Gesetzesänderung Augen auf beim Elterngeld!

Selbst Steuerfachleute haben kaum etwas mitbekommen: Still und heimlich wurde eine Gesetzesänderung beim Elterngeld auf den Weg gebracht. Und die bringt statt Vereinfachungen finanzielle Nachteile für Mütter und Väter.

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Elterngeld Euroscheine Fläschchen Quelle: dpa

Auf leisen Sohlen brachte der Bundesrat Anfang Juli Gesetzesänderungen zum Elterngeld auf den Weg. Was eigentlich als Vereinfachung ab 2013 geplant war, dürfte vielen Müttern und Vätern jedoch finanzielle Nachteile bringen. Die Einbußen machten für Arbeitnehmer schlimmstenfalls 100 Euro und mehr im Monat aus, hat der Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL), Uwe Rauhöft, errechnet.

Wer 2013 Nachwuchs erwartet, sollte sich sehr früh, spätestens sieben Monate vor dem Geburtstermin, um die Weichenstellung fürs Elterngeld kümmern. Bis zum Jahresende können angehende Eltern noch relativ leicht selbst ausrechnen, was sie an Zuschüssen erwartet. Für ihr Neugeborenes bekommen sie 65 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens der letzten 12 bis 14 Monate vor der Geburt, höchstens aber 1800 Euro im Monat.

Für Arbeitnehmer ist die Rechnung einfach: Sie schnappen sich ihre Gehaltsabrechnungen und nehmen den Nettolohn nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zur Grundlage. Zusätzlich geht noch ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags ab. Urlaubs- und Weihnachtsgeld bleiben außen vor. Grundsätzlich gilt: Je mehr Netto, desto mehr Elterngeld.

Ab 2013 muss anders gerechnet werden: Künftig wird der Bruttolohn für die bis zu 14 Monate vor der Geburt zugrunde gelegt. Die tatsächlichen Abzüge auf der Lohnabrechnung zählen nicht mehr. Stattdessen zieht der Staat vom Brutto neue Pauschalsätze ab, insgesamt 21 Prozent für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dieser Wert liegt aber um rund einen halben Prozentpunkt über den aktuellen Beitragssätzen.

Die Folge: Das so berechnete Nettoeinkommen ist geringer - und damit auch das Elterngeld.

Auf den ersten Blick schlägt die Gesetzesänderung erst einmal nur marginal durch: Bei einem Bruttolohn zwischen 2000 und 3000 Euro schrumpft das Elterngeld um sieben bis zehn Euro im Monat, wie Steuerfachmann Rauhöft vorrechnet. Viel stärker noch wirkt sich das neue Gesetz bei der Lohnsteuer aus, die vom Brutto abzuziehen ist. Dafür ist die Lohnsteuerklasse wichtig, die die betreuende Mutter respektive der Vater in den vorangegangenen Monaten am längsten hatte.

Werdende Eltern müssen sich früh um Steuerklasse kümmern

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Grundsätzlich gilt zwar weiter: Verheiratete können mit einem cleveren Wechsel der Steuerklasse in der Schwangerschaft das Nettoeinkommen nach oben schrauben. Das bringt im besten Falle einige Hundert Euro mehr im Monat.

Künftig nutzt der legale Trick aber nur noch dann etwas, wenn der Umstieg in eine andere Steuerklasse mindestens sieben Monate vor der Geburt passierte, wie Rauhöft erläutert. „Am besten schon bei Kinderwunsch wechseln, so verrückt es klingt, das bringt am meisten Geld“, rät Markus Deutsch vom Deutschen Steuerberaterverband.

Das bedeutet aber auch: Angehende Eltern müssen sich viel früher als bisher entscheiden, wer zu Hause bleibt.

Was sich alles von der Steuer absetzen lässt - und was nicht

Freibeträge fallen unter den Tisch

Verpasst das Ehepaar den Umstieg in den ersten Schwangerschaftswochen, gilt die ungünstigere Steuerklasse. So gehen einer Mutter, die 2000 Euro brutto im Monat hat und erst fünf statt sieben Monate vor dem Geburtstermin von Klasse IV auf III wechselt, stolze 59 Euro monatlich durch die Lappen, wie die NVL-Berechnung zeigt. Hatte sie zuvor Steuerklasse V, büßt sie gar 114 Euro ein.

Dazu kommt: Das neue Gesetz fegt auch die Freibeträge beiseite, mit denen werdende Eltern die Unterstützung vom Staat optimieren können. Wer sich beispielsweise einen Freibetrag wegen höherer Werbungskosten vom Finanzamt holt, bekommt am Monatsende mehr Netto heraus und damit später mehr Elterngeld. Dieses Schlupfloch ist ab 2013 zu.

Das neue Gesetz sollte die Berechnung einfacher machen und für eine schnellere Auszahlung des Elterngelds sorgen. „Für die Finanzverwaltung ist die Änderung sicher praktischer, für die Bürger weniger“, gibt Deutsch zu bedenken. Vieles sei „verschlimmbessert“ worden, kritisiert Steuerfachmann Rauhöft.

Werdende Eltern sollten sich am besten gleich zu Beginn der Schwangerschaft Rat von Lohnsteuerhilfevereinen holen, um soviel Zuschuss wie möglich vom Staat zu kriegen.

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