Was sind typische Gründe für eine finanzielle Verpflichtung gegenüber den Eltern?
Am Anfang steht immer die Frage, ob die Eltern im gesetzlichen Sinne bedürftig sind, sich also den angemessenen Lebensunterhalt ohne großen Luxus noch leisten können. „Der Klassiker ist der Rentenbezieher, der zum Pflegefall wird“, weiß Andrea Fromherz, Fachanwältin für Familienrecht in der Sozietät Cavada Lüth & Partner aus Bietigheim-Bissingen und Expertin für Unterhaltsansprüche, aus praktischer Erfahrung. „Auch die Fälle, die vor dem BGH verhandelt werden, sind Pflegefälle. Das liegt an den hohen Pflegekosten.“ Der Grund dafür ist einfach: Ein Platz im Pflegeheim kostet schnell um die 3000 Euro pro Monat. Mit einer durchschnittlichen Rente sind diese Beträge nicht zu stemmen. Regelmäßig übernehmen deshalb die zuständigen Sozialbehörden die Pflegekosten – und suchen dann bei Verwandten in gerader Linie nach Möglichkeiten, sich von diesen zumindest einen Teil der Kosten erstatten zu lassen.
Weitaus seltener kommen laut Fromherz Fälle vor, in denen eine Unterhaltspflicht der Kinder entsteht, weil die regelmäßige Rente des Elternteils nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. „Bei Rentnern mit eigenem Hausstand greift zunächst der Anspruch auf eine Grundsicherung, die von den Ämtern gezahlt wird“, so Fromherz. Ähnliches gilt für Fälle, in denen Arbeitslosigkeit oder Berufsunfähigkeit zur Bedürftigkeit führen. Dann gibt es im schlimmsten Fall nur noch Arbeitslosengeld II („Hartz IV“).
Wer muss Unterhalt zahlen?
Die Geldnot der Eltern trifft die Kinder aber nur, wenn diese mindestens 100.000 Euro im Jahr verdienen. Erst dann müssen sie einen Beitrag zum Lebensunterhalt ihrer Eltern zahlen. „Bedürftige haben auch Obliegenheiten - und müssen zunächst alles Zumutbare tun, um ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten“, sagt Anwältin Fromherz.
Grundsätzlich zahlen müssen auch Erben. Wer das Erbe seiner Eltern antritt, übernimmt sowohl das Vermögen als auch die Schulden – und muss damit auch offene Kredite bedienen oder überzogene Konten ausgleichen. Allerdings haben Erbberechtigte auch immer die Möglichkeit, ein Erbe auszuschlagen. Kennen die Kinder Vermögen und Verschuldung ihrer Eltern, müssen sie abwägen, ob sich die Schuldenübernahme für sie lohnt oder nicht.
Wofür die gesetzliche Pflegeversicherung aufkommt
Die gesetzliche Pflegepflichtversicherung gehört seit 1995 fest zur sozialen Absicherung. Im Juli 2007 wurde die Versicherung reformiert - dennoch übernimmt die Versicherung nur den sogenannten Grundschutz. Das heißt: Die Versicherung trägt - zumindest anteilig - die Kosten für ambulante und stationäre Pflege.
Die Pflegepflichtversicherung versorgt den Pflegebedürftigen dementsprechend mit Dienst- und Geldleistungen. Wie viel es für den ambulanten Pflegedienst, Essen auf Rädern oder sonstige Hilfsangebote dazu gibt, ist abhängig von der Pflegestufe des Betroffenen. Diese legt ein medizinischer Gutachter fest.
Die Pflichtversicherung zahlt bei Pflegestufe III maximal bis zu 1.510 EUR für einen Pflegeplatz in einem Heim - allerdings nur für die Pflegekosten. Für Unterbringung und Verpflegung muss der Heimbewohner selbst aufkommen. Bei außergewöhnlichen Härten übernimmt die Versicherung Leistungen von bis zu 1.918 Euro.
Laut BGB-Gesetzbuch steht an erster Stelle der Unterhaltspflichtige der Ehepartner. Der muss nach langer Ehe selbst im Fall einer Trennung oder Scheidung Unterhalt zahlen. Ist der Ehepartner jedoch verstorben, sind die Kinder unterhaltspflichtig. Das gilt gleichermaßen für leibliche wie adoptierte Kinder. Von den Verwandten in gerader Linie folgen an nächster Stelle dann die Enkelkinder. Doch diese Konstellation ist eher theoretisch. „In der Praxis ist mir noch kein Fall untergekommen, in dem Enkelkinder Unterhalt für ihre Großeltern zahlen mussten“, sagt Familienrechtlerin Fromherz.