Internetbetrug Tote Ölunternehmer vererben Millionen

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Der E-Mail-Verkehr wird vertraulicher

So sieht das Dokument für die Kontoeröffnung aus (zum vergrößern auf das Bild klicken).

Überhaupt wird das Verhältnis zu meinem Geschäftspartner – wir sind inzwischen bei der sechsten Mail angekommen – zunehmend kameradschaftlicher. „Lieber Freund“, schreibt Herr Whang, und erkundigt sich nicht nur nach meinem Wohlbefinden, sondern auch nach dem meiner Familie. Die habe ich zuvor zwar nie erwähnt, aber bei so viel Geld sehe ich über diesen Fauxpas gnädig hinweg.

Um das Vertrauen zu fördern, hat Herr Whang sogar einen Vertrag aufgesetzt. „Angesichts der Größe des Vermögens in unserer Transaktion, und unserer Anteile, wurde es für mich notwendig eine Einverständniserklärung aufzusetzen“, heißt es da in brüchigem Englisch. Das Schriftstück, das unseren Schicksalspakt besiegeln soll, sieht aus, als hätte es ein Fünftklässler in der Informatik-AG gebastelt. Immerhin habe ich jetzt die Bestätigung: „Zweiundzwanzig Millionen und zweihundertfünfzig Tausend Dollar“ sollen mir gehören.

Die Bank ist eine reine Erfindung

Schon am nächsten Tag bekomme ich wieder Post von Herrn Whang. Er möchte, dass ich bei einer Bank namens „Caixa Oceanic“ in Madrid ein Konto eröffne. Sie gehört angeblich zur spanischen La-Caixa-Gruppe – angesichts der schwelenden Bankenkrise scheint mir das nicht gerade ein sicherer Hort für mein Millionenerbe zu sein.

Eine kurze Recherche zeigt, dass die Bank nur eine Erfindung ist. Mit Spanien hat die „Caixa Oceanic“ nichts zu tun: Die Webseite läuft auf einem amerikanischen Server, ihre Adresse wurde in den Niederlanden registriert, die seit Jahren als Ausgangsbasis für die Europa-Geschäfte der Nigeria-Connection dienen. Manchmal rücken die Kriminellen ihren Opfern dort auch persönlich zu Leibe. „Da werden Geldübergaben in London, Amsterdam oder Madrid organisiert, bei denen die Leute ausgenommen werden“, sagt IT-Experte Ziemann.

Deshalb verzichte ich lieber auf ein Treffen mit den selbsternannten Bankiers. Zudem ist das Antragsformular dermaßen schlecht kopiert, dass es sogar meine Großmutter als Fälschung enttarnen würde. Immerhin besitzen die Fälscher einen Sinn für Ironie: „Ich akzeptiere, dass jeder Versuch, die Oceanic-Gruppe in Madrid zu betrügen, mit bis zu 75.000 Dollar und/oder fünf Jahren Gefängnis bestraft wird.“ Mit anderen Worten: Ich soll mich vertraglich dazu verpflichten, die Betrüger einer fiktiven Bank nicht über den Tisch zu ziehen.

Klingt verrückt? Es geht noch besser. „Seit einigen Jahren wirbt die Nigeria-Connection auch mit einem Fonds, der die Opfer von Vorschussbetrügen entschädigen soll. So werden sie gleich doppelt ausgenommen“, berichtet Frank Ziemann. „Da wird nichts ausgelassen.“

Mir reicht es mit dem Millionenspiel. Zum letzten Mal schreibe ich nach China: „Lieber Herr Whang, nach ausführlicher Betrachtung ihres Angebots bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich mein Geld lieber weiter als Journalist verdiene.“

Kaum ist die Mail raus, da habe ich schon wieder Post bekommen – diesmal aus England. Dort hat ein Mister Davis 7,3 Millionen Euro auf einem Rentenkonto gefunden, mit denen er nichts anzufangen weiß.

Ob ich ihm wohl helfen könne?

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