Jagd auf Steuersünder Der Steuerpranger von Egerkingen

Die Schweizer Gemeinde Egerkingen ist der säumigen Steuerzahler überdrüssig und macht die Namen von Steuerschuldnern öffentlich. Das hat in der Schweiz hitzige Diskussionen ausgelöst – und könnte ein juristisches Nachspiel haben.

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Eine Gemeinde in der Schweiz hat die Nase voll davon, als Helfershelfer von Steuerbetrügern verunglimpft zu werden. Sie veröffentlicht die Namen der Steuerschuldner. Quelle: dpa

Dass nach der Selbstanzeige seine Steuerhinterziehung mit einem Millionen schweren Anlagekonto in der Schweiz öffentlich wurde, hat Uli Hoeneß schwer getroffen. Seitdem steht der Präsident des FC Bayern München, der sich jüngst die Titel in Champions League und DFB-Pokal geholt hat, am öffentlichen Pranger. "Es gab bislang Tausende von Selbstanzeigen, ich hatte noch von keiner gehört, die öffentlich wurde", sagte er im Interview mit der „Zeit“. Der hereinbrechende Medienrummel hat Hoeneß kalt erwischt. „Da begann die Hölle für mich“, sagte Hoeneß.

Eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so intensive Erfahrung könnten nun auch sechs Schweizer machen. Während Deutschland und die Schweiz noch immer auf der Suche nach einem Weg sind, um per bilateralem Steuerabkommen deutschen Steuersündern das Leben schwerer zu machen, geht eine Schweizer 3000-Seelen-Gemeinde ganz undiplomatisch gegen Steuerschuldner in den eigenen Reihen vor. Die Gemeinde Egerkingen im Kanton Solothurn hat die Namen von sechs Bürgern öffentlich gemacht, die seit mehreren Jahren keine Steuern zahlen. Am vergangenen Montag verlas die Gemeindepräsidentin Johanna Barholdi auf einer Gemeindeversammlung die Namen der sechs Steuervermeider. Die resolute Politikerin der Freisinnig-Demokratischen Partei (fdp) begründet ihren Schritt mit gesellschaftlicher Moral. „Es ist gefährlich, wenn die Ehrlichen in unserem Gemeinwesen immer mehr das Gefühl bekommen, dass sie die Dummen sind im Umzug. Dieser Entwicklung müssen wir endlich den Riegel schieben“, wird sie beim SRF (Schweizer Radio und Fernsehen) zitiert.

Den „Steuerpranger“, wie die Aktion in den Schweizer Medien genannt wird, hatte die Gemeinde bereits Wochen zuvor angekündigt. Tatsächlich nutzen 35 Personen von der schwarzen Liste die Zeit, um sich mit der Gemeinde auf eine Steuerzahlung zu einigen oder Ausstände zu begleichen. Das brachte Egerkingen immerhin 75.000 Euro ein. Auf der Gemeindeversammlung am vorigen Montag stimmten die 84 Anwesenden denn auch einstimmig für die Bekanntgabe der verbliebenen sechs Namen. Alle genannten Personen haben mindestens vier Jahre in Folge Verlustscheine abgegeben, Sozialhilfeempfänger wurden ausgenommen. Eine Person soll diese Verlustscheine bereits seit 14 Jahren einreichen.

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