Dienstreisen Tückischer Geschäftsreisen-Geiz

In der Krise knausern die Unternehmen bei Dienstreisen. Wer die Spielregeln verletzt, riskiert seinen Job. Worauf Arbeitnehmer achten müssen, was sie von der Steuer absetzen können.

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Das können sich nur prominente Freiberufler leisten: Als der britische Komiker John Cleese wegen des Vulkanasche-Flugverbots in Oslo festhing, nahm er ein Taxi nach Brüssel – für 3800 Euro. Den meisten Durchschnitts-Geschäftsreisenden hätte der teure Spaß, als Spesen abgerechnet, zumindest eine Abmahnung gebracht.

Das Risiko steigt, dass der Arbeitgeber wegen überhöhter Reisespesen Ärger macht. Die angespannte Wirtschaftslage zwingt Unternehmen zu sparen – 58 Prozent wollen ihre Reisekosten drücken, so das Ergebnis einer Umfrage des Verbands Deutsches Reisemanagement (siehe Grafik). Bei rund 47 Milliarden Euro, die deutsche Unternehmen pro Jahr für Geschäftsreisen ausgeben, ist noch Spielraum. Und so fliegen immer mehr Angestellte Holzklasse, nehmen die U-Bahn statt des Taxis und duschen am Flughafen, um das Hotel zu sparen.

Dienstreisenmissbrauch ist riskant

Da die Arbeitsgesetze Dienstreisen kaum reglementieren, sind Arbeitnehmer vor allem an die Vorschriften ihres Arbeitsvertrages, die Verhaltensregeln des Unternehmens sowie Betriebsvereinbarungen gebunden. Der Chemiekonzern Akzo Nobel beispielsweise schreibt in seinem Verhaltenskodex: „Die maximale Strecke für eine Geschäftsreise mit einem Privatwagen beträgt 500 Kilometer einfache Strecke, und die Kosten dürfen je nach Ziel nicht die geringsten Preise für einen Flug und oder einen Hochgeschwindigkeitszug übersteigen.“ Auch wenn solche Vorschriften vielen Mitarbeitern bürokratisch erscheinen, ist dies kein Freibrief für laxen Umgang mit Reisekosten. „Arbeitnehmer sollten sich an die Verhaltensregeln ihrer Arbeitgeber halten, anderenfalls droht ihnen eine Abmahnung bis hin zur Kündigung“, warnt Berthold Hilderink, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Simmons & Simmons in Düsseldorf.

Nicht selten nutzen Unternehmen Vergehen bei Dienstreisen als Hebel, um missliebige Arbeitnehmer loszuwerden. So erging es einem Berliner Verkaufsleiter für Herzklappen, der seinen Job verlor, weil er Reisekosten falsch abgerechnet haben soll. Der Arbeitgeber warf ihm vor, mehrfach eine Pauschale von 20 Euro für Übernachtungen als Spesen angegeben zu haben, obwohl er sich von Familienangehörigen beherbergen ließ. Der Geschasste klagte und bekam letztlich vor dem Bundesarbeitsgericht recht (2 AZR 264/06). Die Kündigung sei unwirksam, weil das Unternehmen stichhaltige Beweise schuldig blieb.

Belege für Regelverstöße während einer Dienstreise lassen sich leicht auftreiben. „Private Mails vom Laptop des Arbeitgebers oder Privatgespräche mit dem Diensthandy sind, sofern vom Chef untersagt, unterwegs genauso tabu wie im Büro“, sagt Anwalt Hilderink. Wer sich erwischen lasse, riskiere seinen Job. Die Arbeitsgerichte gingen inzwischen davon aus, dass Geschäftsleute auch über ein privates Handy verfügten.

dienstreisen Quelle: Getty images

Gerade an der Grenze zwischen Geschäftlichem und Privatem begeben sich Arbeitnehmer häufig auf dünnes Eis. Eine Messe oder ein Kongress in Übersee reizt oft dazu, die Dienstreise auf eigene Rechnung zu verlängern. Viele Arbeitgeber tolerieren dies, sofern der Chef zustimmt. Akzo Nobel macht klar: „Ohne vorherige Genehmigung [...] ist es nicht gestattet, eine Geschäftsreise mit einem Urlaub zu verbinden oder Ehegatten/Ehegattin, Partner(-in), Verwandte oder Freunde mitzunehmen.“ Der Technologiekonzern Siemens dagegen ist kompromisslos: „Eine Vermengung von Dienstreise und privater Reise findet bei uns nicht statt.“

Selbst wenn der Arbeitgeber bei Privatvergnügen während einer Dienstreise ein Auge zudrückt, bleibt immer noch die Kostenfrage. Der Versicherungskonzern Allianz regelt dies pragmatisch: „Findet eine Verquickung der Dienstreise mit einer privaten Reise statt, werden grundsätzlich die fiktiven Kosten erstattet, die entstanden wären, wenn die Reise ohne den privaten Teil stattgefunden hätte.“ Der Chemieriese BASF rät seinen Mitarbeitern daher, für privat und geschäftlich veranlasste Ausgaben stets getrennte Rechnungen zu verlangen. Wenn sich Privatvergnügen und Geschäftstermin rechnerisch nur schwer trennen lassen, dann besteht Autozulieferer Continental darauf, dass die Mitarbeiter die Kosten aus eigener Tasche zahlen.

Terminnachweise sammeln

Was der Arbeitgeber nicht erstattet, lässt sich häufig als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Dies gilt auch für -Fälle, in denen das Unternehmen ausnahmsweise Fahrt- und Übernachtungskosten nicht übernimmt. Darunter fallen beispielsweise Termine, die Außendienstler auf Eigeninitiative wahrnehmen. Solange es sich ausschließlich um eine Dienstreise handelt, sind die Finanzämter in der Regel kulant. Probleme gibt es, wenn Privates und Geschäftliches vermischt werden. Bisher stellte sich die Finanzverwaltung bei solchen Geschäftsreisen quer und erstattete nichts. Im Januar dieses Jahres fällte der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch ein Urteil zugunsten von reisenden Angestellten (GrS 1/06). Demnach können sie die geschäftlich veranlassten Kosten einer Dienstreise anteilig absetzen. Im vom BFH entschiedenen Fall durfte ein EDV-Controller vier Siebtel seiner Flugticket- und Hotelkosten von der Steuer absetzen, weil er vier seiner sieben Tage dauernden US-Reise mit Messeterminen verbrachte. Die übrigen Tage entfielen auf Freizeit.

Das Bundesfinanzministerium hat angekündigt, es werde keinen Missbrauch des BFH-Urteils dulden. „Ich gehe daher davon aus, dass die Finanzämter einen konkreten Nachweis für eine Anwesenheit bei beruflichen Terminen verlangen werden“, sagt Michael Seifert, Steuerberater aus Troisdorf. Seifert rät, sich noch am selben Tag den Geschäftstermin schriftlich vom Gesprächspartner bestätigen zu lassen. Nachgereichte Quittungen werde das Finanzamt wohl nicht akzeptieren.

Selbst bei Dienstreisen ohne privaten Anteil macht das Finanzamt Unterschiede. Ein Beispiel: Arbeitnehmer, die zu Geschäftsterminen mit dem Privatauto reisen, können die gefahrenen Kilometer nicht immer als Werbungskosten absetzen. Wer etwa täglich neben seinem Arbeitsplatz in der Zentrale mehrere Filialen aufsucht, erhält für Hin- und Rückfahrt zur Zentrale nur die Entfernungspauschale von 30 Cent je Kilometer für die einfache Wegstrecke. Arbeitnehmer, die regelmäßig an einer beruflichen Fortbildung teilnehmen – weit weg von Arbeitsplatz und Wohnsitz –, können dagegen für jeden gefahrenen Kilometer 30 Cent absetzen, also für Hin- und Rückfahrt. „Alternativ lässt sich bei Dienstreisen auch der geschäftliche Anteil an den Gesamtkosten eines Fahrzeugs geltend machen“, sagt Beate Zimmermann, Rechtsanwältin in der Regensburger Kanzlei Treutler. Bei der Dokumentation des beruflichen Anteils der Fahrtkosten ist Sorgfalt angebracht. Der Arbeitgeber könnte nachrechnen. Wer schummelt, darf gefeuert werden – da kennen die Arbeitsrichter keine Gnade.

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