Comdirect Ärger über verzögerte Steuerbescheinigungen

Die Comdirect (hier: Sitz in Quickborn) hat mit Problemen bei Steuerbescheinigungen zu kämpfen. Quelle: dpa

Zahlreiche Kunden der Direktbank Comdirect sind sauer: Sie haben ihre Steuerbescheinigungen fürs Vorjahr noch nicht erhalten. Einige fürchten finanzielle Nachteile.

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Der Unmut ist groß. Im unternehmenseigenen Internetforum der Comdirect wird er lautstark geäußert. „Es wirkt irgendwie, als ob ihr euren Laden nicht wirklich im Griff habt“, schreibt ein Nutzer. Die Comdirect habe es „total verbockt“, schreibt ein anderer. Stein des Anstoßes sind Verzögerungen bei den Jahressteuerbescheinigungen für das Jahr 2021. Zwar müssen Anleger seit Einführung der Abgeltungsteuer ihre Kapitalerträge nicht mehr unbedingt in ihrer Steuererklärung angeben. In vielen Fällen ist das aber doch zwingend nötig oder zumindest sinnvoll, etwa, wenn der Sparerfreibetrag – der pro Jahr 801 Euro an Kapitalerträgen komplett von der Steuer freistellt – noch nicht mit Freistellungsaufträgen ausgeschöpft worden ist.

Anleger tragen dann alle Kapitalerträge in der Steuererklärung ein – auf Basis der Steuerbescheinigungen der Banken. Diese listen Gewinne und Verluste auf, direkt sortiert nach steuerlichen Gesichtspunkten. Selbst die Zeilen des einschlägigen Steuerformulars (Anlage KAP) werden in den Bescheinigungen für die einzelnen Posten genannt. 

Auch die Comdirect – mit Stand 2020 zählte sie mit drei Millionen Kunden zu den größten Direktbanken Deutschlands – stellt ihren Kunden dafür eine Steuerbescheinigung zur Verfügung. Im Kundenbereich heißt es, diese werde „im 1. Quartal des Folgejahres automatisch in die PostBox eingestellt und kann dort gedruckt werden“. Das aber stimmt so nicht, zumindest nicht dieses Jahr.

Auch in Vorjahren schon Verzögerungen

Zwar teilte die Direktbank auf Anfrage mit, ein „Großteil unserer Comdirect Kunden“ habe die Jahressteuerbescheinigung erhalten. Bei vielen Kunden aber verzögerte sich die Steuerbescheinigung und kam erst deutlich später als Ende März an. Einige warten immer noch darauf. Auch in Vorjahren war die Comdirect bereits mit verzögerten Steuerbescheinigungen aufgefallen; in den Comdirect-Internetforen zitieren Nutzer sogar eine Berichterstattung der WirtschaftsWoche von 2010 zum Thema. 

Die Comdirect begründete die Verzögerung gegenüber der WirtschaftsWoche mit „Softwareanpassungen bei der Erstellung der Jahressteuerbescheinigungen“. Betroffen gewesen seien „einige Kunden mit mehreren Kundennummern“. Die Anzahl der betroffenen Kunden wollte die Bank nicht nennen. In den Vorjahren sei es zum Beispiel „aufgrund von produktspezifischen Besonderheiten in Einzelfällen“ zu Verspätungen gekommen. 

In Mitteilungen gegenüber betroffenen Kunden riet die Comdirect dieses Jahr teils sogar dazu, eine Fristverlängerung bei der Einkommensteuererklärung zu beantragen. Dabei wurde die Abgabefrist für die Steuererklärung des Jahres 2021 mittlerweile ohnehin auf Ende Oktober verschoben, wenn es sich um Pflicht-Steuererklärungen ohne Unterstützung von Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein handelt. Sonst bleibt sogar noch mehr Zeit. Probleme können Kunden durch die verspäteten Steuerbescheinigungen aber dennoch entstehen, wenn sie ihre Steuererklärung noch nicht abgeben können – beispielsweise, wenn sie eine große Steuererstattung erwarten und nun auch diese sich unerwartet verzögert.

Kritik an Informationspolitik

Die betroffenen Kunden fühlen sich von der Comdirect schlecht informiert. Denn Auskünfte zur Verzögerung erhielten sie offenbar nur auf eigene Anfrage. Dabei informierte beispielsweise der Anbieter FondsSuperMarkt, ein Vermittler, der rabattierte Fondskäufe anbietet, bereits Ende Mai darüber, dass es bei der Comdirect dieses Jahr zu Verzögerungen bei den Steuerbescheinigungen kommen werde. Grund dafür seien „Veränderungen in deren Steuersystemen“. Erst ab Mitte Juni würden Kunden ihre Jahressteuerbescheinigungen erhalten. In „besonderen Konstellationen“ könne es zu einer noch größeren Verzögerung kommen.

Die Comdirect selbst hatte gegenüber Kunden zur Begründung der Verzögerung teils auf noch fehlende Daten anderer Stellen verwiesen. Aber auch Umstellungen in den eigenen Steuersystemen und der IT wurden als Grund genannt. Hierbei seien „Fehler“ aufgetreten, die nun beseitigt werden müssten.   

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Nach schneller Lösung klingt das nicht. Gegenüber der WirtschaftsWoche teilte die Direktbank nun mit: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass die betroffenen Kunden so schnell wie möglich ihre ausstehenden Jahressteuerbescheinigungen bekommen.“ 

Bei einigen Kunden scheint der Geduldsfaden inzwischen gerissen zu sein. Manche Nutzer im Comdirect-Forum rufen bereits zur Kündigung auf: „Wir alle haben die Möglichkeit zu einem Wettbewerber zu wechseln und davon gibt es doch genug.“

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