Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger Der Anlegerschutz-Verein

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) feiert schon ihr 50-jähriges Bestehen. Als Stimme und Schutzschild der Privatanleger hat sie allerdings keinen leichten Stand.

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Ehemalige Aktionäre der Hypo Quelle: dpa

Die Finanzkrise hat wohl jeden Anleger vor Augen geführt, dass bei der Geldanlage Vertrauen nicht immer gut, Kontrolle sogar zwingend notwendig ist. Wer das Ersparte riskiert, um es zu mehren, will am Ende nicht als Opfer  windiger Vertriebsmaschen, unsauberer Bilanzierung oder verdeckter Verlustrisiken da stehen. Da ist es sinnvoll, wenn sich Privatanleger zusammentun, um gegenüber Aktiengesellschaften, Investmentfondgesellschaften oder Finanzdienstleistern geschlossen aufzutreten und mit einer Stimme zu sprechen. Das gilt auch für den Kontakt zu Politik, denn noch nie gab es so viele Regierungsvorhaben, um Finanzmärkte strenger zu regulieren, Auswüchse in der Finanzbranche zu verhindern und den Schutz der Anleger zu verbessern.

Lobbyisten der Privatanleger

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sieht als gemeinnütziger Verein genau darin ihre Aufgabe – und das seit 50 Jahren. Sie mischt sich ein in Gesetzesvorhaben, hält Kontakt zur Politik, besucht Hauptversammlungen und Aktionärstreffen, beobachtet den Kapitalmarkt und warnt vor riskanten oder unseriösen Investmentofferten. So informiert die SdK Kunden der Kaupthing-Bank, dass sie ihre noch unbeglichenen Zinsansprüche vor Fristende am 31.12.2009 anmelden müssen, wenn diese nicht verfallen sollen. Sie riet auch den Anlegern des Skandal-Hedgefonds „K1“, sich möglichst schnell rechtlichen Rat einzuholen. Für Mitglieder ohne Rechtsschutzversicherung bietet der Verein sogar eine erste, kostenlose Prüfung ihrer Schadenersatzansprüche gegen die K1-Hedgefond durch qualifizierte Rechtsanwälte an – kostenlos.

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger wurde 1959 von sieben Aktionären als Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e.V. gegründet. 2004 folgte die Umbenennung, weil der Verein zunehmend Beratungen anbot und die Mitglieder nicht nur in Aktien sondern auch andere Wertpapiere investierten. Mit 12.000 Mitgliedern ist die SdK heute nach der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) die zweitstärkste deutsche Aktionärsvereinigung.

Hauptzweck der SdK ist die Vertretung der Rechte und Interessen von Minderheitsaktionären gegenüber Großaktionären und Unternehmensverwaltungen. 60 SdK-Sprecher vertreten die Mitglieder jährlich auf über 500 Hauptversammlungen und üben auf Wunsch auch deren Stimmrechte aus. Zudem stellen sie im Vorfeld Gegenanträge, geben auf der Versammlung bei strittigen Punkten Widerspruch zu Protokoll oder beantragen, falls nötig, Sonderprüfungen. Die Sprecher arbeiten ehrenamtlich, erhalten aber eine Aufwandsentschädigung von knapp 100 Euro pro Versammlung. Dafür bekommen die SdK-Gesandten ein großes Podium. Hauptberuflich sind die Sprecher oft Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater. Auch ihnen nutzt die Öffentlichkeit.

Kaum Einfluss auf Beschlüsse

Ihr tatsächlicher Einfluss auf Beschlüsse der Hauptversammlungen ist jedoch in den meisten Fällen kaum spürbar. Selbst wenn die SdK viele Privatanleger auf den Aktionärstreffen vertritt, reicht es selten zu mehr als ein paar Prozent der Stimmen. In der Regel hängen die Abstimmungsergebnisse nur von einigen Großaktionären und Mehrheitseigentümern ab.

Da bleibt der SdK oft nur, lautstark und öffentlichkeitswirksam Kritik zu üben und die berechtigten Interessen der Aktionäre zu betonen. Immer wieder gelingt es ihnen, die öffentliche Berichterstattung zu börsennotierten Gesellschaften werbewirksam mit kritischen Untertönen zu versehen.

Darüber hinaus veröffentlicht die SdK Erfreuliches wie auch Kritisches zu Unternehmen, die für ihre Mitglieder relevant sein könnten. Zum Beispiel im jährlichen Aktionärsreport Schwarzbuch Börse, in dem Entwicklungen an den Finanzmärkten kritisch beäugt werden und vor dubiosen Geschäftsmethoden und unseriösen Aktiengesellschaften gewarnt wird. Für die Internetseite www.anlageschutzarchiv.de hat die SdK sogar den Helmut-Schmidt-Journalistenpreis gewonnen – für verbraucherfreundliche Berichterstattung über Banken und Finanzdienstleistungen.

Aber so positiv war die Resonanz nicht immer.

Das verbraucherfreundliche Image der SdK hat auch schon massiv gelitten, vor allem durch den Fall Straub. Im Jahr 2008 warf die Schutzgemeinschaft dem Münchner Unternehmen Wirecard vor, ihre Bilanzen zu verfälschen. Daraufhin brach der Aktienkurs des Unternehmens innerhalb eines Monats um die Hälfte ein. Der Skandal: Einen Monat vor Bekanntgabe der Informationen hatte SdK-Vizechef Markus Straub über Leerverkäufe („short positions“) auf einen fallenden Aktienkurs von Wirecard spekuliert - der Bock wurde zum Gärtner. Nachdem Wirecard Anzeige gegen Straub wegen Marktmanipulation und Insiderhandel gestellt hat, trat dieser zurück.

Konsequenzen aus dem Straub-Skandal

Der Fall sorgte für erhebliche Zweifel an der Unabhängigkeit der Interessenvertretung. Die SdK zog daraus inzwischen Konsequenzen. Zwar dürfen alle Sprecher weiterhin Aktien besitzen. „Wir wollen keine Lehrer, die die Funktionsweise von Aktien und Börse nur aus der Theorie kennen, sondern Experten, die eigene Erfahrungen mit Aktien haben“, erklärt SdK-Sprecher Lars Labryga. Allerdings müssen nun alle SdK-Sprecher unterschreiben, dass sie keine Short-Positionen mehr haben, wenn sie auf einer Hauptversammlung sprechen.

In Straubs Fall wussten seine Vorstandskollegen nichts von seinen Leerverkäufen. Inzwischen gibt es eine neue interne Offenheit innerhalb des Vorstands, so dass jeder weiß, wenn ein Kollege eine Firma ins Gespräch bringt, ob er davon Short-Positionen besitzt oder nicht, heißt es bei der SdK.

Beschwerliche Lobbyarbeit

Schwierig gestaltet sich auch die Einflussnahme auf Gesetzesvorhaben. Dabei sieht man bei dem eingetragenen Verein die Mitwirkung bei der Gestaltung von Gesetzesvorhaben auf dem Gebiet des Aktienwesens und Anlegerschutz als einen der Tätigkeitsschwerpunkte, zumal die SdK seit 2003 dem Bundesverband der Verbraucherschutzzentralen angehört. Wie schwer es aber ist, gegen die Bankenlobby anzukommen, zeigte die Entscheidung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz Anfang November, das geplante Gesetz, das Anleger vor unseriösen Finanzanbietern schützen sollte, doch nicht zu verabschieden sondern lediglich Handlungsempfehlungen auszusprechen.

Wie wichtig dieses Gesetz gewesen wäre, weiß man bei der SdK: Dort registrieren sie seit dem Einsetzen der Finanzkrise eine wachsende Nachfrage nach Beratungsangeboten. Viele verunsicherte und enttäuschte Anleger haben den Aktienmarkt bereits verlassen. Neben einer allgemeinen Anlageberatung bietet die Schutzgemeinschaft ihren Mitgliedern eine Rechtsberatung, unterstützt sie in Schadens- oder Prospekthaftungsfällen und führt grundsätzliche aktienrechtliche Verfahren durch. Im Oktober hat die SdK beispielsweise im Namen der Aktionäre der inzwischen vollständig verstaatlichten Hypo Real Estate eine Anfechtungsklage gegen die Enteignung eingereicht.

Heute feiert die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger mit einer Festveranstaltung im noblen Atrium der Deutschen Bank in Berlin ihr fünfzigjähriges Bestehen. Als Gastrednerin war auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner eingeladen. Doch die sagte kurzfristig ab. Die Reaktion zeigt, die Kontakte der Interessenvertretung der privaten Aktionäre zur Politik sind noch nicht so gut, wie es sich die SdK wünscht. Und es sagt etwas aus, über die Bedeutung, die Ministerin Aigner der Interessenvertretung der Privatanleger beimisst – obwohl sie sich Anlegerschutz groß auf die Fahnen geschrieben hat.

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