
Die Versicherungsunternehmen haben ein ernstes und keineswegs selbstverschuldetes Problem: Alle haben noch hunderttausende Altverträge im Bestand, die mit einem Garantiezins von 4,0 Prozent abgeschlossen wurden. Das bedeutet, sie haben sich dem Kunden gegenüber verpflichtet, zumindest den Sparanteil seiner Einzahlungen mit den damals gesetzlich vorgeschriebenen 4,0 Prozent zu verzinsen. Inzwischen, in Anbetracht sinkender Renditen auf den weltweiten Kapitalmärkten, wurde der Garantiezins häppchenweise auf 2,25 Prozent gesenkt. Im Schnitt über alle bestehenden Verträge liegt der Zins bei rund 3,5 Prozent und eben das ist auch haarscharf die Grenze dessen, was die besten unter den Versicherern derzeit selbst am Kapitalmarkt erwirtschaften können. Dass das nicht jahrelang gut geht, liegt auf der Hand. Zumal einige Versicherer auch schon ohne die aktuelle Niedrigzinsphase als knapp auf Kante genäht galten.
Versicherungsaufsicht verordnet Stresstests
Doch nicht einmal dafür reichen die Erträge mancher Versicherungen. Ihr Dilemma: Für relativ sichere Geldanlagen wie Staats- oder Unternehmensanleihen gibt es kaum noch Renditegewinne. Zugleich ist ihnen der Aktienmarkt nach all den Blessuren zu riskant, alternative Finanzinstrumente ebenso - zumal sie in beiden Fällen gesetzliche Quoten haben, die ihr Investment in derlei Anlageprodukte nach oben begrenzen. Wo also sollen die Gewinne herkommen, mit denen sie die Guthaben der Kunden verzinsen sollen?
Die Versicherungsaufsicht hat nun zum ersten Mal außerplanmäßige Stresstests angeordnet, in denen sich die Renditen zum Beispiel von Aktien und Anleihen bis zum Jahr 2018 noch düsterer entwickeln, als es die Branchen-Kontrolleure in ihren alten Standardvorgaben selbst erwartet haben. Die bisherigen Stresstests scheinen den Wächtern zu optimistisch, könnte man sagen, auch wenn das Amt natürlich von einer reinen Vorsichtsmaßnahme spricht.