuer Chef der Kapitalmarkt-Kommunikation (Investor Relations, IR) bei IVG antrat, gaben ihm die meisten Investoren keine Chance. Ein Fondsmanager fragte ihn, warum er eigentlich noch Investorentreffen organisiere; in ein paar Wochen sei die IVG sowieso pleite.

Praums Team musste in kürzester Zeit ein knappes Dutzend skeptischer Bankvorstände überzeugen, dem Unternehmen doch noch Kredit zu geben – und es musste die verbleibenden Aktionäre irgendwie bei der Stange halten. Fast alle wollten damals ihre Aktienpakete lieber heute als morgen loswerden. Viele behielten sie dann doch. Im Oktober 2009 fanden der neu aufgebaute IVG-Vorstand und Praums Leute sogar neue Investoren für eine Kapitalerhöhung – unter anderem jenen, der die baldige Pleite prophezeit hatte; der Aktienkurs hatte sich auf 7,20 Euro erholt.

Lob von den Anlegern

Die Notoperation IVG findet auch bei gestandenen Kapitalmarktprofis Anerkennung. Quereinsteiger Praum – bis Anfang 2009 arbeitete er noch als Aktienanalyst – wurde dafür von Europas Profi-Investoren gleich in seinem ersten Berufsjahr zum besten IR-Manager im MDax gewählt. Der Deutsche Investor Relations Verband (DIRK) hat zusammen mit den Londoner Marktforschern von Thomson-Reuters-Extel in den vergangenen Wochen mehr als 800 Fondsmanager und Analysten aus 17 europäischen Ländern befragt, die für rund 300 Fondsgesellschaften, Banken, Broker und Versicherungen arbeiten.

Die Finanzmarktprofis verteilten Punkte an die Investor-Relations-Abteilungen und -Manager, etwa für Transparenz und Genauigkeit der Jahres- und Quartalsberichte, Verlässlichkeit der Prognosen, Fach-  und Branchenwissen. Die WirtschaftsWoche veröffentlicht das Ranking exklusiv. Ein Ergebnis: Deutschlands IR-Profis sind weltweit – neben Briten und Skandinaviern – inzwischen führend. Das war nicht immer so. Bis vor wenigen Jahren betrieben Vorstände und Aufsichtsräte Kurspflege nur auf dem Golfplatz. Analystenfragen beantwortete die Chefsekretärin; amerikanische und britische Investoren wurden mit deutschsprachigen Geschäftsberichten abgespeist.

Messbarer Nutzen

In den vergangenen Jahren ist die IR sehr viel professioneller geworden, parallel zum Aufwand, den die Konzerne betreiben. „Fünf bis sechs Vollzeitkräfte für die IR-Arbeit sind im Dax inzwischen Standard“, sagt Thomson-Extel-Chef Steve Kelly, „bei mittelgroßen Unternehmen aus dem MDax oder TecDax zwei bis drei.“ Im Schnitt jede Woche gehen Dax-Konzerne auf Roadshow, besuchen also wichtige Investoren in den Finanzzentren dieser Welt. Bei der Hälfte dieser Tourneen ist ein Vorstand dabei.

Lohnt der Aufwand? Bis vor Kurzem waren sich Vorstände, Anteilseigner und Aufsichtsräte im Wesentlichen einig, der Nutzen sei größer als null, aber kaum messbar. „Inzwischen ist er es“, meint IVG-Finanzvorstand Wolfgang Schäfers, „allerdings geht es nicht allein um das Maximieren des Börsenwerts.“

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