Datenhandel Verschwiegene Branche der Adresshändler

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Call Center-Mitarbeiterinnen Quelle: AP

Der gläserne Bürger – er ist längst Realität. Die Unternehmen der Adresshändlerbranche dagegen sind alles andere als durchsichtig. Die Schober-Gruppe etwa wollte Fragen der WirtschaftsWoche zu Sicherheitsvorkehrungen nicht beantworten, „aufgrund der Vielzahl der Anfragen, die uns momentan erreichen“.

„Der Markt für Adresshändler ist sehr undurchsichtig, weil keiner wirklich kontrolliert, welcher Anbieter welche Daten an wen weitergibt“, kritisiert Gerd Billen, Vorsitzender des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Was passiert beispielsweise, wenn Daten an ein Callcenter oder einen sonstigen Dienstleister übergeben werden? – „Lassen sich Unternehmen als Auftraggeber nur unterschreiben, dass ein Dienstleister den Datenschutz einhält? Wird die Löschung der Daten überprüft, wenn ein Auftrag beendet ist? Da wird bisher nicht genau hingeschaut“, sagt Billen.

Eine Ausnahme in der sonst so verschwiegenen Branche will die Global Group aus Idstein sein. Zwar protzen auch die Hessen mit den üblichen gigantischen Zahlen, mit Zugriff auf 65 Millionen Privatadressen, was rund 95 Prozent der Bevölkerung über 18 Jahre entspräche. Die jetzige Diskussion über Datenklau begrüßt man indes. „Uns ist sehr recht, dass in der Öffentlichkeit über das Thema Datenhandel gesprochen wird. Denn unseriöse Anbieter, die den Datenschutz missbrauchen, sollen von der Bildfläche verschwinden“, sagt Frank Meier-Gerßler, Vorstand Operations bei Global Group. 

Datenklaus-Skandal ist ein heilsamer Schock

Als einer von wenigen Adresshändlern in Deutschland hat das Unternehmen seine IT-Sicherheitsvorkehrungen nach ISO-Norm zertifizieren lassen. Das bedeutet: Sensible Daten müssen vor Zugriff geschützt und die Verarbeitung von Daten nachvollziehbar protokolliert werden. „So bewahren wir beispielsweise die Daten in gesicherten Panzerräumen auf, die zusätzlich kameraüberwacht sind. Und Kunden erhalten nach dem Ende eines Auftrags eine Löschungsbestätigung der uns zur Verfügung gestellten Daten“, sagt Meier-Gerßler.

Derartige Vorkehrungen sind in den Augen von Verbraucherschützern jedoch nur ein Anfang. „Der jetzige Datenklau-Skandal ist ein heilsamer Schock – und zwar für Verbraucher wie für Adresshändler“, sagt Verbraucherschützer Billen. Konsumenten gewännen nun einen Eindruck davon, wie wichtig die möglichst sparsame Preisgabe eigener Daten sei.

Und für Unternehmen könnte künftig gar eine neue Zeitrechnung anbrechen – so zumindest seine Hoffnung: „Der faire Umgang mit Kundendaten muss in Zukunft ein imagebildender Faktor werden, ähnlich wie etwa die Einhaltung von ökologischen oder sozialen Standards bei der Herstellung von Textilien“, so Billen. „Die Zeit, mittels eines Gewinnspiels im Internet oder Fernsehen einen Freibrief für den hemmungslosen Adresshandel zu bekommen, geht dem Ende entgegen.“ Schön wäre es jedenfalls.

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