Banken-Brexit Hessen will laxeren Kündigungsschutz für Top-Banker

Angelsächsische Banken haben Bauchschmerzen mit dem deutschen Arbeitsrecht – vor allem mit dem Kündigungsschutz. Die hessische Landesregung will das ändern. Für die Opposition ist das alles nur ein Verständnisproblem.

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Der Finanzminister von Hessen will den Kündigungsschutz lockern. Quelle: dpa

Frankfurt/Berlin Der deutsche Kündigungsschutz gilt bei vielen Londoner Banken als Hindernis für einen Umzug nach Frankfurt. Die hessische Landesregierung setzt deshalb im Werben um Brexit-Flüchtlinge auf eine Lockerung der Regeln für gut verdienende Banker, allerdings frühestens 2018.

Grundsätzlich gebe es zwar auch in Berlin eine erkennbare Bereitschaft, über neue Regeln für Banker mit einem Jahreseinkommen von mehr als 300.000 Euro zu diskutieren, sagte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) der Nachrichtenagentur Reuters. „Doch je näher die Bundestagswahl rückt, desto unwahrscheinlicher wird es, dass noch in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird.“

Kündigungsschutz sei nun mal ein emotionales Thema. „Im nächsten Jahr sehe ich jedoch gute Chancen, ein entsprechendes Gesetz sachlich zu diskutieren und zu beschließen – und das wäre für die meisten Banken auch völlig ausreichend.“

Viele Londoner Banken wollen bald über die Verlagerung von Geschäften entscheiden, um auch nach dem im Frühjahr 2019 erwarteten Brexit grenzüberschreitend Produkte in der EU verkaufen zu können. Frankfurt wird davon aus Sicht von Experten profitieren. Allerdings haben gerade

Sie fürchten, dass sie hierzulande in schlechten Zeiten gut verdienende Händler und Vorstände nicht so einfach loswerden können, wie es etwa in London der Fall ist. Schäfer und andere Politiker fordern deshalb eine Lockerung des Kündigungsschutzes für Top-Verdiener.

Mit dem Thema beschäftigt sich Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). Möglicherweise sollte man daher wirklich prüfen, um man Abfindungsregeln für bestimmte Gehaltsklassen ändern könne, lautete seine Ansicht im August 2016, als er in London für den Standort Frankfurt warb. „Diese sind ja ursprünglich mal geschaffen worden, um abhängige Arbeitnehmer zu schützen – aber nicht unbedingt Investmentbanker“, so Al-Wazir damals. Wie realistisch ist es, dass solche Vorgaben in Deutschland schnell umgesetzt werden, noch bevor die Auszüge aus London anstehen, dazu wollte er sich im August allerdings nicht äußern.

Das zuständige Bundesarbeitsministerium reagiert bislang aber zurückhaltend. „Wir sehen da keinen Handlungsbedarf“, sagte eine Sprecherin. Auch Thorsten Schäfer-Gümbel, SPD-Chef in Hessen und stellvertretender Parteivorsitzender, ist skeptisch. „Bisher ist mir kein überzeugendes Argument vorgetragen worden, das mich dazu bringt, über eine Lockerung des Kündigungsschutzes für einzelne Berufsgruppen – wie etwa hochbezahlte Bankangestellte – nachzudenken.“

Er kenne die Bedenken der Finanzindustrie, aus seiner Sicht handele es sich dabei jedoch um ein Verständnisproblem. „Wenn sich die Unternehmen mit den tatsächlichen Regelungen auseinandersetzen, stellen sie in der Regel fest, dass der deutsche Kündigungsschutz kein existenzielles Problem darstellt.“

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