Datenhandel Verschwiegene Branche der Adresshändler

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Der Vorstand des Quelle: dpa

Der Bertelsmann-Ableger Arvato Info-score arbeitet laut Selbstbeschreibung als „Full-Service-Dienstleister für weltweit erfolgreiches Direktmarketing“. Nach eigenen Angaben hat Arvato Infoscore eine Datenbank mit mehr als 40 Millionen Merkmalen über negatives Zahlungsverhalten von fast acht Millionen Menschen – und das sogar als „tagesaktuelle Daten“. Diese stammen aus der Abwicklung von Inkassofällen, welche das Unternehmen im Auftrag von Großkunden wie der Deutschen Bahn durchführt. Simplen Adresshandel betreibt Infoscore laut eigenen Angaben nicht.

Für den ist bei Bertelsmann die Tochter AZ Direct zuständig. Mehr als 37 Millionen Privatadressen und über vier Millionen Firmenanschriften schlummern laut eigenen Angaben in den Datenbanken, mit Zusatzinformationen zum Wohngebiet und statistischen Merkmalen wie der Wahrscheinlichkeit, dass die in den Adressen genannten Bürger Kinder haben. Die Daten stammen laut AZ Direct nicht aus der Bertelsmann-Gruppe, sondern werden von Kooperationspartnern geliefert.

Deutsche Post Adress schließlich, ein Gemeinschaftsunternehmen von Post und Bertelsmann, will die Qualität von Adressen für Unternehmen und Wiederverkäufer verbessern. Auch Deutsche Post Adress verweist darauf, nicht mit Daten zu handeln. „Ein Unternehmen erhält über uns nur dann die neue Anschrift einer umziehenden Person, wenn es bereits Kenntnis von der alten Anschrift besitzt“, sagt Geschäftsführer Dieter Schefer.

Verknüpfung verschiedener Datenquellen

Kritiker stört die Bündelung von diversen Adress- und Datendiensten unter einem Konzerndach. „Jeder einzelne Datensatz wie Adresse, Kaufgewohnheiten oder Ähnliches ist an sich vielleicht noch problemlos“, sagt CCC-Sprecher Frank Rieger. „Die Gefahr besteht vor allem in der Zusammenführung und Anreicherung von Daten aus unterschiedlichen Quellen, weil das ein Profil ergibt, welches einen Menschen weitgehend durchleuchtet.“ Bertelsmann verweist freilich darauf, dass die Direktmarketingtöchter „sämtliche Bestimmungen des Datenschutzes“ einhielten.

Sammelwut innerhalb eines Unternehmens gibt es auch anderswo. Die Schober Information Group aus dem schwäbischen Ditzingen, laut eigenen Angaben größter Spezialist für das Direktmarketing in Deutschland, verfügt unter anderem über 50 Millionen Privatadressen mit zehn Milliarden Zusatzinformationen, selektierbar nach Alter, Geschlecht, Kaufkraft oder sozialer Schicht. Die in Bonn ansässige Schober-Tochter Infas Geodaten wiederum hat den kompletten Häuserbestand Deutschlands – fast 20 Millionen Gebäude – gespeichert und bietet vielfältige Zusatzinformationen an, darunter Daten zu Zustand und Bauweise eines Hauses ebenso wie die Größe des Gartens. Die Daten stammen laut Infas aus öffentlichen Quellen wie Bebauungsplänen oder von statistische Ämtern.

Beides zusammen ermöglicht dann bereits besonders gezielte Abfragen. So wirbt Infas Geodaten in einer Broschüre, gemeinsam mit Schober biete man „gesonderten Zugriff auf circa 35 Millionen Haushaltsadressen, selektierbar nach mikrogeografischen Merkmalen und Scores, fünf Millionen Lifestyleadressen sowie mehr als fünf Millionen Businessadressen“.

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