Multimillionäre Große Vermögen in der Krise

In der Finanzkrise aber haben sich viele Multimillionäre verspekuliert. Wie die großen Vermögen Krisen überstehen, wer Millionen im Crash verlor, welche Lehren Privatanleger daraus ziehen können.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Thomas und Andreas Strüngmann Quelle: dpa

An einem kalten, grauen Dienstagmorgen, kurz vor Weihnachten, wird ein knappes Dutzend deutscher Superreicher schlagartig um einige Hundert Millionen Euro ärmer. Otto Happel gehört zu ihnen, der streitbare Ex-Chef des Bochumer Gea-Konzerns, der seine Anteile an dem Anlagenbauer 1999 für 1,5 Milliarden Euro verkaufte, seitdem eine eigene Seychellen-Insel besitzt und zu den 300 reichsten Menschen der Erde gehört. Marcel Brenninkmeyer ist betroffen, Spross der Warenhausdynastie C&A, aber auch Leute mit selbst erworbenem Vermögen, wie Andreas und Thomas Strüngmann, die Gründer des Arzneimittelunternehmens Hexal.

Was zu der Vermögensvernichtung führte, klingt banal: Ein ostdeutscher Solarzellen-Hersteller hatte eingeräumt, dass seine Umsatz- und Gewinnprognosen für 2008 und 2009 wohl doch nicht ganz zu halten seien. Nichts Ungewöhnliches eigentlich – in Zeiten der Finanzkrise fast schon Alltag. Aber indem sie die Solarbranche erreichte, zerstörte die Krise eine der letzten Investment-Storys, auf die Anleger bis zuletzt gehofft hatten. Die Krise könne vielleicht doch nicht überall zuschlagen, es müsse doch trotz allem noch langfristig gesunde Investments geben – so dachten und hofften viele. Entsprechend verheerend fiel die Reaktion der Börse aus. Binnen weniger Minuten stürzte der Kurs des Marktführers Q-Cells um 20 Prozent. Die Bitterfelder rissen die ganze Branche mit; am Ende des Tages notierten fast alle Solarwerte gut 15 Prozent tiefer, seit Beginn der Finanzkrise haben viele der einstigen Hoffnungsträger schon 90 Prozent an Wert verloren.

Superreiche investieren in Sonnenfirmen

In die Sonnenfirmen hatten Superreiche in den vergangenen Jahren wie in keine andere Branche investiert. C&A-Erbe Marcel Brenninkmeyer taufte seine eigens dafür geschaffene Investmentfirma Good Energies. Diese steckte das Geld der Familie in mehr als zehn verschiedene Solarfirmen, darunter Q-Cells. Gea-Erbe Happel beteiligte sich über sein Investmentvehikel Leemaster am Q-Cells-Konkurrenten Conergy, genau wie Ex-Tchibo-Chef Dieter Ammer und die Strüngmann-Zwillinge. Wella-Erbe Immo Ströher hält ein größeres Aktienpaket am Branchenkollegen Solon.

Als Trost bleibt den prominenten Investoren, dass sie mit der Solarbranche in eine Zukunftsindustrie investiert haben. Irgendwann dürften ihre Beteiligungen auch wieder mehr wert sein als heute. „Wichtig ist vielen auch, dass sie das Gefühl haben, ihr Geld sinnvoll und moralisch wertvoll investiert zu haben“, sagt ein Berater, der einem deutschen Milliardär "Denkanstöße" für neue Investitionen gibt.

Daneben dominiert das Motiv, das Vermögen in sehr langfristige Anlagen zu stecken, um das Erbe für die häufig sehr große Familie zu bewahren. Die Reichen streuen über den ganzen Globus, kaufen Wälder in Kanada, Farmen in Australien und Gold. Bei vielen aber brennt hin und wieder eine Sicherung durch: Sie übernehmen sich mit Krediten, fallen auf dubiose Hedgefonds-Manager wie den 50-Milliarden-Dollar-Pleitier Bernie Madoff rein oder verspekulieren sich schlicht. Adolf Merckle, Selfmade-Milliardär aus Blaubeuren, leidet gerade unter einer missglückten Wette auf fallende Kurse der VW-Stammaktien. Während Merckle mit Aktiendeals und immer neuen Krediten für HeidelbergCement sein Lebenswerk aufs Spiel setzte – der Zementhersteller steht nun möglicherweise ebenso auf der Verkaufsliste wie der von Merckle gegründete Pharmariese Ratiopharm und der ebenfalls zu dessen Holding gehörende Pharmagroßhändler Phoenix –, verloren andere Millionen, hielten aber, wann immer sie spekulierten, ihre Kernunternehmen außen vor. Günther Fielmann etwa verlor Millionen mit der Aktie des Hamburger Veranstaltungstechnikers Procon, sein Brillen-Imperium aber ist unbeschadet. Stefan Quandt ging mit seinen Investments in Logistikfirmen baden, wer aber 17 Prozent am Autobauer BMW hält, dürfte dies verschmerzen können.

Erfolge bleiben die Ausnahme

Kursverlauf der Evotec-Aktie

Nicht alle Börsengeschäfte der Superreichen gehen daneben. Erfolgreich ist Bernardino Branca, Spross der italienischen Magenbitter-Dynastie, der das Erbe der Familie in einem eigenen Hedgefonds verwaltet. Auch Opel-Erbe Georg von Opel liegt mit seinen Investments in Schweizer Immobilien- und Handelskonzerne im Plus.

Solche Erfolge aber bleiben die Ausnahme. „Viele wohlhabende Leute haben seit Beginn der Finanzkrise schon mehr als 50 Prozent ihres Vermögens verloren“, sagt der Multimillionär und Vermögensverwalter Marc Faber aus Hongkong. Seit er den Börsencrash von 1987 vorhersagte, schmückt den gebürtigen Schweizer der Beiname Investmentguru.

Joachim Paul Schäfer, einer der dienstältesten Vermögensbetreuer für reiche Privatleute, schätzt die Verluste in deutschen Wohlhabenden-Depots seit Sommer 2007 auf „durchschnittlich 30 Prozent“. „Damit ist schon jetzt klar, dass die aktuelle Krise viel tiefere Wunden in großen Familienvermögen hinterlassen wird, als die letzten vier, fünf Rezessionen zusammen“, so Schäfer, „manche seit Generationen gewachsenen Vermögen sind ähnlich bedroht wie zuletzt in der Hyperinflation der Zwanzigerjahre oder in der Depression.“

Wie aber kann das sein? Galten die Reichen nicht immer als die besseren Anleger? Schließlich können sie sich die besten Berater leisten und haben erstklassige Kontakte in die Spitzen von Politik und Wirtschaft. Sie gehen bei den nobelsten Privatbanken in Genf und Zürich ein und aus; ihnen stehen die besten und daher sehr wählerischen Risikokapital- und Hedgefonds offen.

Bernie Madoff Quelle: rtr

Der Skandal um den New Yorker Hedgefonds des Bernie Madoff wirft ein neues Schlaglicht auf die Investment-Gewohnheiten der Reichen. Es gibt einen „Snob-Effekt“: Wenn eine Anlage nur genügend Exklusivität verspricht, schauen viele nicht mehr so genau hin. Genau das war Madoffs Masche, mit der er weltweit Banken, andere Hedge‧fonds und reiche Privatanleger um bis zu 50 Milliarden Dollar betrogen haben soll.

Zugang zu seinem höchst exklusiven Schneeballsystem hatte nur, wer mindestens 250.000 Dollar lockermachen und ein Nettovermögen von mehreren Millionen vorweisen konnte. Mundpropaganda und persönliche Empfehlungen hatten bei Blaublütern und Geldadel offenbar jegliche Vorsicht weichen lassen. Einige haben dreistellige Millionenbeträge bei Madoff verloren.

Die besten Experten richten wenig aus, wenn sich die Reichen selbst verrennen. „Viele unserer Kunden sind natürlich außerhalb des Beratungsmandates selbst am Kapitalmarkt sehr aktiv“, sagt Markus Zschaber, Inhaber der Vermögensverwaltung V.M.Z. in Köln, „da mischen wir uns dann nicht ein.“ Am ärgsten verzocken sich oft gerade die Erfolgreichsten unter den Vorzeige-Unternehmern mit ihren Investments.

Finanzkrise setzt Regeln außer Kraft

Auch wenn in den Werbebroschüren von Fondsgesellschaften dem Normalanleger etwas anderes suggeriert wird: Für 10.000 Euro hat niemand Zugang zu den Branchenbesten. Die meisten Top-Hedgefonds, die exklusivsten Beteiligungsgesellschaften (Private Equity) und spezielle Fondskonstrukte, die in Groß-Immobilienprojekte, in Wald, Ackerland oder Patente investieren, sind für Durchschnittsan‧leger regelmäßig nicht zu haben: Sie sind für die Reichen reserviert, Beteiligungen kosten gerne mal eine Million Euro und mehr.

„Für die schnelle Rendite waren diese Modelle nie gedacht“, sagt Kurt von Storch vom Kölner Family Office Flossbach & von Storch, aber bisher „konnten wohlhabende Anleger damit in der Regel auf lange Sicht eine gute Rendite einfahren, bei vermeintlich überschaubaren Risiken.“

Doch in der Finanzkrise sind die Regeln außer Kraft. „Der größte Unterschied zur letzten großen Baisse von 2000 bis 2002 ist, dass zurzeit nahezu alle Anlageformen unter die Räder kommen – und gerade auch die bei Wohlhabenden verbreiteten alternativen Investments“, sagt von Storch. Der ehemalige Investmentbanker von Goldman Sachs betreut zehn „sehr wohlhabende deutsche Unternehmerfamilien“, Namen sind tabu, „die Vermögen belaufen sich auf Volumina zwischen 50 und 300 Millionen Euro je Familie“, verrät von Storch.

So wie Adolf Merckle und Günther Fielmann. Beide schufen ihre immensen Vermögen quasi aus dem Nichts. Beide gelten als knallharte Verhandler, unangenehme Geschäftspartner und nicht gerade freigiebig im Umgang mit Mitarbeitern – aber auch als extrem kompetent, mit einem untrüglichen Gespür für neue Marktchancen und Umsatzquellen.

Unternehmer wollen auch als Private Rendite machen

Kursverlauf der IVG-Aktie

Unternehmerisch erfolgreich, aber mit wenig Fortune bei Börsen-Engagements – dieses Prädikat gilt auch für Thomas und Andreas Strüngmann. Die beiden gründeten 1986 in Holzkirchen bei München das Unternehmen Hexal – eine Firma, die Medikamente herstellt, deren Patentschutz abgelaufen ist, sogenannte Generika.

2005 verkauften die Zwillinge Hexal samt einer Beteiligung an Eon-Labs für stolze 5,7 Milliarden Euro an den Schweizer Pharmariesen Novartis. Das US-Magazin „Forbes“ führt die Brüder derzeit mit je 4,7 Milliarden Dollar Privatvermögen auf Platz 214 der Weltreichenliste.

Seit dem Hexal-Verkauf versuchen sich beide mit ihrer Beteiligungsgesellschaft Santo und ihrem Family Office Athos als Investoren in Immobilien, Biotechnologie und Solar – mit sehr überschaubarem Erfolg. Mitten im Immobilien-Crash stiegen sie bei der Bonner Immobilienfirma IVG ein; auch bei Medigene und Solon verloren sie zweistellig.

Walter Sommer, Geschäftsführer von Grossbötzl, Schmitz & Partner, einer der ältesten deutschen Vermögensverwalter-Sozietäten, erklärt solche Fehlgriffe auf eigene Weise. Wenn ein Unternehmen über Jahre gut laufe, werfe es oft eine Nettorendite auf das eingesetzte Kapital von zehn Prozent oder gar mehr ab. „Jetzt entsteht beim Unternehmer oft der Anspruch: ,Meine Kapitalanlage muss das auch schaffen‘.“ Das gehe aber nur mit sehr hohem Risiko. „Wenn dann noch falsche Berater dazukommen, kann der Schaden bis hin zur totalen Vernichtung eines alten, großen Vermögens gehen.“

Dietmar Hopp Quelle: Robertino Nikolic für WirtschaftsWoche

Was viele Reiche nicht einsehen: In einem einzigen Anlegerleben gelingt es am Kapitalmarkt so gut wie nie, mit der Anlage von Geld ein Vermögen zu vervielfachen. „Wirklich große Vermögen entstehen zu 99 Prozent in erfolgreichen Unternehmen, nicht durch Geldanlage“, sagt Sommer. Der eine überragende Deal, das goldene Geschäft, die todsichere Börsenidee, aber auch der risikolos 15 Prozent abwerfende Beteiligungsfonds – all das gibt es nicht. „Ein Mythos“, meint Sommer, „und die Finanzkrise ist gerade dabei, ihn zu entzaubern.“

Erfolgreiche Unternehmer neigen dazu, sich selbst an der Börse zu überschätzen. Sommer: „Unternehmer sind oft sehr entscheidungsfreudige Menschen – sie sind gewohnt, dass es sich unter dem Strich auszahlt, Risiken einzugehen – und genau das wird ihnen in gefährlichen Märkten wie zurzeit zum Verhängnis.“ Anders ausgedrückt: Der erfolgreiche Unternehmer verlässt sich auf Erfahrungen und Methoden, die ihm in seinem angestammten Terrain Erfolg gebracht haben – er vergaloppiert sich damit aber auf fremden Feld und schätzt die Risiken oft falsch ein.

Dietmar Hopp zum Beispiel, einer der fünf Gründer des Software-Riesen SAP und einer der 15 reichsten Deutschen, hält offenbar die Biotechnologie für das, was Software zu seiner aktiven Gründerzeit war – für das nächste große Ding und den Megatrend des neuen Jahrtausends.

Mag sein, dass er damit sogar recht behält; ob sich seine zahlreichen Investments in der Biotech-Branche aber noch in diesem Anleger-Leben auszahlen, ist inzwischen mehr als fraglich, Verluste von mehr als 90 Prozent seit seinem Ersteinstieg bei GPC Biotech sprechen Bände.

Mühsam kauft Hopp dabei immer wieder nach, zuletzt stockte er bei Sygnis Pharma seine Beteiligung auf 36 Prozent auf und hat nun allen anderen Aktionären ein Übernahmeangebot gemacht, darunter: BASF, Bayer sowie Hopps Co-Investor und Geschäftsführer seiner Holding dievini, Friedrich von Bohlen und Halbach. Ehemalige Freunde des Neues Marktes erinnern sich noch mit Grauen: Von Bohlen hatte einst die heutige Sygnis Pharma unter dem Namen Lion Bioscience gegründet, an die Börse gebracht und Aktionären mit dem Unternehmen, das seinerzeit als „SAP der Biobranche“ gefeiert wurde, anschließend fast den Totalverlust gebracht.

Kursverlauf der GPC Biotech-Aktie

Heute managt er Hopps Biotech-Investments – ein erfolgloses Paket von 16 Beteiligungen, die Milliardär Hopp geschätzt 100 Millionen Euro Verlust eingebracht haben. Bei einer ursprünglichen Investmentsumme von gut 300 Millionen Euro wäre das rund ein Drittel des Einsatzes.

Noch erfolgloser als die Selfmade-Milliardäre agieren viele Erben. Wella-Spross Immo Ströher, der sehr früh bei Solarunternehmen einstieg und sich auf dem Höhepunkt des Booms von Q-Cells trennte, ist eher die Ausnahme. Gea-Erbe Happel verbrennt gerade Millionen in der Solarbranche. Rund 90 Prozent hat der Kurs des Tec-Dax-Wertes Conergy seit seinem Ersteinstieg verloren. Mit im Boot sind die Hexal-Brüder Strüngmann. Happel und die Strüngmanns verfahren dabei ähnlich wie Dietmar Hopp: Sie werfen schlechtem noch gutes Geld hinterher. Vor Monatsfrist stockten sie ihre Anteile an Conergy erneut auf jeweils 15 Prozent auf.

Eckhard Cordes Quelle: dpa

Auch BMW-Erbe Stefan Quandt ist mit seinen Investments nicht gerade vom Glück verfolgt. Über seine Investmentgesellschaft Delton stieg er im Frühjahr 2003 kurz hintereinander bei zwei Logistikfirmen ein, bei der Luxemburger Thiel und bei Microlog. Inzwischen hat Quandt sie unter dem Namen Logwin fusioniert; dennoch rutschte das Unternehmen immer tiefer in die Verlustzone, ebenso wie der Kurs der Aktie: Anfang November 2008 hatte Quandt mit seinem Paket mehr als 80 Prozent verloren. Nun will der Unternehmer die Aktie vom Markt nehmen, bietet den freien Aktionären 1,55 Euro je Anteilsschein – fast dreimal so viel wie der letzte Börsenkurs vor dem Angebot.

Die Superreichen trifft die Krise gleich doppelt. Zum einen leiden ihre neuen, eher spekulativen Beteiligungen. Zum anderen schrumpfen die über Jahrzehnte aufgebauten unternehmerischen Kern-Beteiligungen rapide. BMW-Großeigner-Familie Quandt musste tatenlos zusehen, wie sich der Wert ihres Pakets binnen zwölf Monaten halbierte. Allein mit ihren börsennotierten Großbeteiligungen verloren die 20 reichsten deutschen Familien in der Krise rund 40 Milliarden Euro. Während die damit verbundenen Buchverluste womöglich noch zu verkraften sind – schließlich standen die rasanten Börsengewinne der vergangenen guten Jahre auch nur auf dem Papier – macht sich das Ausbleiben liebgewordener Ausschüttungen schmerzlich bemerkbar: „In diesem und wahrscheinlich auch im nächsten Jahr werden viele der wohlhabenden Gesellschafter großer Familienunternehmen keine Dividenden erhalten“, sagt Norbert Clément, Leiter eines Family Office in Hofheim im Taunus und ehemaliger Mitarbeiter von Feri, dem Family Office der Familie von Harald Quandt. Das löse dann bei „einzelnen Mitgliedern“ der oft mehrere Hundert Köpfe zählenden Clans mitunter „verstörte Reaktionen“ aus.

Einige fordern dann hektisch vom Vermögensverwalter, Geld in festverzinsliche Produkte umzuschichten, damit wenigstens regelmäßige Zinszahlungen den Lebensstil weiterhin alimentieren. Das wiederum reißt Gräben auf – zwischen denen, die das Vermögen langfristig anlegen wollen, und denen, die auf ihre monatlichen Schecks bestehen. Gelegentlich geraten familieninterne Spannungen an die Öffentlichkeit: Als Eckhard Cordes, Chef des Haniel-Imperiums (29 Milliarden Euro Umsatz, 56 000 Mitarbeiter), Anfang Dezember den rund 560 Gesellschaftern per Brief eröffnete, die Dividende könne dieses Jahr ausfallen, zog er prompt den Unmut vieler Familienmitglieder auf sich.

Ortstermin in einer Villa im Kölner Vorort Bayenthal. Hier residiert die Vermögensverwaltung des Selfmade-Millionärs Markus Zschaber. Zschaber ist so etwas wie der Geldverwalter der Showbranche. Und dazu gehört – klotzen. Vor der Villa zu besichtigen ist Zschabers Fuhrpark, der aus einigen Daimler-Kombis besteht – alle mit dem Wunschkennzeichen K-MZ. Prunkstück der Sammlung ist ein Maserati Quattroporte, der rund 100.000 Euro kostet. Ihn fährt nur der Chef persönlich. Auch drinnen, in Zschabers Büro, umgibt der Autonarr sich mit edlen Karossen, wenn auch als Modell, etwa einem roten Formel-1-Boliden.

Anlegen lernen mit Howard Carpendale

Kursverlauf der Logwin-Aktie

Ein Hinweis auf einen prominenten Kunden? Zschaber grinst und zupft seine goldene Krawattennadel in Form. „Ich kann Ihnen da keine Namen nennen“, bedauert er, „sonst kriege ich Ärger mit dem Management.“ Wer auf Helm und Overall für höchst durchschnittliche Finanzkonzerne wirbt, der liest nur ungern in der Zeitung, dass sein eigenes Vermögen ganz woanders vermehrt wird.

Ein paar Katzen lässt Zschaber dann doch aus dem Sack: Zu seinen Kunden gehören neben großen Stiftungen und dem Stadtkämmerer von Bonn etliche aktive und ehemalige Fußballprofis, zwei Formel-1-Rennfahrer, ein ehemaliger Torhüter der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Sogar für einige „Zweige der Herrscherfamilien von Dubai und den Vereinigten Arabischen Emiraten“ darf Zschaber inzwischen Geld anlegen. Schlagerstar Howard Carpendale („Niemand weint für immer“) lobt Zschaber in seinem Buch: „Dieser Typ aus Köln ist auf seine Art ein Künstler (...), ich verdanke ihm meine finanzielle Unabhängigkeit.“ Und wie legen die Stars aus Sport und Showbiz bei Zschaber ihr Geld an? „Extrem konservativ“, behauptet der Kölner, „die Aktienquote haben wir zum Beispiel bei Herrn Carpendale schon im Herbst 2007 auf unter fünf Prozent gesenkt.“

Hugh Grant Quelle: AP

Schauspieler Hugh Grant gibt auf der Leinwand meist den schusseligen Helden, doch im echten Leben ist er ein kühl kalkulierender Investor. Nach seinen ersten Filmerfolgen in den Achtzigerjahren begann er, gezielt in den britischen Immobilienmarkt zu investieren, der damals am Boden lag. Er kaufte mehrere Häuser an Top-Adressen in den Londoner Edelvierteln wie Chelsea, Kensington und Notting Hill.

„Er erwarb stets nur die besten Investments“, erinnert sich Lulu Egerton von der Maklerfirma Lane Fox. 2007 besaß Grant 17 Häuser in der britischen Hauptstadt – wie viele davon heute noch in seinem Besitz sind, ist nicht bekannt. Experten schätzten, dass der Wert seines Portfolios allein von 2006 bis 2007 um 40 Prozent zulegte – insgesamt dürfte er damals Immobilien im Wert von 35 Millionen bis 50 Millionen Pfund besessen haben. Zwar sind die Immobilienpreise in London nach Berechnungen der Bausparkasse Halifax im vergangenen Jahr um 16 Prozent gefallen – doch Grant dürfte mit den meisten seiner Investments seit den Achtziger- und frühen Neunzigerjahren noch immer mehrere Hundert Prozent im Plus liegen. Auch am Kunstmarkt agiert er geschickt: Für 21 Millionen Dollar verkaufte er im Herbst 2007 ein Andy-Warhol-Porträt der Schauspielerin Elizabeth Taylor, das er sechs Jahre zuvor für nur 3,6 Millionen Dollar erworben hatte.

Königin Elizabeth II. hingegen ist eines der bisher prominentesten Opfer der Finanzkrise: Ihre Königliche Hoheit hat allein in den vergangenen Wochen laut einigen für gewöhnlich gut informierten britischen Medien mit ihrem Aktienportfolio rund 37 Millionen Pfund verloren. Das gesamte Vermögen der Queen belief sich im April einer veröffentlichten Schätzung zufolge auf 320 Millionen Pfund.

Die Queen macht Verluste

Zudem ist der Wert ihres Immobilienbesitzes an Londons feinster Einkaufsstraße Regent Street, der im April noch auf rund 100 Millionen Pfund taxiert wurde, inzwischen um mehr als ein Drittel geschrumpft. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Investitionen der Königin hart getroffen wurden“, sagt Philip Beresford, der Autor der renommierten Rich List, die jedes Jahr im Frühjahr in der „Sunday Times“ veröffentlicht wird. Doch der RTL-Schuldenberater Peter Zwegat muss deswegen nicht im Buckingham Palace mit seinen Flipcharts anrücken – die Königin wird nicht verhungern, sie bekommt noch Geld vom Steuerzahler. Über die sogenannte Civil List erhält die Monarchin seit 1990 jedes Jahr 7,9 Millionen Pfund für Personal, Haushalt und Staatsbesuche plus 15 Millionen Pfund für ihre Schlösser.

Nicht nur Blaublüter leiden. Wegen der Krise muss auch Investment-Legende Kirk Kerkorian bluten. Der ehemalige Pilot und Casino-Mogul aus Las Vegas konnte seine Finger noch nie von Investments in US-Autokonzerne lassen. Mit gemischtem Erfolg: Mitte der Neunzigerjahre kaufte er sich bei Chrysler ein – ein gutes Geschäft, denn der Konzern wurde von Daimler teuer übernommen. Im Frühjahr 2008 stieg der 91-Jährige für rund eine Milliarde Dollar bei Ford ein, dessen Kurs fortan in den Keller ging. Da gleichzeitig seine Beteiligung am Casinobetreiber MGM Mirage binnen Jahresfrist von knapp 14 Milliarden Dollar Kurswert auf weniger als zwei Milliarden einbrach, musste er, um sich Liquidität zu besorgen, seine Ford-Anteile abstoßen – die letzten versilberte er am 29. Dezember mit einem Verlust von 70 Prozent.

Rechtzeitiger Verkauf für illustre Kunden

Derart schlechtes Timing kann man einer Gruppe reicher Investoren aus Österreich und Deutschland sicher nicht vorwerfen, die im Mai 2007, kurz vor Ausbruch der Finanzkrise, die Mehrheit an der Klagenfurter Bank Hypo Alpe Adria an die Bayern LB verkaufte. Drahtzieher des Verkaufs war Tilo Berlin, eine der interessantesten Gestalten im deutschen Geldwesen. Bevor er die Vermögensverwaltung Berlin & Co gründete, arbeitete er unter anderem für die Traditionsbank M.M. Warburg und die Deutsche Bank, wo er als Ziehsohn von Konzernchef Alfred Herrhausen galt.

Die Kunden und Geldgeber Berlins sind nicht minder illuster: Neben der Familie Piëch, die an seiner Vermögensverwaltung beteiligt ist, gehören unter anderem die Erben des Kosmetikkonzerns Schwarzkopf dazu. Berlin hat beste Kontakte in die deutsche, vor allem aber in die österreichische Hochfinanz. Als die Hypo Alpe Adria 2006 zum Verkauf steht, lässt Berlin die Drähte glühen; er sammelt Geld unter den Reichen ein, wittert eine Gelegenheit. Auch Heuschreckenfonds wie Cerberus sind damals hinter der Hypo Alpe Adria her; doch Berlin setzt sich durch. Für 250 Millionen Euro sicherte er seiner Investorengruppe gut neun Prozent an der Bank. Im Mai 2007 verkauft er die Anteile an die Bayern LB und wird kurz darauf Vorstandschef der Hypo Alpe. Die Bayern zahlten 1,63 Milliarden Euro für gut 50 Prozent an der Hypo Alpe. Für Berlins Kunden bedeutete dies eine zweistellige Rendite binnen Monaten.

Dass die Hypo Alpe Adria Anfang Dezember 2,2 Milliarden Euro brauchte, um die Löcher zu stopfen, die die Finanzkrise gerissen hat, war dann nicht mehr das Problem von Berlins reichen Kunden, sondern das der Bayern LB – und damit letztlich des Steuerzahlers.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%