
Hartmut Zapp ist gläubiger Katholik. Daran lässt der emeritierte Kirchenrechts-Professor keine Zweifel aufkommen. Doch an einem schönen Sommertag im Juli 2007 ging Zapp auf das Standesamt in Staufen. „Ich möchte meinen Austritt aus der Körperschaft erklären. Sind Sie zuständig für Kirchenaustritte?", fragte er die Standesbeamtin. Sie war zuständig - und ahnte noch nicht, dass der Mann vor ihr für einen jahrelangen Rechtsstreit zwischen der katholischen Kirche und den deutschen Behörden sorgen würde.
Wie sich die Kirchen in Europa finanzieren
Diese Lösung gibt es außer in Deutschland auch in der Schweiz, in Österreich, Dänemark und Schweden. In der Bundesrepublik zieht der Staat über die Finanzämter Steuern von Kirchenmitgliedern ein. Die Einnahmen gibt er an die Kirchen weiter, lässt sich diesen Service aber mit zwei bis vier Prozent des Steueraufkommens vergüten. Den Steuerservice können allerdings nur Kirchen nutzen, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind. Neben Evangelischer und Katholischer Kirche sind das unter anderem Alt-Katholiken, freireligiöse und jüdische Gemeinden. Dazu kommen freiwillige Spenden. In Frankreich oder den Niederlanden, wo es keine Kirchensteuer gibt, finanzieren sich die Kirchen ebenfalls fast ausschließlich durch ihre Mitglieder, zum Beispiel durch Spenden und Kollekten.
Der Staat unterhält die Kirche. Dieses System gibt es zum Beispiel in Belgien, Griechenland und Norwegen.
Für diese Lösung haben sich Italien und Spanien entschieden. Steuerpflichtige können hier selbst entscheiden, ob ein festgelegter Teil ihres Einkommens der Kirche zufließen oder dem Staat für soziale Zwecke zur Verfügung stehen soll.
In Großbritannien erhalten die beiden Staatskirchen wie die katholische Kirche keine Staatsgelder. Sie besitzen aber viele Immobilien, Wertpapiere und andere Vermögenswerte, aus deren Erträgen sie ihre Ausgaben bestreiten. Dazu kommen Einnahmen aus Gebühren und Kollekten. In Portugal gehört dem Klerus rund ein Fünftel des Grund und Bodens.
Auf dem Formular für den Kirchenaustritt trug sie auf seinen Wunsch hin hinter "römisch-katholische Kirche" noch den Zusatz "Körperschaft des öffentlichen Rechts" ein. Die Standesbeamtin sagte nur: "Das stimmt ja. Das steht so im Grundgesetz." Für Zapp ist die Angelegenheit klar: Es gebe keinen Kirchenaustritt, nur einen Austritt aus der Körperschaft. Er wollte raus aus der Körperschaft Kirche, aber nicht, wie von der Kirche bislang unterstellt, vom Glauben abfallen. Dass die "einen gleich vom Empfang der Sakramente ausschließen", teils "als Höllenandrohung" empfunden, sei unmöglich, sagt Zapp. Vorrang müsse das Seelenheil haben. Auch der Vatikan habe das immer wieder betont.





Kampf um die Kirchensteuer
Die deutsche Amtskirche ist trotzdem anderer Ansicht. „Du kannst nicht aus der Organisation Kirche austreten und weiter zur geistlichen Gemeinschaft dazugehören“, sagt der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer. Für die Kirche geht es um viel Geld: Allein 2010 zahlten Katholiken und Protestanten zusammen etwa neun Milliarden Euro Kirchensteuer.