Bundessozialgericht EU-Firmen müssen Mitarbeiter nach deutschem Sozialrecht beschäftigen

Eine polnische Firma wollte Angestellte nach polnischem Recht mit geringeren Sozialabgaben beschäftigen – in Deutschland. Ein Urteil des Bundessozialgericht macht klar: Das geht nicht.

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Quelle: dpa

Unternehmen aus der Europäischen Union haben keinen Anspruch darauf, ihre in Deutschland arbeitenden Angestellten nach den sozialrechtlichen Bestimmungen des Heimatlandes zu beschäftigen. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel (Aktenzeichen B 12 KR 19/16 R)  sind entsprechende Ausnahmevereinbarungen allerdings weiterhin möglich, können aber von der zuständigen deutschen Behörde, der  Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA)  abgelehnt werden.

Ein polnisches Unternehmen hatte – nunmehr erfolglos – gegen die zuständige deutsche Behörde, die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland geklagt. Das Unternehmen hatte bei der zuständigen polnischen Stelle (ZUS) eine Ausnahmevereinbarung zwischen der ZUS und DVKA beantragt. Ziel dieser Vereinbarung sollte es sein, dass für die entsandten Arbeitnehmer nicht - wie europarechtlich eigentlich vorgesehen - das deutsche Sozialversicherungsrecht anzuwenden ist, sondern weiterhin polnisches Recht maßgeblich bleibt. Die DVKA hatte das abgelehnt und wurde daraufhin von dem polnischen Unternehmen beklagt.

Zwar müsse, so die Richter, die Ablehnung einer Ausnahmevereinbarung gerichtlich überprüfbar sein. Aber ein überragendes Arbeitnehmerinteresse, das die Verurteilung der DVKA zum Abschluss der begehrten Vereinbarung möglicherweise rechtfertigen könnte, liege nicht vor. Das Interesse eines ausländischen Unternehmens, sich in Deutschland durch niedrigere Sozialabgaben einen Wettbewerbsvorteil gegenüber im Zielstaat ansässigen und dem dortigen System der sozialen Sicherheit unterstellten Unternehmen zu verschaffen, rechtfertige nicht den Anspruch auf eine Ausnahme.

Das Gericht machte in einer Presserklärung klar: „Arbeitnehmer unterliegen hinsichtlich ihrer sozialen Sicherung den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, und zwar im Regelfall desjenigen Mitgliedstaates, in dem sie beschäftigt sind. Dies gilt - soweit in der Verordnung nicht etwas anderes bestimmt ist - auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Sitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat.“

Ausnahmen gelten nur bei befristeten Entsendungen: „Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung in einen anderen Mitgliedstaat der EU entsandt werden, unterliegen weiterhin den Rechtsvorschriften des Entsendestaates (Sitz des Arbeitgebers), sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate beziehungsweise seit 1. Mai 2010 24 Monate nicht übersteigt und er nicht einen anderen Arbeitnehmer ablöst, für den die Entsendungszeit abgelaufen ist.“

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