
Der 78 Seiten schwere Bericht beginnt harmlos: „Mein Name ist William J. Harrington, ich war Analyst bei Moody’s“. Doch was folgt ist eine gnadenlose Abrechnung Harringtons mit seinem ehemaligen Arbeitgeber. Elf Jahre war der Analyst bei den Bonitätsprüfern beschäftigt bis er vergangenes Jahr das Unternehmen verließ – freiwillig. Nun möchte der mit den Geschäftspraktiken dieser Branchen nichts mehr zu tun haben und fordert strengere Gesetze für die Arbeit der Ratingagenturen. Die bisher von der US-Börsenaufsicht SEC vorgesehenen Regeln werden laut Harrington die Qualität der Ratings von Moody’s weiter verschlechtern, statt sie zu verbessern.Vor seinem Weggang arbeitete Harrington vier Jahre in der Derivate-Abteilung, die unter anderem für die Bewertung verbriefter Immobilienkredite zuständig war. Gerade hier musste Harrington die Erfahrung machen, dass das Rating von Moody’s interessengeleitet ist und nicht die Meinung der Analysten widerspiegelt.
Analysten manipuliert
In den Komitees, in denen über die Bewertung abgestimmt wurde, waren die Analysten oft von einem schlechteren Rating überzeugt als das, für das sie tatsächlich stimmten. Sie beugten sich den Vorgaben des Managements und vergaben das Rating, das der Emittent wünschte. Schließlich zahlt dieser für das Rating. Moody’s hatte Angst, dass der Kunde sonst zu einer anderen Ratingagentur wechseln könnte. Besonders pikant: An den Komiteesitzungen nahmen auch Mitarbeiter aus dem Management teil und stimmten ab.Analysten, die dagegen hielten und ihre Bewertung nicht einzig nach den Wünschen des Emittenten richteten, galten bei Moody’s als geschäftsschädigend. Diese Angestellten wurden versetzt, abgemahnt oder gekündigt, behauptet Harrington.
Harrington selbst sieht sich als Opfer
Harrington selbst sieht sich als Opfer. In seinem Bericht veranschaulicht er wie er immer wieder von Moody’s unter Druck gesetzt wurde. Besonders als sich herauskristallisierter, dass für ihn das Halten des Kunden nicht so wichtig war wie eine solide Bewertung des Emittenten. Das wird sich laut Harrington auch in Zukunft nicht ändern: Er unterstellt Moody’s, dass die derzeitigen Reformbemühungen nichts weiter seien als eine riesige PR-Kampagne, die nichts helfe.Der Bericht Harrington zeigt wie stark die Interessenkonflikte die Arbeit von Moody’s beinflusst und – schenkt man den Beobachtungen Harrington Glauben – manipuliert. Dennoch wollte sich die Ratingagentur nicht zu den Vorwürfen äußern.