Ein ganzer Schuh wird daraus indes erst mit der Abgeltungsteuer: Auf einmal ist es egal, ob jemand mit Aktien oder anderen Wertpapieren die einjährige Haltedauer über- oder unterschreitet, allemal wird nach Abzug des mickrigen Freibetrags die Abgeltungsteuer auf Gewinne fällig – geradezu eine Einladung an Kunden zum Trading: Hin und Her macht Tasche leer, füllt aber die Kassen der Banken, die das Trading deshalb bewerben, als sei es eine ewig munter sprudelnde Gewinnquelle.
Eine komische Interessengemeinschaft
Beispiel Immobilienmakler: Falls sie zum Zuge kommen, kassieren sie ihre Courtage bei Mieter- und Eigentümerwechseln, am liebsten von beiden Seiten. Die dicksten Brocken fallen natürlich an, wenn teure – in der Regel vermietete - Objekte von einem Eigentümer zum nächsten übergehen. Unschön für Makler: Die Eigentümer sind bestrebt, ihre Mietshäuser erst nach zehn Jahren zu verkaufen, um die anfallenden Gewinne steuerfrei zu realisieren. Und falls es um mehrere Objekte geht, achten sie penibel darauf, von ihrem Finanzamt nicht als gewerbliche Grundstückshändler eingestuft zu werden.
Das will den Maklern ganz und gar nicht schmecken. Denn sie könnten ihre Einnahmen vervielfachen, falls die Zehn-Jahre-Frist abgeschafft würde. Also sind sie und ihre Lobbyisten auf der Seite derjenigen, die sich für die Abschaffung der Frist einsetzen. Dazu gehören, sanft formuliert, nicht gerade die Vertreter des Großkapitals. Eine komische Interessengemeinschaft, die sich da bildet: Mit dem Habgier-Image behaftete Makler verfolgen dasselbe Ziel wie politisch links tickende Abgeordnete.
Bärendienst an der privaten Altersvorsorge
Fatal an den hier beschriebenen Entwicklungen – von Lobbygruppen dominierte Steuern, Tradingspieler statt Daueraktionäre, Bestrafung von Immobilieneigentümern – ist nicht allein ihre steuerliche Wirkung mitsamt Umverteilungseffekten, sondern auch ihr Bärendienst an der privaten Altersvorsorge: Aktien haben durch die Abgeltungsteuer schon einiges von ihrem Reiz eingebüßt, ihre vermeintliche Lobby namens Deutsches Aktieninstitut beschränkt sich auf Fachliches, und für Immobilien in ihrer Funktion als Spender eines zusätzlichen Vermögens und Einkommens im Alter droht die Zeit abzulaufen.
Stattdessen streiten Politiker populistisch um die Rente mit 67. Und um die Riester-Rente, nachdem sie ein Jahrzehnt dafür gebraucht haben, deren Funktion als Provisionsgenerator für die Finanzwirtschaft statt als Altersvorsorge zu erkennen. Wer dem ganzen Kladderadatsch vorbeugen will, sollte sich – wie an dieser Stelle schon mehrfach betont – intensiv mit Aktien beschäftigen, um den Nachteil der Abgeltungsteuer durch intelligentes Anlegen zu kompensieren, einen Batzen Tagesgeld für Schnäppchen bereithalten, den eigenen Gold- und Silberschatz hüten und im Zweifel Wohneigentum für den eigenen Bedarf haben statt zur Miete zu wohnen.