Gbureks Geld-Geklimper

Angriff auf deutsche Steuerzahler

Manfred Gburek Freier Finanzjournalist

Die Bundesbank droht sich über das tückische Target 2-System Lasten aufzuladen, für die am Ende die Steuerzahler aufkommen müssen.

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EZB Quelle: dpa

Die vermeintlichen Griechenland-Retter haben sich wieder einmal durchgewurstelt, jetzt läuft praktisch alles auf die Europäische Zentralbank (EZB) zu, deren Bilanzsumme 3 Billionen Euro anpeilt. Die ganze Dramatik, die sich hinter diesem Betrag verbirgt, wird erst durch die dahinter steckenden Daten erkennbar: Die Bilanzsumme ist in den vergangenen fünf Jahren etwa um den Faktor 2,5 gestiegen, primär ausgelöst durch Käufe von Anleihen, speziell Staatsanleihen, und durch Bankenkredite, deren genaue Höhe allerdings ebenso wenig zu ermitteln ist wie das Volumen der Anleihen. Das liegt unter anderem daran, dass der eine oder andere Posten in der EZB-Bilanz einfach den Zusatz „Sonstige“ enthält.

Griechenland und Portugal ohne Sicherheiten
Dieses Versteckspiel ist angesichts Tatsache, dass die EZB im Euro-Raum allein schon wegen der Schuldenkrise neben der finanziellen auch eine große politische Bedeutung hat, ganz gefährlich. Denn kein Außenstehender weiß, was sich hinter bestimmten Zahlen wirklich verbirgt, sodass der Spekulation Tür und Tor geöffnet sind. Beispiel Bankenkredite: Ohne das Euro-System, bestehend aus der EZB und den nationalen Zentralbanken, könnten sie von heute auf morgen notleidend und die Geschäftsbanken illiquide werden. Das liegt daran, dass der Interbankenmarkt so gut wie ausgetrocknet ist. Die nationalen Zentralbanken dürfen Kredite indes nur gegen Sicherheiten vergeben. Länder wie Griechenland oder Portugal verfügen jedoch längst nicht mehr über genug Sicherheiten.

Deutsche Steuerzahler betroffen

Was daraus folgt, ist schlimm genug, denn es trifft im Endeffekt Deutschland und damit deutsche Steuerzahler. Das geht so: Die Deutsche Bundesbank steht im Euro-System mit 27 Prozent in der Haftung. Dies bezieht sich auch auf Kredite, die Geschäftsbanken aus den Euro-Ländern bei ihren nationalen Zentralbanken in Anspruch genommen haben und nicht mehr zurückzahlen können. Die verschlungenen Wege zur deutschen Haftung verbergen sich hinter dem technokratischen Begriff Target 2. Der besagt: Die Bundesbank hat Forderungen gegen das Euro-System, die darauf hinauslaufen, dass sie die Defizite in den Leistungsbilanzen der Euro-Länder finanziert, also auch die griechischen, portugiesischen, italienischen, spanischen Defizite usw.

Gefährlich: der Austritt Griechenlands
Nun könnte man meinen, so etwas sei zum Nutzen des Euro-Raums eine feine Sache, denn die Bundesbank fördere auf diese Weise das Euro-System. Doch das Ganze hat einen Haken: Gerät das Euro-System ins Wanken und verabschiedet sich das eine oder andere Land von der Einheitswährung, besteht die Gefahr, dass die Bundesbank ihre Forderungen in den Wind schreiben müsste. Das Beispiel verdeutlicht, wie gefährlich allein schon der Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone für die Bundesbank und letztlich für deutsche Steuerzahler werden könnte.

Griechen nutzen den Euro-Konstruktionsfehler aus

Athens Innenstadt ist verwüstet
Ein Ladenbesitzer begutachtet das Ausmaß der Zerstörung nach der Massendemonstration in Athen. Quelle: dpa
Die Hauptstraßen Panepistimiou, Stadiou, die Einkaufsstraßen Athinas und Ermou und der zentrale Syntagmaplatz vor dem Parlament sahen am Montagmorgen wie ein Trümmerfeld aus. Quelle: dpa
Ein altes Kino in Athen ist während der Krawalle ebenfalls angezündet worden. Quelle: dpa
45 Gebäude wurden nach Feuerwehrangaben angesteckt. Einige davon brannten völlig aus. Quelle: dpa
Zahlreiche Läden und Banken wurden schwer beschädigt und geplündert, dutzende Ampeln zerschlagen. Quelle: dpa
Alle Parteien des Landes verurteilten die schweren Ausschreitungen und machten „dunkle Kreise“ für das Chaos verantwortlich. Quelle: dpa
Graffitis an der Wand der Bank of Greece zeigen auch deutschfeindliche Parolen. Quelle: dpa

Hinzu kommt die Möglichkeit einer Herabstufung der Bonität Deutschlands durch die Ratingagenturen mit dem Hinweis auf uneinbringliche Forderungen der Bundesbank. Dabei geht nicht gerade um Peanuts. Denn die Target 2-Forderungen haben sich zuletzt um 500 Milliarden Euro bewegt, sodass es für die Herabstufung der deutschen Bonität schon genügte, wenn nur ein Bruchteil dieses Betrags notleidend würde. Auch das wissen die Griechen zu gut und verhalten sich bei den Verhandlungen mit den Emissären von EZB, EU und Internationalem Währungsfonds entsprechend stur.
Eurosystem bleibt labil
Im Grunde nutzen sie mit ihrer Haltung einen Konstruktionsfehler des Euro-Systems aus: Dieses sieht vor, dass nicht nationale Zentralbanken die Geldpolitik bestimmen, sondern die EZB. Die müsste also immer einen gemeinsamen Nenner für florierende und für daniederliegende Volkswirtschaften finden. Da ihr das nie gelingen kann, solange die Konjunkturzyklen in den einzelnen Ländern unterschiedlich verlaufen, bleibt das Euro-System labil. Abgesehen davon wird es durch die weit auseinander klaffenden Renditen der Staatsanleihen nicht gerade stabiler.

Triple A Quelle: dpa

Neue Flucht in Sachwerte

Viele Anleger sind es inzwischen leid, neben den üblichen Unsicherheitsfaktoren auch noch das ständige Gezerre um den Euro in ihr Kalkül einbeziehen zu müssen. Sie reagieren dementsprechend mit einer gewissen Starre, die sich in den ohne klare Richtung hin und her pendelnden Kursen von Aktien und Anleihen sowie in den Preisen von Edelmetallen und Rohstoffen widerspiegelt. Das kann so nicht mehr lange weiter gehen. Aber wie sonst? Folgt man der These, wonach das viele von der EZB – und in den USA von der dortigen Notenbank Fed – in Umlauf gebrachte Geld sich in steigenden Preisen bzw. Kursen niederschlagen muss, liegt die Frage nahe: wo?
Solange die Schlagzeilen davon bestimmt sind, wie das kleine Griechenland durch die Schuldenkrise kommt, während in Athen Straßenschlachten stattfinden, wird sich an der Starre nichts ändern. Doch sobald aus dem griechischen Problem wieder einmal ein allgemeines Euro-Problem zu werden droht, wird eine neue Flucht in Sachwerte einsetzen. Manche reichen Deutschen haben diese Flucht schon seit 2010 angetreten, indem sie verstärkt in Immobilien eingestiegen sind, weniger in Edelmetalle und kaum in Aktien. Das wird sich ändern, wenn Gold – wie im vergangenen Sommer – ein Mal mehr neue Höchstpreise erreicht und Aktien zu einem Höhenflug ansetzen. Dann werden nicht nur reiche Deutsche, sondern auch viele andere Anleger prozyklisch in Gold, Silber und Aktien investieren.

Wer bereits entsprechend engagiert ist, wartet am besten ab, bis der nächste Anstieg kommt. Wer noch nicht engagiert ist, kauft bei temporären Rückschlägen, die sich immer wieder ergeben. Aber wer mit Immobilien liebäugelt, tut gut daran, bis auf ein Haus oder eine Wohnung für den Eigenbedarf nichts zu kaufen. Denn Eigentümer größerer Immobilienbestände werden ganz sicher zu den Steuerzahlern gehören, die im Fall einer Target 2-Haftung der Bundesbank verstärkt zur Kasse gebeten werden – schließlich lassen sich Immobilien, anders als Edelmetalle und Wertpapiere, nicht von heute auf morgen liquidieren.

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