Dividenden-Stripping Schäuble knöpft sich Milliarden-Trickser vor

Ausländische Anleger sparen durch umstrittene Aktiengeschäfte jedes Jahr viel Steuern. Der Fiskus schaut zu - aber nicht mehr lange. Ins Fadenkreuz geraten deutsche Banken und Investmentgesellschaften. Ihnen drohen hohe Strafen.

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Bundesfinanzminister Schäuble erhöht den Druck auf Steuertrickser Quelle: dpa

Es war eine kleine Meldung in der WirtschaftsWoche vom 20. April 2015. Die 45 Zeilen reichten, um die Finanzbranche in helle Aufregung zu versetzen. In der Meldung ging es um ein Milliardengeschäft – das höchst lukrative Dividenden-Stripping. Der Trick funktioniert so: Ausländische Investmentfonds und Großanleger übertragen Aktien von deutschen Unternehmen kurz vor dem Dividenden-Zahltag auf eine deutsche Bank oder Investmentgesellschaft. Die deutschen Gesellschaften können sich nämlich, anders als ausländische, 25 Prozent Kapitalertragsteuer vom Fiskus erstatten oder davon freistellen lassen. Kurz nach dem Zahltag wandern die Aktien zurück, den Ertrag teilen sich die Beteiligten.

Dieses Verfahren sei in Ordnung, beschwichtigte die Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer nach dem WiWo-Bericht Klienten. Der Bundesfinanzminister plane kein Gesetz gegen die umstrittene Praxis, alles könne wie gehabt weitergehen.

Schneller schlau: Cum-ex-Geschäfte

Doch diese Einschätzung könnte zu optimistisch sein. Immerhin geht es hier, das haben die Beamten begriffen, um eine zumindest grenzwertige Steuergestaltung - und um viel Geld. „Sie kann den Fiskus allein 2015 fünf Milliarden Euro kosten“, sagt Christoph Spengel, wissenschaftlicher Berater von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Steuerprofessor an der Universität Mannheim.

Das erhöht den Druck auf den Minister, das Treiben der Steuertrickser zu stoppen. Das aber ist nicht so einfach. Denn tagtäglich werden in Deutschland Millionen Aktien und Derivate gehandelt. Wie soll da der einzelne Finanzbeamte erkennen, ob es sich um normale, also reguläre Geschäfte handelt? Oder ob dahinter ein Gesamtplan steckt mit dem alleinigen Zweck, die Kapitalertragsteuer zu umgehen? letzteres wäre laut § 42 Abgabenordnung ein Steuermissbrauch.

Deshalb lässt Schäuble nun Vorschläge prüfen, wie der Fiskus Aktiengeschäfte mit Steuererstattungen besser unter die Lupe nehmen kann. Australien zum Beispiel hat die Regelung eingeführt, dass inländische Aktionäre nur dann eine steuerfreie Dividende erhalten können, wenn sie die Papiere mindestens 45 Tage um den Ausschüttungstermin halten und diese nicht gegen Kursschwankungen absichern. Daraus ergibt sich eine Meldepflicht mit entsprechender Transparenz, so dass die Finanzbeamten viel leichter als bisher erkennen können, ob es sich um eine missbräuchliche Steuergestaltung handelt, und dann entsprechend ihre Zustimmung zur Rückerstattung oder Befreiung von der Kapitalertragsteuer verweigern oder erteilen. Ob das Bundesfinanzministerium das australische Modell übernehmen will, ist offen. Auf Anfrage teilte das Ministerium mit, „Das das BMF die Abwägungsprozesse zum Für und Wider von steuerlichen Regelungen nicht öffentlich erörtert“. Im Übrigen prüfe man derzeit, welche Maßnahmen noch gegen die genannten Gestaltungen erforderlich seien.

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