Es ist oft die letzte PR-Masche, die Managern oder anderen Top-Angestellten bleibt: der Gehaltsverzicht. In einer angespannten Situation, vielleicht gar nach eigenen Fehlern oder Skandalen, erklären sie medienwirksam, für eine Zeit auf ihr Gehalt verzichten zu wollen. Freiwillig, versteht sich.
So war es jüngst etwa bei Hakan Calhanoglu, einem Fußballspieler des Erstligisten Bayer 04 Leverkusen. Der hatte - lange vor seinem Wechsel zu Bayer Leverkusen -, gegen Transferrecht verstoßen, wurde deswegen aber erst im Februar vom Sportgerichtshof CAS zu einer viermonatigen Spielsperre verurteilt. 2011 hatte Calhanoglu - nach eigener Aussage auf Druck seines Vaters - einen Vorab-Vertrag beim türkischen Fußballverein Trabzonspor unterzeichnet, später jedoch seinen Vertrag beim deutschen Verein Karlsruher SC verlängert. Auf dem Papier war er somit bei zwei Vereinen angestellt. Das war nicht zulässig.
Weil er während der Sperre nicht für Bayer Leverkusen spielen kann, erklärte Calhanoglu den Gehaltsverzicht. Es sei für ihn „selbstverständlich, dass ich den Klub nicht noch weiter schädigen werde und für die Zeit meines Ausschlusses vom Spielbetrieb auf mein Gehalt verzichte", wurde Calhanoglu zitiert.
Unternehmen müssen in solchen Fällen allerdings gewaltig aufpassen, sagt Joerg Andres, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerrechtsprofessor aus Düsseldorf. "Ein solcher Gehaltsverzicht kann für die Unternehmen negative steuerliche Folgen haben, die meist wohl kaum bedacht werden."
Denn durch den Gehaltsverzicht kann das Finanzamt von ihnen unter Umständen sogar Schenkungsteuer fordern: Auch der Verzicht auf eine Forderung, wie das Gehalt, gilt als Schenkung, wenn das Unternehmen einfach mitmacht. Und die Schenkungsteuer fällt dann durchaus ins Gewicht. "Da Angestellte und Unternehmen, oder hier Spieler und Verein, nicht verwandt sind, greift in einschlägigen Fällen Steuerklasse III mit 30 Prozent Eingangssteuersatz und nur 20.000 Euro Freibetrag", sagt Andres.
Bei einem angenommenen Gehalt von zum Beispiel einer Million Euro, auf das ein Angestellter verzichtet, würden fast 300.000 Euro Schenkungsteuer fällig. Das jeweilige Unternehmen müsste dann auch eine Schenkungssteuererklärung abgeben. Tut es das nicht und zahlt auch keine Steuer, kann es sich sogar der Steuerhinterziehung schuldig machen.
Im konkreten Fall sieht sich Bayer 04 Leverkusen allerdings auf der sicheren Seite. Zwar gebe man "grundsätzlich keine Auskünfte zu Vertragsinhalten mit Spielern, weil diese vertraulich sind", teilte Bayer-Geschäftsführer Michael Schade auf Anfrage der WirtschaftsWoche mit. "Wir können Ihnen aber mitteilen, dass wir immer – auch bei der Übereinkunft mit dem Spieler Calhanoglu – im Einklang mit den anwendbaren steuerrechtlichen Regelungen handeln."
Auch das Thema Schenkungssteuer sei von Experten intensiv geprüft worden, im vorliegenden Einzelfall aber nicht als einschlägig angesehen worden, sagte Bayer-Geschäftsführer Schade.
"Wie im Steuerrecht üblich, komme es stark auf den Einzelfall an", sagt Fachanwalt Andres. So könne es zum Beispiel fraglich sein, ob ein Angestellter, der seine Arbeitsleistung faktisch gar nicht erbringen kann, überhaupt Anspruch auf sein Gehalt habe. Ist das nicht der Fall, verzichtet er letztlich nicht auf eine Forderung - und damit liege dann natürlich auch keine steuerpflichtige Schenkung vor, die der Arbeitgeber annehmen könne. Das allerdings würde auch den öffentlichkeitswirksamen Gehaltsverzicht zur Luftnummer machen.
Wie die Konstellation im Fall von Hakan Calhanoglu genau ist, lässt sich mit Blick von außen nicht sagen. Doch andere Unternehmen sollten hellhörig werden, wenn hochdotierte Angestellte auf ihr Gehalt verzichten wollen. Nur gut, dass das nicht so oft vorkommt.