Steuern sparen Schenken statt vererben – so geht’s richtig

Schenken statt vererben. Quelle: Getty Images

Wer Kindern oder nahen Verwandten Vermögenswerte hinterlassen möchte, sollte noch zu Lebzeiten über eine Schenkung nachdenken. Warum das vorteilhaft ist.

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Deutschlands Wohlstand basiert zunehmend auf üppigen Erbschaften. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) dürften derzeit bis zu 400 Milliarden Euro pro Jahr vererbt und verschenkt werden. Nach anderen Schätzungen besteht das vererbte Vermögen zu fast drei Vierteln aus Immobilien. Und nicht selten wird unter den Erben darum gestritten, was mit Haus oder Wohnung geschehen soll: Verkaufen und Erlös teilen oder nutzen und Miterben auszahlen.

Geben ist seliger denn Nehmen, heißt es in der Bibel. Analog dazu heißt es im ansonsten wenig christlichen Steuerrecht: Schenken ist besser als Erben. Denn Schenkungen zwischen nahen Verwandten und Angehörigen bieten hohe Steuerfreibeträge und helfen dabei, den häufig vorkommenden und oft erbitterten Streit zwischen Erben zu vermeiden. Denn wer schenkt, kann die Übertragung seines Nachlasses aktiv steuern – und strategisch planen.

Ein weiteres Plus: Wer seinen Familienangehörigen privates Vermögen hinterlassen möchte, kann diesen durch Schenkungen hohe Steuerzahlungen ersparen. Allerdings sind dabei formale Anforderungen, eine geschickte Planung und ein paar Risiken unbedingt zu beachten.

Für Erbschaften und Schenkungen gelten in Deutschland die gleichen Steuerregeln und -sätze. Demnach wäre es eigentlich egal, ob geschenkt oder vererbt würde. Allerdings bieten Schenkungen einige Besonderheiten und Gestaltungsmöglichkeiten, die beim Erbfall fehlen. Der Hauptvorteil: Die Steuerfreibeträge für Schenkungen greifen alle zehn Jahre aufs Neue. Wer es geschickt anstellt, erspart seinen Nachkommen damit unnötige Steuerzahlungen, indem er die Freibeträge mehrfach ausschöpft.

Hohe Freibeträge

Ihre Höhe bemisst sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis. Letzteres ist auch ausschlaggebend dafür, nach welcher Schenkungssteuerklasse die Beschenkten Steuern zahlen müssen. Für alles, was über den Freibetrag hinausgeht, fordert das Finanzamt nach den Steuersätzen dieser Klasse seinen Anteil an der Schenkung. „Grundsätzlich gilt: je entfernter der Verwandtschaftsgrad, umso höher ist der Steuersatz“, sagt Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller von der gleichnamigen Anwaltskanzlei in Wiesbaden. „Für den Beschenkten gibt es dabei zwei Hürden. Zum einen den Freibetrag. Der fällt umso höher aus, je enger das Verwandtschaftsverhältnis ist. Zum anderen die Steuerklasse, die umso ungünstiger ist, je entfernter der Verwandtschaftsgrad.“

Die Finanzämter sortieren dementsprechend die Beschenkten in drei Steuerklassen ein, wobei Klasse I die günstigste und Klasse III die ungünstigste ist. Geregelt sind sie im Erbschaftssteuergesetz (ErbStG).

Für die Freibeträge gilt: Für engste Verwandte wie Ehegatten oder Kinder genügen die Freibeträge meist für eine steuerfreie Schenkung. Jedes Elternteil darf seinem Kind alle zehn Jahre 400.000 Euro schenken, ohne dass Schenkungssteuer anfällt. Für die meisten Immobilien, die durch Schenkung oder Erbschaft auf die Kinder übergehen, dürfte diese Summe genügen, um eine Steuerpflicht auszuschließen.

Übertragung zwischen Gatten ist steuerfrei

Oma und Opa dürfen ihrem Enkelkind alle zehn Jahre 200.000 Euro steuerfrei überlassen. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner können sogar Vermögen von bis zu 500.000 Euro steuerfrei erhalten. Für Geschwister, nicht eingetragene Lebenspartner und Freunde sieht der Fiskus einen Freibetrag von 20.000 Euro vor.

Eine Besonderheit gibt es allerdings für die Schenkung von Immobilien zwischen Ehepartnern. Die Übertragung einer selbstgenutzten Immobilie an den Gatten ist immer steuerfrei - in unbegrenzter Höhe.

Steuerklassen nach Verwandtschaftsgrad

Die Steuersätze innerhalb der Steuerklassen sind progressiv, das heißt, je höher der zu versteuernde Betrag, umso höher auch der Steuersatz, den das Finanzamt verlangt.

Wie genau die Zuordnung zu einer Steuerklasse wirkt, lässt sich am besten an einem Beispiel verdeutlichen. In Steuerklasse I muss der Beschenkte im schlimmsten Fall 30 Prozent Steuern zahlen, wenn der zu versteuernde Anteil die Summe von 26 Millionen Euro überschreitet. In der Steuerklasse III sind bereits bei zu versteuernden Beträgen oberhalb von 13 Millionen Euro stolze 50 Prozent Steuer fällig.

Steuervorteile strategisch sichern

Das Besondere dabei: Eigentlich wird der Steuersatz jeweils auf die gesamte Summe oberhalb des Freibetrags angewendet, also nicht stufenweise. Noch ein Rechenbeispiel: Ein Vater schenkt seiner Tochter eine Immobilie im Wert von 710.000 Euro. Sie profitiert als Tochter von 400.000 Euro Freibetrag. Dieser Freibetrag ist für das Finanzamt tabu. Zu versteuern sind also 310.000 Euro. In Steuerklasse I müsste die Tochter nun eigentlich 15 Prozent Steuer zahlen, die ab 300.000 Euro fällig werden. Bis 300.000 Euro wären es nur 11 Prozent gewesen.

Um ungerechte Sprünge an den Grenzen der verschiedenen Steuersätze zu vermeiden, gibt es aber eine Härtefallregelung. So darf die höhere Steuerlast durch das Überschreiten der vorherigen Wertgrenze bei einem Steuersatz bis 30 Prozent maximal die Hälfte des Betrags oberhalb der Wertgrenze ausmachen. Bei einem Steuersatz über 30 Prozent darf die höhere Steuer maximal drei Viertel des Betrags oberhalb der vorherigen Wertgrenze betragen.

Klingt kompliziert? Am Beispiel wird es klarer: Die Tochter liegt 10.000 Euro über der Grenze von 300.000 Euro. Theoretisch müsste sie 46.500 Euro Schenkungsteuer zahlen (15 Prozent von 310.000 Euro). Bei 300.000 Euro an steuerpflichtigem Vermögen wären nur 33.000 Euro Steuer fällig gewesen (11 Prozent von 300.000 Euro). Ohne Härtefallregelung hätte das um 10.000 Euro höhere Vermögen die Tochter nun also 13.500 Euro mehr Steuer gekostet (46.500 Euro statt 33.000 Euro).

Von diesen 13.500 Euro muss sie aber nur 5000 Euro zahlen; das entspricht 50 Prozent des Betrags oberhalb der vorherigen Wertgrenze, hier 10.000 Euro. Letztlich fallen also 38.000 Euro Schenkungsteuer an (46.500 Euro abzüglich 8500 Euro wegen der Härtefallregelung).

Formale Anforderungen

Was aber nicht vergessen werden darf: Hinzukommen Kosten für die Grundbuchänderung sowie Notarkosten. Denn Immobilienkäufe müssen beurkundet werden. Aber selbst bei großen Summen Bargeld oder anderen Vermögensgegenständen und wertvollen Sachanlagen ist eine Dokumentation empfehlenswert. Das geht im Zweifel auch formlos, ohne Notar oder Anwalt. „Um eine Schenkung zu protokollieren genügt ein Schreiben, dass die Namen der Beteiligten, den Gegenstand der Schenkung und das Datum enthalten. Wichtig ist: Beide müssen das Dokument unterschreiben“, erklärt Rechtsanwalt Cäsar-Preller.

Juristen unterscheiden beurkundete Schenkungen von sogenannten Handschenkungen. Schiebt der Vater seinem Sohn einen Umschlag mit tausenden Euro über den Tisch, wird dies üblicherweise auch nirgendwo dokumentiert. „Eine Schenkung ist prinzipiell auch ohne Formalitäten möglich. Dennoch sind sie steuerrelevant. Schenkungen gehören in die Steuererklärung. Das Finanzamt prüft dann, ob und wie viel Steuern darauf zu entrichten sind“, sagt Cäsar-Preller. Eine Bagatellgrenze, bis zu der eine Erklärung gegenüber dem Finanzamt unnötig ist, gibt es nicht.

Steuervorteile durch Schenkungen

Da Schenken und Erben steuerlich gleichgestellt sind, kommen tatsächliche Steuervorteile nur durch eine regelrechte Schenkstrategie zustande.

„Der wesentliche Vorteil des Schenkens ist seine Wiederholbarkeit alle zehn Jahre“, erklärt Anwalt Cäsar-Preller. „Wer sein Vermögen entsprechend der Freibeträge aufteilt und in Abständen von zehn Jahren die Teile überträgt, erspart dem Beschenkten Steuerzahlungen.“ So können auch große Vermögen nach und nach ohne den Zugriff des Finanzamts den Besitzer wechseln.

Wer so langfristig Schenkungen plant, sollte aber die Risiken im Blick behalten. „Was ich verschenkt habe, besitze ich nicht mehr. Eine Rückforderung vom Beschenkten ist nur bei grobem Undank oder eigener Not über den Rechtsweg - und nur mit geeigneten Belegen oder Zeugenaussagen - möglich und meist mühsam durchzusetzen“, weiß Cäsar-Preller aus Erfahrung.

Besonders bei der Schenkung von Immobilien sollten sich die Beteiligten absichern. Wer sein Eigenheim an die Kinder verschenken, aber weiter darin wohnen möchte, sollte sich daher ein lebenslanges Wohnrecht einräumen lassen. Durch das Wohnrecht kann der alte Eigentümer nicht mehr zum Auszug gedrängt werden.

Nießbrauch schont den Freibetrag

Auch ein Nießbrauchrecht ist bei einer Immobilienschenkung oftmals sinnvoll. Dieses Recht ermöglicht nicht nur die Nutzung der verschenkten Wohnung oder des Hauses, sondern auch deren Vermietung. Die Mieteinnahmen stehen dann dem Inhaber des Nießbrauchs zu. Wer also im Alter eine Immobilie übertragen lässt, sich aber das Nießbrauchrecht sichert, kann so aus der Immobilie Teile seiner Altersversorgung bestreiten. Sowohl Wohn- als auch Nießbrauchrecht können mit einer Grundbucheintragung gesichert werden.

Gleichzeitig schont das Nießbrauchrecht den Freibetrag, da es einen Wert darstellt, der vom Gesamtwert der Schenkung abgezogen werden muss.

Schenkungen nach Plan quer durch die Familie

Ein anderer Weg, die Schenkungssteuer zu umgehen oder zu minimieren, sind sogenannte Kettenschenkungen. Dabei verschenkt zum Beispiel ein Elternteil nicht alles auf einen Schlag an seine Kinder, sondern erst einen Teil an den Ehegatten mit 500.000 Euro Freibetrag. Anschließend beschenken die beiden Elternteile getrennt voneinander ihre Kinder, sodass der Freibetrag zweimal angerechnet wird. Solange der im ersten Schritt Begünstigte wirklich über das Geschenk frei verfügen kann, kann die Kettenschenkung sogar in dichter zeitlicher Folge über die Bühne gehen.

Kettenschenkungen werden auch bei Immobilien genutzt. Allerdings sind dann wieder Notarkosten und Grundbucheintragungen notwendig. Besonders vorteilhaft ist eine Kettenschenkung, wenn beim Übertrag auf direktem Weg nur geringe Freibeträge zur Verfügung stehen – etwa bei einer Immobilie, die von der Großmutter an einen Enkel übertragen werden soll.

Solange die Eltern noch leben, läge der Freibetrag auf direktem Weg hier nur bei 200.000 Euro (Übertrag von der Großmutter ans Enkelkind). Bekommt hingegen erst das dazugehörige Elternteil die Immobilie, und reicht sie dann später ans eigene Kind weiter, läge der Freibetrag in beiden Fällen bei 400.000 Euro (Übertrag von einem Elternteil ans Kind).

Pflichtanteile umgehen

Schenkungen lassen sich auch einsetzen, um sein Vermögen an seine bevorzugten Verwandten zu verteilen und Pflichtanteile an weniger geliebte Verwandte zu umgehen oder zumindest zu reduzieren. Damit das klappt, müssen aber zwischen Schenkung und Erbfall möglichst viele Jahre liegen. Liegt die Schenkung mehr als zehn Jahre zurück, wenn es zur Aufteilung des Erbes kommt, bleibt das verschenkte Vermögen in der Pflichtteilsberechnung unberücksichtigt. Ist der Zeitraum zwischen Schenkung und Todesfall kürzer, zählt jedes Jahr. Ist die Schenkung zum Beispiel im dritten Jahr vor dem Erbfall erfolgt, werden immer noch 80 Prozent der Schenkung für die Berechnung des Pflichtanteils berücksichtigt. Anstandsgeschenke im normalen Umfang, etwa an Weihnachten oder zum Geburtstag, zählen übrigens generell nicht mit.

Fallstricke beim Erben-Austricksen

Wichtig ist dabei, dass die Schenkung juristisch unzweifelhaft eine Schenkung war. Geht es etwa um eine Immobilie, ist ein eingeräumtes Nießbrauchrecht hinderlich, weil die Zehnjahresfrist dann nicht greift. Auch bei der Übertragung an einen Ehegatten beginnt die Frist erst mit dem Tod des Ehepartners oder der Scheidung.

Unternehmensanteile übertragen

Theoretisch kann die Schenkung- und Erbschaftsteuer oberhalb der Freibeträge bis zu 50 Prozent betragen. Solch hohe Steuersätze müssten allerdings nur entfernt Verwandte auf Millionenvermögen zahlen. In der Praxis sind solche Fälle selten. Meist sind entsprechend große Vermögen in Unternehmen gebunden – und für Betriebsvermögen gelten viele vorteilhafte Steuerregeln, sodass die Steuerlast hier deutlich geringer ist, egal ob für nahe oder entfernte Verwandte.



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