Plausibilität Staat prüft bei der Pflege genau

Illegale Beschäftigung wird verfolgt, nicht jede Quittung akzeptiert. Auch bei der Pflege ist der Fiskus wachsam.

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Eine Pflegerin schiebt eine Quelle: AP

Die alte Mutter ist bettlägerig und wird es bleiben; die Kinder sind berufstätig und wollen es bleiben – wer also kann die alte Dame pflegen? Das ist die schwierige Ausgangslage in vielen Familien. Eine legale Pflegekraft kostet je nach Qualifikation und Hilfsbedürftigkeit des Kranken mehrere Tausend Euro im Monat, von denen die staatliche Pflegeversicherung nur einen Teil übernimmt (siehe Wirtschaftswoche 6/2008) .

Viele Familien nutzen in ihrer Not illegale Pflegehilfen, meist aus Osteuropa. Profis reden von „Betreuungshilfen“, denn die Qualifikation der Frauen bleibt oft im Dunklen. Vor allem aber handelt es sich, wenn die Hilfen nicht vom Arbeitsamt oder zugelassenen Agenturen offiziell vermittelt wurden, um Schwarzarbeit; um illegale Beschäftigung, verbunden mit Hinterziehung von Lohnsteuer und Sozialabgaben. Eine flächendeckende Prüfung gibt es nicht, aber sobald der Zoll als zuständige Behörde davon Kenntnis bekommt, beispielsweise weil jemand verpfiffen wurde, ist er verpflichtet, zu handeln. Er informiert die Staatsanwaltschaft, gegebenenfalls erlässt ein Richter einen Durchsuchungsbeschluss.

Die Fahnder verfolgen seltener Einzelfälle. Heinz Michael Horst von der Kölner Finanzkontrolle Schwarzarbeit sagt: „Wir sind vornehmlich an den Vermittlern interessiert und dafür mit umfassenden Prüfrechten ausgestattet.“

Aber auch einzelnen Arbeitgebern von Pflegekräften, die geschnappt werden, steht Ärger ins Haus: In der Regel liegt wegen der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge eine Straftat vor, im schlimmsten Fall sogar Betrug. Zusätzlich machen sich die Arbeitgeber der Steuerhinterziehung schuldig, weil sie für die Pflegekraft keine Lohnsteuer abgeführt haben. Das gilt auch, wenn sich die vermeintlich selbstständige Pflegerin juristisch – wie meist – als scheinselbstständig entpuppt.

Pflegefälle sind auch steuerlich eine außergewöhnliche Belastung. Deshalb akzeptieren die Behörden Pflegeausgaben als steuermindernd. Zumutbares wird zuvor abgezogen. Ein kinderloser Single, der rund 50.000 Euro verdient, muss sechs Prozent seiner Kosten als zumutbar akzeptieren.

Bei Pflege-Abrechnungen in der Steuererklärung sehen Finanzbeamte immer genauer hin. Zum einen geht es hier schnell um fünfstellige Summen pro Jahr, zum anderen werden die Beamten in Anbetracht der auf den Kopf gestellten Alterspyramide immer häufiger mit Pflegekosten konfrontiert. Was sie dort erblicken, ist nicht immer gesetzeskonform.

Wer weiß, wie sie arbeiten, vermeidet es, unter Verdacht zu geraten:

Rechnungen sollten nicht bar bezahlt, sondern überwiesen werden. Beamte wollen Belege. Stundenreporte ohne Unterschrift erkennen sie nicht an. Finanzämter checken Kosten auf Plausibilität: Als Vergleichsmaßstab dienen Preise von Profis wie Malteser oder Rotes Kreuz. Wenn Kosten für eine Pflegekraft in Rechnung gestellt werden, kann der Beamte per Kontrollmitteilung das Finanzamt der Pflegekraft informieren. Nicht jede hochgezogene Augenbraue eines Beamten führt gleich zu Ermittlungen wegen Abrechnungsbetrugs. Aber wenn er jemanden auf dem Kieker hat, kann er weitreichende Nachforschungen anstellen – bei überschaubarem Aufwand.

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