Eigenbedarf Wie werde ich meinen Mieter los?

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Wie umgehen mit Härtefällen?

Auf die Härtefallregel berufen können sich nur Menschen, die zum Beispiel eine chronische Krankheit haben und unter einem erzwungenen Ortswechsel so stark leiden würden, dass ihr Leben oder ihre Gesundheit in Gefahr sind.

In solchen außergewöhnlichen Fällen müssen die Gerichte künftig detailliert untersuchen, ob die vom Mieter vorgetragenen Argumente stichhaltig sind. Bei dem jüngst vor dem Bundesgerichtshof verhandelten Fall aus Bühl ging es um die Räumungsklage gegen einen bereits 1930 geborenen langjährigen Bewohner einer Erdgeschosswohnung und dessen Frau. Der Eigentümer benötigte den Wohnraum für die vierköpfige Familie seines im gleichen Gebäude wohnenden Sohnes.

In diesen zehn Städten rentiert sich die Miete
Frankfurt-am-Main Quelle: dpa
Düsseldorf Quelle: DPA/Picture-Alliance
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Münster Quelle: dpa

Die Partei des Mieters hatte der Kündigung widersprochen, weil der Beklagte unter einer beginnenden Demenz litt und beim Verlust seiner Wohnung wohl in ein Pflegeheim umziehen müsste. Für die noch nicht pflegebedürftige Ehefrau komme der Umzug in ein Heim nicht in Frage, sodass sie durch den Wohnungswechsel von ihrem Mann getrennt würde. Ein weiteres Argument: Der Sohn des Vermieters hätte für seine Familie stattdessen auch in eine bereits leer stehende Dachgeschosswohnung desselben Hauses in Anspruch nehmen können.

Gut begründet und überprüfbar ist Bedingung

Amts- und Landgericht hatten sämtliche Argumente des Mieters als wahr unterstellt, jedoch dem Vermieter Recht gegeben. Der Bundesgerichtshof als höchstes Zivilgericht hat sich zur Stichhaltigkeit der Argumente nicht geäußert. Trotzdem hat er die bisherigen Urteile zu dem Fall aufgehoben und den Vorinstanzen aufgetragen, einen Sachverständigen zur Hilfe zu nehmen. Der soll zum Beispiel untersuchen, ob der Verlust der Wohnung tatsächlich eine Gesundheitsgefahr darstellen könnte.

Für Mieter und Vermieter bedeutet das: Streitfälle bei Kündigungen und Räumungsklagen werden komplexer. Beide Seiten müssen ihre Argumente detailliert begründen und sich auf eine Überprüfung durch externe Experten gefasst machen.

„Öfter als man denkt, führen Mieter gesundheitliche Gründe gegen eine Kündigung ins Feld“, berichtet der Berliner Rechtsanwalt Münch. Beliebt sei das Argument der Suizidgefahr nach einem Wohnungswechsel. Dabei könne es sich aber in vielen Fällen um eine Täuschung handeln. Gerichte dürfen das aber natürlich nicht einfach vom Tisch wischen, weil besonders labile Personen bei einem erzwungenen Umzug tatsächlich in Selbstmordgefahr geraten könnten. „Wer gesundheitliche Gründe ins Feld führt, muss sich auf die Anordnung einer ärztlichen Behandlung durch das Gericht gefasst machen“, so Münch. Bei Suizidgefahr könne das in Einzelfällen sogar bis zur Einweisung in die Psychiatrie führen.

Solche abenteuerlichen Argumente können daher schnell zum Bumerang für den Mieter werden.

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