Die Zahlenfrau

Reguliert den deutschen Finanzmarkt nicht kaputt!

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Ist der FISG-Entwurf ein Schnellschuss?

Nicht nur ich bewerte den Gesetzesentwurf kritisch: Der Digitalverband Bitkom hat am 9. November eine Stellungnahme veröffentlicht, in der er den Entwurf zum FISG als „Schnellschuss“ bezeichnet. Die Bitkom warnt davor, dass sich Unternehmen aus Deutschland zurückziehen könnten, sollte das Gesetz in Kraft treten und appelliert, den Wirecard-Skandal erst einmal gründlich aufzuarbeiten, bevor neue Regularien beschlossen werden. Nach Einschätzung vieler Branchenexperten hätten die bisherigen Gesetze durchaus ausgereicht, um Wirecard auf die Schliche zu kommen.

Aus meiner Sicht kann es nicht sein, dass die Akteure der deutschen Fintech- und Finanzbranche nun doppelt für die kriminelle Energie eines einzelnen Marktteilnehmers büßen müssen. Unsere Branche hat bereits einen erheblichen Imageschaden erlitten, obwohl die allermeisten von uns gesetzeskonform und transparent arbeiten. Nun sollen weitere Gesetze unsere tägliche Arbeit noch einmal komplexer und teurer machen.

Zumal der Bilanzbetrug bei Wirecard kein finanzmarkttypisches Problem war und sich genauso auch in der Realwirtschaft hätte ereignen können. Indem nun weitreichende Gesetzesänderungen für die Finanzwirtschaft beschlossen werden, wird suggeriert, dass es sich um ein Problem unserer Branche handelt. Aus Sicht der Bitkom ist es außerdem noch unklar, wie die geplanten Neuregelungen zum Auslagerungsmanagement künftige Finanz- und Bilanzdelikte verhindern sollen. Der Bilanzbetrug bei Wirecard hatte, nach aktuellem Stand, nichts mit der Auslagerung an einen Dienstleister zu tun.


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Bitte auf EU-Ebene denken

Um das große Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt hochzuhalten, muss Bilanzbetrug und Manipulation unbedingt vorgebeugt werden. Ich halte es allerdings für einen Fehler, nun im Eilverfahren Gesetze auf nationaler Ebene zu beschließen. Wenn wir uns schon über neue Gesetze Gedanken machen, wäre es wichtiger, endlich einheitliche EU-Regelungen zu implementieren. Nur so haben wir die Chance, mit Wettbewerbern aus China oder den USA zu konkurrieren. Um das zu schaffen, wünsche ich mir, dass der Gesetzgeber über Initiativen wie den FinTech-Rat, in dem ich mich engagiere, noch stärker als bisher den Dialog mit Branchenvertretern sucht. Damit betroffene Unternehmen nicht erst von neuen Gesetzesinitiativen erfahren, wenn es fast zu spät ist.

Mehr zum Thema: Nach dem Wirecard-Desaster drängt BaFin-Chef Felix Hufeld auf Reformen seiner Anstalt – und mehr Macht. Dabei bräuchte es vor allem eine bessere Kontrolle der Kontrolleure.

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