Durchgefallen im Studium "95 Prozent der Prüfungsfälle enthalten Verfahrensfehler"

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Was kosten die exklusiven Dienste der Prüfungsanwälte?

Gibt es Fehler bei der Korrektur, die eine Wiederholung der Prüfung rechtfertigen?
Sehr selten. Laut Bundesverfassungsgericht liegt ein Bewertungsfehler vor, wenn eine Antwort oder Lösung als Fehler gewertet wird, obwohl sie sich mit einer Quelle aus der Fachliteratur belegen lässt. Aber Studenten sollten sich von der Vorstellung verabschieden, eine wissenschaftliche Debatte mit ihrem Professor in den Gerichtssaal verlagern zu können. Die Prüfer haben einen sehr weiten Spielraum bei der Gestaltung der Fragen, bei der Auslegung der Antworten und bei der Verteilung der Punkte. Das halte ich grundsätzlich auch für richtig.

So zitieren Sie richtig!

Kennen Sie Fälle, in denen Studenten sich willkürlich behandelt fühlen, weil der Professor sie angeblich nicht mag oder ihre Ansichten nicht teilt?
Ja, das wird nicht selten von Prüflingen berichtet. Ganz grundsätzlich ist es in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle so, dass sich hierfür keine wirklich belastbaren Anhaltspunkte für finden lassen. Dennoch ist dies in Einzelfällen bereits vorgekommen und die Prüfer wurden ausgewechselt. Etwas häufiger kommt dies übrigens in den medizinischen Studiengängen vor.

Wo liegen die Grenzen der Auslegung?
Wenn eine richtige Antwort als falsch bewertet wird. Wie schon erwähnt, gilt das als richtig, wofür es eine Quelle in der Fachliteratur gibt. Dabei kann es sich auch um eine Mindermeinung halten, die im Gegensatz zur Auffassung des Professors steht. Doch das kommt wie gesagt vergleichsweise selten vor, ist aber nahezu alleiniger Gegenstand bei Anfechtungen der juristischen Staatsexamina. Was wir öfter sehen, sind unzulässige Bewertungsverfahren bei Multiple-Choice-Prüfungen, bei denen Studenten aus vorgegebenen Alternativen die richtigen Antworten auf eine Frage auswählen müssen. Grundsätzlich ist das ok, zumal solche Prüfungsdesigns den Korrekturaufwand in teilnehmerstarken Studiengängen in Grenzen halten. Aber Professoren verstoßen dabei oft gegen das Verbot, Minuspunkte für falsche Antworten zu vergeben. Bei den Unis beliebt, aber laut einem wegweisenden Gerichtsurteil unzulässig, sind sogenannte Multiple-Select-Klausuren. Bei diesen kann mehr als eine Antwortalternative richtig sein und es werden Malus-Punkte für falsche Antworten sowie Bonus-Punkte für richtig beantwortete Frageblöcke vergeben. Auch das widerspricht der Rechtsprechung. Hier ist allerdings Vieles in Bewegung. Nicht jedes Multiple-Select-Verfahren ist automatisch rechtswidrig.

In welchen Fächern wird besonders oft geklagt? Sind etwa Jurastudenten sehr streitbar?
Nein, die Fälle verteilten sich relativ gleichmäßig über alle Fächer und alle Hochschulen. Es gibt aber auch in einigen Studiengängen Prüfungen, die von Behörden abgenommen werden. Die Staatsexamina bei Juristen, Ärzten oder Lehrern sind meiner Erfahrung nach auf der Ebene der Verfahrensfehler juristisch wasserdicht. Aber auch in diesen Studiengängen mit ihren staatlich organisierten Abschlussprüfungen gibt es natürlich zahlreiche studienbegleitende Prüfungen, für die die Hochschulen verantwortlich sind und bei denen häufig Fehler passieren.

Was zahlen Studenten, wenn sie einen Rechtsanwalt beauftragen?
Das ist zugegebenermaßen sehr teuer, weil unsere Kanzlei mehr verlangt als die gesetzlichen Gebührensätze. Wir arbeiten hier ganz überwiegend mit Pauschalhonoraren, weil sie den enormen Vorteil aufweisen, dass sie für Kostentransparenz und für Kostensicherheit sorgen. Ein durchschnittlicher Fall kostet dann rund 9.000 Euro für ein Widerspruchs- oder ein Klageverfahren und liegt bei etwa 20 Arbeitsstunden. Je nach Umfang des Verfahrens kann dies aber auch deutlich mehr sein, insbesondere bei medizinischen Prüfungsanfechtungen oder bei sehr umfangreichen Plagiatsfällen.

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