Konsolidierung Lahmende Landesbanken

Im Jahr 2008 stand das internationale Finanzsystem kurz vor dem Absturz. Im kommenden Jahr muss der Branche der Neustart gelingen. Bei den Landesbanken heißt das Stichwort Konsolidierung. Doch erst wenn die Bilanzen gereinigt und problembehaftete und verlustträchtige Aktiva ausgelagert sind, kann es zu Fusionen in großem Stil kommen.

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Die Blicke werden sich 2009 vor allem auf die Düsseldorfer WestsLB richten. Quelle: ap

FRANKFURT. Der öffentlich-rechtliche Finanzverbund zeigt mitten in der Krise der Banken ein gespaltenes Bild. Während sich die Sparkassen nach den Worten ihres Präsidenten Heinrich Haasis bisher zu Recht als "Hort der Stabilität" bezeichnen dürfen, sind die großen Landesbanken in den vergangenen Monaten unter die Räder gekommen. Weil beide Gruppen, nicht zuletzt über das gemeinsame Sicherungssystem, ineinander verwoben sind, haben sich gewaltige Spannungen aufgebaut. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. Aber absehbar ist, dass die Landesbanken an Bedeutung verlieren werden.

Im Süden der Republik sieht sich der regionale Sparkassenverband nicht mehr in der Lage, die milliardenschwere Kapitalerhöhung zur Sanierung seines Spitzeninstituts mitzutragen. Sein Anteil von 50 Prozent an der Bayerischen Landesbank (BayernLB) wird bis auf einen eher symbolischen Anteil von gut fünf Prozent verwässert. Im Gegenzug wird der Freistaat die Landesbank praktisch ganz übernehmen.

Das Jahr 2009 muss nun zeigen, ob sich der Rückzug der Sparkassen aus dem Eigentümerkreis fortsetzt oder ob es auch Alternativen geben kann. Dreh- und Angelpunkt ist das Stichwort Konsolidierung. Derzeit gibt es noch sieben selbstständige Landesbanken. Wenn die SaarLB, derzeit noch eine Tochter der BayernLB, durch das Saarland "rückverstaatlicht" würde, wären es sogar wieder acht. Obwohl die Sparkassen seit Jahren auf eine Verdichtung unter den Landesbanken auf höchstens zwei bis drei Institute drängen, hat sich im vergangenen Jahr trotz zahlreicher Anläufe und Verhandlungen wenig getan. Lange Zeit legten sich die Ministerpräsidenten quer, weil sie aus Standortüberlegungen gegen Fusionen waren. Als dann die Finanzmarktkrise anfing, die Länderhaushalte zu beschädigen, war es zu spät für ein Zusammenrücken. Die Risiken aus der Finanzkrise gelten momentan als zu unübersichtlich und zu groß, als dass die Träger der Landesbanken rasch eine Fusion verantworten könnten.

Im neuen Jahr wird der Handlungsdruck aber wieder zunehmen, wobei sich die Blicke vor allem auf die Düsseldorfer WestLB richten. Dort lassen sich die Entscheidungen nicht mehr auf die lange Bank schieben, weil die EU-Wettbewerbshüter unter ihrer streitbaren Kommissarin Neelie Kroes auf einen neuen Mehrheitseigentümer pochen. Allerspätestens im Frühjahr will sie Nägel mit Köpfen sehen.

Die Sparkassen haben einen Plan vorgelegt, der eine Verdichtung und eine funktionale Arbeitsteilung nach Schwerpunkten im Norden, in der Mitte und im Süden Deutschlands vorsieht. In der Mitte soll es einen Block aus der Dekabank, dem Kapitalmarktgeschäft der WestLB sowie der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) geben. Das Vorhaben ist in der Theorie recht plausibel, weil sich beispielsweise die Vermögensverwaltung der Dekabank und die Kapitalmarktgeschäfte der Düsseldorfer gut ergänzen würden. Allerdings scheuen die Deka-Leute davor zurück, zu große Risiken der WestLB zu übernehmen. Ähnliche Aversionen gibt es im Eigentümerkreis der Landesbank Baden-Württemberg, weshalb auch im Süden eine Fusion im Moment außer Reichweite ist.

Deshalb wird es 2009 ganz entscheidend darauf ankommen, dass die problembehafteten und verlustträchtigen Aktiva der Landesbanken zunächst in eine Zweckgesellschaft - eine Bad Bank - ausgelagert werden. Erst wenn die Bilanzen bereinigt und nicht mehr den starken Bewertungsveränderungen unterworfen sind, kann es zu Fusionen in großem Stil kommen.

Parallel zum Prozess der Bereinigung und Zusammenführung müssen die Geschäftsmodelle überprüft werden. Einig sind sich die Eigentümer und die meisten Vorstandschefs, dass das in der Vergangenheit praktizierte Kreditersatzgeschäft, also die Investition in komplizierte Wertpapiere, durch die Finanzkrise als unheilvoll entlarvt worden ist. Schließlich waren es die außerbilanziellen Zweckgesellschaften und die strukturierten Wertpapiere, die zuerst die SachsenLB gekippt und dann die Häuser in Düsseldorf, München, Hamburg und Stuttgart an den Abgrund gedrängt haben.

Zukünftig werden die Landesbanken echtes Kundengeschäft brauchen, um die Ratingagenturen, die Aufsicht und auch den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung von der Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle zu überzeugen. Da aber die Sparkassen eine Konzernbildung aus Landesbanken und Sparkassen auch zukünftig vehement ablehnen werden, bleibt der Zugang zum breiten Privatkundengeschäft und den Einlagen der privaten Haushalte weiterhin verwehrt. Außerdem wollen die Sparkassen das kleinere Mittelstandsgeschäft bis zu Umsatzgrößen von etwa 50 Mio. Euro in Eigenregie betreiben. So fällt das Gros der deutschen Firmen als Kunden für die Landesbanken aus.

Damit bleibt nur ein sehr enger Marktkorridor übrig. Die Landesbanken werden Verbundaufgaben für die Sparkassen erledigen, was aber höchstens zehn bis 15 Prozent der Erträge bringt. Und das Mittelstandsgeschäft für größere Adressen wird 2009 heiß umkämpft sein, Deutsche Bank, Commerzbank und die verbliebenen ausländischen Wettbewerber wollen hier allesamt Marktanteile hinzugewinnen. Da beispielsweise die WestLB und die BayernLB ihre internationalen Kapitalmarktgeschäfte und ihre Auslandsstützpunkte zurückfahren bzw. reduzieren, müssen die Landesbanken quasi als regionale Institute ohne großen Privatkundenstamm ums Überleben kämpfen. Einige wenige Adressen, wie etwa die HSH Nordbank oder die NordLB, werden auf spezielle Nischen wie etwa die Flugzeug-, Schiffs- oder Projektfinanzierung setzen, was in einer ausgeprägten Rezession kein Selbstläufer sein dürfte.

So wird deutlich, wohin die Reise geht. Die Landesbanken werden dramatisch schrumpfen und dann zusammengelegt. Geschäftsbereiche, Standorte und Töchter werden verkauft oder aufgegeben. Niemand weiß, wann dieser Prozess zum Stillstand kommt. Sicher ist aber: Er wurde 2008 eingeleitet und kommt 2009 richtig in Fahrt.

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