Internetbetrug Tote Ölunternehmer vererben Millionen

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Eine Österreicherin überwies 350 000 Euro

Eine Ölplattform in der Ostsee: Hier arbeiteten unter anderem die toten Reichen Ölmanager, die ihr Vermögen nun Internetnutzer beglücken wollen. Quelle: dpa

Erfolg hat dabei nur eine Seite. „Das Geschäft muss sich lohnen, sonst würde die Nigeria Connection es nicht seit Jahrzehnten betreiben“, stellt Sicherheitsexperte Ziemann fest. Die Warnungen von IT-Experten, Polizei und Bundeskriminalamt ändern daran wenig: Regelmäßig schaffen es findige Verbrecher, Opfer zu horrenden Vorauszahlungen zu überreden. Den inoffiziellen Negativrekord hält derzeit eine Österreicherin, die 350.000 Euro an ihr völlig unbekannte Kriminelle überwiesen und dafür sogar ihre Münzsammlung und ihren Bausparvertrag aufgelöst hat.

Die Räuberpistolen der Connection gehen mit der Zeit: Nach dem Lockerbie-Attentat waren es Absturzopfer, die Millionen zu vererben hatten, sagt Ziemann. Heute sind Verwandte des Gaddafi-Clans besonders populär. Und auch bei der Kontaktaufnahme sind die Betrüger stets auf dem neuesten Stand: Einst baten sie interessierte Geschäftspartner per Fax um einen Vorschuss, heute schicken sie ihnen Nachrichten bei Ebay oder befreunden sie bei Facebook.

Herr Whang hat mich ganz klassisch per Mail mit seinem „Geschäftsvorschlag“ konfrontiert. Bei ihm fühle ich mich in sicheren Händen. “Ich möchte, dass Du mein Partner sein”, schreibt der Banker aus China. Auf einem (dilettantisch gefälschten) Ausweis der Fubon Bank lächelt mich ein großväterlicher Firmenchef an. Und die Fubon Bank, das zeigt eine Suche bei Google, gibt es tatsächlich. Ihr Chef heißt wirklich Whang. Was kann da schon schiefgehen?

Der Handlanger möchte die Hälfte des Erbes behalten

Also beantworte ich die Nachricht und bekunde mein Interesse. Die Antwort erfolgt knapp zwei Stunden später – und mit ihr die Ernüchterung: Die Hälfte des Erbes – satte 22,25 Millionen – möchte Herr Whang nämlich für sich beanspruchen. Der Rest gehört mir. Für einen Millionär, der soeben die Hälfte seines Vermögens verloren hat, trage ich es mit Fassung: „Das klingt noch immer nach einem guten Geschäft“ schreibe ich zurück. Und weiter: „Ich glaube, wir haben einen Deal.“ Mit Schwarzgeldgeschäften fehlt mir die Erfahrung, aber ich glaube, man sagt das so.

Ich lasse Herrn Whang eine – natürlich ebenfalls fiktive – Kopie eines Ausweises zukommen. Die habe ich sicherheitshalber ein paar Mal auf den Kopierer gelegt, damit man fast gar nichts mehr darauf erkennen kann. Herrn Whang scheint das nicht aufzufallen. Auch, dass auf dem Ausweis in freundlichen Buchstaben „Bunte Republik Deutschland“ statt „Bundesrepublik Deutschland“ geschrieben steht, stört ihn nicht: Nur ein paar Stunden später habe ich wieder Post.

Die Dinge werden komplizierter. Ein Anwalt von Herrn Whang möchte 350.000 Dollar dafür, dass er die Papiere für das Geschäft aufsetzt. Ganz schön teuer. Aber freundlicherweise erklärt Herr Whang sich bereit, für die Aufwendungen des geldgierigen Juristen in Vorlage zu treten.

Dann kommt der Haken. Im Gegenzug müsse ich bei einer „seriösen“ Bank ein Konto eröffnen, auf dem das Erbe geparkt werden soll. Fast 3000 Euro soll das Offshore-Depot kosten. Mir scheint das zu viel. Von meiner Hausbank werde ich schließlich mit kostenloser Kontoführung verwöhnt. Andererseits verstecke ich dort ja normalerweise keine ausländischen Öl-Millionen vor dem Fiskus. Außerdem versichert mir Herr Whang, dass ich die Gebühren für die Kontoeröffnung später von den 44,5 Millionen Euro abziehen kann. Das hat mich dann doch überzeugt.

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