Bankgeheimnis Ansturm auf das Steuerparadies Singapur

Weil die Schweizer Großbank UBS den US-Ermittlern Kundendaten aushändigen musste, gilt das Schweizer Bankgeheimnis als geknackt. Reiche weichen aus – nach Singapur.

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Banken-Metropole Singapur: Quelle: dpa

Der Knast Changi im Nordosten Singapurs gehört zu den ungemütlicheren Gefängnissen Asiens. Heroindealer aus ganz Fernost sitzen hier ein und zittern ihrem Urteil entgegen. Auf manche wartet die Todesstrafe, die in Singapur noch immer durch den Galgen vollstreckt wird, üblicherweise freitagmorgens. In Changi sitzen aber nicht nur Drogenhändler und andere Schwerstkriminelle – in dem berüchtigten Knast kann auch landen, wer Daten von Singapurer Bankkunden an Behörden weitergibt. Bis zu drei Jahre Gefängnisstrafe sehen Singapurs Gesetze beim Bruch des Bankgeheimnisses vor.

Das Bankgeheimnis der Tropeninsel gehört zu den strengsten der Welt. Schon als vor gut einem Jahr bekannt wurde, dass ein Ex-Mitarbeiter der Liechtensteiner LGT Bank eine CD mit Kundendaten an deutsche Ermittler verkauft und damit unter anderem die Razzia bei Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel ausgelöst hatte, verlagerten zahlreiche wohlhabende Privatanleger ihr Geld nach Singapur. Jetzt musste die Schweizer Großbank UBS auf Druck der USA den US-Steuerbehörden die Daten von 300 Kunden liefern. Die reichen Bankkunden stehen im Verdacht, mithilfe der UBS Steuern hinterzogen zu haben.

Die Prognose, das Schweizer Bankgeheimnis werde geknackt, hat sich damit schnell erfüllt. Die US-Steuerbehörden sind aber noch längst nicht zufrieden – sie fordern jetzt Daten zu 52.000 weiteren UBS-Konten. Der erste Gerichtstermin dazu soll im Juli stattfinden.

Weiteren Druck befürchten die Schweizer vom Gipfel der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) am 1. April in London. Schon beim von Kanzlerin Angela Merkel initiierten Vorbereitungstreffen der EU-Staaten waren sich die Teilnehmer weitgehend einig, künftig gegen „unkooperative“ Finanzzentren vorzugehen. Besonders im Visier sind neben der Schweiz und Liechtenstein Hedgefonds-Zentren wie die Caymans Islands in der Karibik. Singapur ist bisher dagegen noch nicht so stark ins Visier geraten. Je mehr Probleme die Schweiz bekommt, desto stärker werde der Ansturm reicher Ausländer auf Singapur, erwarten Banker vor Ort. „Viele Anleger sind schon seit einiger Zeit skeptisch gegenüber der Schweiz“, sagt ein deutscher Banker, der für ein europäisches Institut in Singapur arbeitet.

Vermögensverwalter preisen die Vorzüge der Tropeninsel

Vermögensverwalter in den Banken rieten Kunden darum immer öfter, ihr Geld in Singapur anzulegen. Manche organisieren sogar regelmäßig Informationsreisen, bei denen sie potenziellen Kunden die Vorzüge der Tropeninsel erklären. Die Schweiz und Liechtenstein, das machen die Asien-Banker dann stets deutlich, seien in Sachen Bankgeheimnis mittlerweile „verbrannt“.

Der Run auf Singapur hat dazu geführt, dass praktisch alle europäischen Vermögensverwalter in dem südostasiatischen Stadtstaat Niederlassungen unterhalten. Die UBS ist genauso vertreten wie die französische SG Private Banking, das Schweizer Bankhaus Julius Bär – und selbstverständlich die Deutsche Bank. Insgesamt werden in Singapur geschätzt 800 Milliarden Dollar verwaltet – der ganz überwiegende Teil stammt immer noch von Anlegern aus anderen asiatischen Staaten. Das Wachstum der Vermögensverwalter-Branche hat dazu geführt, dass die Banken sich inzwischen gegenseitig die Berater abjagen. „Alle haben in letzter Zeit ihre Mannschaften in Singapur deutlich verstärkt“, sagt der deutsche Banker. Außer einem strengen Bankgeheimnis bietet Singapur Anlegern aber auch andere Vorteile. So kennt das Land keine Kapitalertragsteuer. Darüber hinaus können steuerbefreite Familienstiftungen, sogenannte Trusts, problemlos gegründet werden.

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