Krötenwanderung Fallstricke bei Mietverträgen vermeiden

Auch ein Mietverhältnis kann zur mehr oder weniger erfreulichen langjährigen Bindung werden. Umso wichtiger ist es für Vermieter Fehler im Vertrag zu vermeiden, rät Fachanwalt Karl Friedrich Moersch.

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Diese Urteile sollten Mieter beim Auszug kennen
SchönheitsreparaturenGrundsätzlich muss kein Mieter bei Auszug die Wohnung renovieren. Nach dem Gesetz sind Schönheitsreparaturen Sache des Vermieters. Nur wenn im Mietvertrag eine wirksame Schönheitsreparaturklausel vereinbart ist, muss der Mieter renovieren, heißt es beim deutschen Mieterbund. Am 22. Januar hat sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage nach Schönheitsreparaturen beschäftigt: Es ging um einen Fall, bei dem der Mieter laut Mietvertrag alle Bohr- und Dübellöcher so verschließen sollte, dass sie nicht mehr sichtbar sind. Außerdem sollte er eventuell durchbohrte Kacheln fachgerecht ersetzen. Der Kläger wehrt sich dagegen, dass er sich bei seinem Auszug vor knapp vier Jahren an der Renovierung der Wohnung beteiligen sollte - gemessen an Mietdauer und Abnutzungsgrad. Die Entscheidung hat der BGH aber erst einmal vertagt. Quelle: dpa
StreichenRot, gelb und blau - wer als Mieter seine Wände im Stil von Piet Mondrian streichen mag, kann das tun. Bei Auszug muss das Kunstwerk aber wieder überstrichen werden, entschied der BGH im November 2013. Tut er das nicht, kann der Vermieter Schadenersatz verlangen beziehungsweise die Renovierungskosten auf den Mieter abwälzen (BGH, Az.: VIII ZR 416/12). Die Wände müssen allerdings nicht weiß gestrichen sein. Vermieter können einen Anstrich in "hellen, neutralen, deckenden Farben" verlangen (BGH, Az.: VIII ZR 198/10). Quelle: dpa
TapetenAuch die Tapeten dürfen eine Neuvermietung nicht erschweren. Wer in der ganzen Wohnung Fototapete geklebt hat, muss diese bei Auszug auch wieder entfernen. Raufasertapeten oder dezente Mustertapeten muss der Vermieter aber akzeptieren. Die müssen übrigens auch nicht weiß sein - nur eben auch nicht neonpink (Az.: 14 S 221/00). Quelle: AP
RauchenFurore machte ein Mann, der wegen seines starken Rauchens aus seiner Wohnung fliegen sollte. Grundsätzlich kann aber jeder Mieter in seiner Wohnung rauchen - so lange er niemanden belästigt (Az.: 24 C 1355/13). Sollte die Wohnung allerdings durch starkes Rauchen so schwer beschädigt sein, dass weder putzen noch tapezieren etwas gegen den Nikotinfilm ausrichten können, kann ein Vermieter die Renovierungskosten auf den Mieter umlegen. Quelle: dpa
Böden erneuernWer in seiner Mietwohnung über dem teuren Parkett Teppich verklebt, muss den Beim Auszug wieder entfernen. Grundsätzlich muss der Mieter den Fußboden so zurücklassen, wie er ihn vorgefunden hat (Az.: 212 C 239/00). Für normale Abnutzungsspuren ist der Vermieter zuständig und muss die Böden erneuern. Geht der Mieter aber nicht pfleglich damit um, sondern sengt Brandlöcher hinein oder macht dicke Kratzer ins Parkett, muss er für den Schaden aufkommen. Quelle: dpa/dpaweb
EinbautenWer an der Bausubstanz seiner Mietwohnung etwas verändern will - fliesen, einen neuen Fußboden verlegen oder eine neue Holzdecke anbringen, sollte immer vorher seinen Vermieter fragen. Denn grundsätzlich müssen Mieter alle Einbauten - von der Einbauküche bis zum Badezimmerspiegel - wieder entfernen, wenn sie ausziehen. Es sei denn, der Einbau wertet die Immobilie auf (Landgericht Hamburg, Az.: 311 S 128/04). Quelle: dpa/dpaweb
Äußeres ErscheinungsbildWas viele nicht wissen: Wenn dem Vermieter sein Haus von Außen nicht gefällt, kann er eingreifen. Beispielsweise kann er den Mieter maßregeln, wie dieser seinen Balkon zu gestalten hat. Das Amtsgericht Spandau entschied kürzlich, dass ein Vermieter seinem Mieter verbieten darf, auf der Terrasse einen Pavillon aufzustellen. In dem entsprechenden Fall hatte der Bewohner für die Sommermonate einen weißen Pavillon auf seiner Terrasse im ersten Obergeschoss installiert. Das Gericht sah darin einen dauerhaften Eingriff und vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache, wofür der Mieter die Genehmigung des Vermieters hätte einholen müssen. Quelle: dpa

Herr Moersch, wie sinnvoll sind Mietvertragsvordrucke, die es oft schon in den Schreibwarenabteilungen von Kaufhäusern gibt?

Nach meiner Berufserfahrung sind viele Mietvertragsvordrucke fehlerhaft oder enthalten zum Teil unwirksame Klauseln. Der Vermieter begnügt sich mit einem Formular für fünf Euro oder weniger? Das kann teuer werden.

Was sind klassische Fehler in Standardvordrucken oder auch in selbst formulierten Mietverträgen?

Häufig finden sich in Mietvertragsvordrucken starre Renovierungsfristen. Dort steht zum Beispiel, der Mieter muss spätestens nach fünf Jahren renovieren, egal, wie die Wohnung aussieht.

Karl Friedrich Moersch ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Stuttgarter Kanzlei m&W, Moersch, Wagner. Quelle: Presse

Als weiterer Fehler taucht häufig auf, dass die Umlage der Betriebskosten nicht vereinbart wird oder nur teilweise. Macht der Vermieter dort einen Fehler, kann er anschließend nicht alle zulässigen Kosten auf den Mieter umlegen und bleibt auf einem Teil der Kostens sitzen. Häufig ist auch der Fehler, dass die Heiz- und Warmwasserkosten nicht nach der Heizkostenverordnung abgerechnet werden, sondern pauschal, was nicht zulässig wäre.

Oft fehlt auch eine Regelung über die Kaution, der über die Schneeräumpflicht und ähnliches.

Sind die Vordrucke von Interessensvertretern von Immobilienbesitzern wie dem Verein „Haus und Grund“ empfehlenswerter?

Er bemüht sich, jeweils die aktuelle Rechtsprechung in die aktuellen Mietvertragsvordrucke einzuarbeiten. Mietervereine und Vermietervereine dürfen ebenfalls beraten. Ein Selbststudium im Internet ist mit Vorsicht zu genießen, da nicht immer gute Ratschläge gegeben werden, zum Teil auch diskussionswürdige. Insbesondere das Abkupfern von Mietvertragsvordrucken aus dem Internet ist gefährlich. Die Fehler zeigen sich dann meistens erst nach Jahren.

Die zehn größten Mietrecht-Mythen
Beim Auszug muss die Wohnung weiß gestrichen werden Quelle: dpa
Der Mieter darf einmal pro Monat laut feiern Quelle: dpa
Wer drei Nachmieter stellt, kann den Mietvertrag ohne Kündigungsfrist beenden Quelle: dpa
Der Vermieter muss alle Mieter gleich behandeln Quelle: dpa
Der Partner des Mieters kann ohne Absprache in die Wohnung einziehen Quelle: dpa
Der Vermieter darf Heizung und Wasser abstellen, wenn die Miete nicht überwiesen worden ist Quelle: dpa
Der Vermieter darf Schlüssel zur Wohnung behalten Quelle: dpa

Welche Fallstricke gibt es für Vermieter bei der Formulierung des Mietvertrags?

Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern gibt es regelmäßig vor dem Auszug beim Thema  Schönheitsreparaturen. Wer muss sie ausführen? Wer muss sie bezahlen? Der Bundesgerichtshof hat aktuell so entschieden: Er hält Mietvertragsvereinbarungen, in denen die Schönheitsreparaturen auf den Mieter übergewälzt werden, immer dann für unwirksam, wenn die Wohnung zu Vertragsbeginn nicht frisch renoviert war. Dies betrifft auch Mietverträge, die schon vor 20 Jahren oder länger abgeschlossen wurden. Der Mieter muss die Abnutzungen seiner Vormieter nicht bezahlen!

Auf welche möglichen Änderungen sollten Vermieter ein Auge haben?

Welche möglichen Änderungen werden gerade politisch diskutiert, auf die Vermieter ein Auge haben sollten?

Es gibt ein Eckpunktpapier des Bundesjustizministers Heiko Maas. Wenn es gesetzliche Wirklichkeit werden sollte, wird das Mietrecht drastisch zu Lasten des Vermieters verschärft. Es soll danach die Möglichkeit für den Vermieter, Modernisierungskosten auf den Mieter umzulegen, deutlich eingeschränkt werden. Grundsätzlich kann der Vermieter heute bei Modernisierungsmaßnahmen elf Prozent der Modernisierungskosten als Mieterhöhung geltend machen. Das soll auf acht Prozent gesenkt werden. Ferner soll eine „doppelte Kappungsgrenze“ eingeführt werden. Innerhalb von acht Jahren soll die Miete um höchstens 50 Prozent steigen dürfen, auf keinen Fall aber um mehr als vier Euro pro Quadratmeter. Das sind keine Anreize für einen Vermieter, neuen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Wie sieht es aus, wenn jemand eine vermietete Immobile erbt: Muss er den Vertrag übernehmen?

Der Erbe hat die Möglichkeit, wenn er den „geerbten“ Mietvertrag für inakzeptabel hält, die Erbschaft auszuschlagen. Das muss er aber natürlich wirtschaftlich berechnen, ob das sinnvoll ist. Er kann auch später eventuell noch Nachlassinsolvenz beantragen.

Will er den abgeschlossenen Mietvertrag jedoch zu seinen Gunsten ändern, gibt es nur die einverständliche Lösung mit dem Mieter. Anfechtungsgründe gibt es nicht. Zumindest sind sie sehr unwahrscheinlich. Der Vermieter muss den für ihn inakzeptablen Mietvertrag akzeptieren, wenn der Mieter mit einer Änderung nicht einverstanden ist.

Das heißt, wenn der Mieter eine Vertragsänderung nicht akzeptiert, dass der Vermieter erst beim Einzug eines neuen Mieters, also bei einem Mieterwechsel, einen neuen Vertrag aufsetzen kann. Wenn keine Nebenkosten vereinbart sind, dann kann der Vermieter auch keine verlangen. Ausnahme: Heiz- und Warmwasserkosten.

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