Offenbar kein Einzelfall: Beklagen doch 57 Prozent der befragten Unternehmen in der WirtschaftsWoche-Umfrage, dass die Kosten der Kanzleien nicht planbar sind.
Um Tricksereien der Anwälte vorzubeugen, haben viele Unternehmen in den vergangenen Jahren schlagkräftige Gegenstrategien entwickelt, um den Stundenhonoraren der Kanzleien – je nach Fachgebiet und Erfahrung des Anwalts können sie zwischen 200 und 600 Euro betragen – zu begegnen. Manche bauen Obergrenzen ein, vereinbaren Pauschalen oder lassen sich monatliche Abrechnungen von den Kanzleien erstellen. Lufthansa etwa beschäftigt seit Jahren nicht nur den US-Dienstleister Legalbill allein zur Überprüfung und Kürzung der Kanzleirechnungen. Die Airline hat ein Handbuch, in dem sie ihren Kanzleien weltweit Details zu ihren Rechnungen vorschreibt.
Andere haben nur Richtlinien. Dann sind Bahnfahrten nur zweiter Klasse erlaubt, dürfen Reisezeiten nur zur Hälfte abgerechnet werden und interne Gespräche mit Kollegen über die Fälle gar nicht.
So ärgerte sich der Chefsyndikus eines Pfälzer Konzerns über eine dreiste angelsächsische Kanzlei in Moskau, die ihm Gespräche zwischen den Partnern berechnete. Als er das monierte, rief man eine Partnerversammlung zusammen, um über die Beanstandung zu konferieren – und berechnete ihm auch noch diese Stunden.
Um vor solchen Überraschungen gefeit zu sein, hat Conergy-Chefjustiziar Hollensteiner mit einer der von ihm beauftragten Kanzleien eine Jahrespauschale vereinbart – eine Flatrate für die Beratung rund um die Hauptversammlung, den Jahresabschluss und die Ad-hoc-Fragen. Hollensteiners Credo: „Die Kanzlei, die fünf Prozent schlechter ist als eine andere, aber 30 Prozent billiger, bekommt den Zuschlag.“
Um die Anwaltskosten besser im Blick zu behalten, sitzen bei den Präsentationen der Kanzleien laut Umfrage in jedem fünften Unternehmen heute auch Vertreter der Einkaufsabteilungen mit am Tisch. Ihr Ziel: die Anwälte herunterzuhandeln. Peter Attin, Geschäftsführer beim Lkw- und Bus-Vertrieb der MAN Deutschland, schwört auf die „spezielle Verhandlungserfahrung“ seiner Einkäufer. „Die fragen anders, kennen die Schwachstellen der anderen Seite.“
Mit Erfolg: Jedes siebte Unternehmen senkt mithilfe der Einkäufer den Preis um 23 Prozent, so die WirtschaftsWoche-Umfrage. Und manchmal schachern die Unternehmensjuristen selbst besser: Bei vier Prozent der befragten Unternehmen drückten jene die Honorarforderungen der Anwälte um bis zu 39 Prozent.
Nicht immer nur zu ihrem Vorteil: „Unternehmen, die ihre Anwaltskosten zu sehr nach unten verhandeln, werden dann eben entsprechend behandelt“, sagt ein Beobachter. „Nicht mehr erst-, sondern nur noch drittklassig.“
Dann habe, wie es ein Top-Jurist hinter vorgehaltener Hand gelassen ausspricht, „die Stunde eben nur noch 45 Minuten – oder ich denke einfach etwas langsamer.“