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Krötenwanderung

Was Sie beim Gebrauchtwagenkauf wissen sollten

Anke Henrich
Anke Henrich Freie Autorin, Mittelstands-Expertin

Käufer oder Verkäufer: Wer haftet, wenn sich ein Gebrauchtwagen als Rappelkiste erweist?

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Was beim Autokauf zu beachten ist
Mangelhafter Neuwagen muss zurück zum Händler: Wer bei seinem Neuwagen einen Mangel an der Elektronik feststellt, muss dem Händler den Wagen zur Prüfung überlassen. Denn dem Verkäufer muss eine sogenannte "Nacherfüllung" gewährt werden, um den Mangel beheben zu können. Verweigert der Käufer die Untersuchung des Fahrzeuges, kann der Händler die behaupteten Mängel nicht überprüfen. Handelt es sich bei dem bemängelten Auto um ein Leasingfahrzeug, so dürfen laut den Rechtsexperten der ARAG aufgrund von Mängeln nicht die Leasingraten eigenmächtig gestoppt werden, stattdessen muss der Leasingnehmer erst den Lieferanten des Fahrzeugs auf eine Kaufpreisrückzahlung verklagen und diesen Prozess gewinnen. (Az.: VIII ZR 310/08 und VIII ZR 317/09) Quelle: dpa
Nur teurer Mangel rechtfertigt Kaufrücktritt: Achtung: Je teurer das neugekaufte Fahrzeug, egal ob Sportwagen oder Reisemobil, desto größer muss auch ein Mangel sein, um vom Kaufvertrag wieder zurücktreten zu können. Die Reparaturkosten müssen mehr als ein Prozent des Kaufpreises ausmachen, wie der BGH urteilte. (Az. VIII ZR 202/10) Quelle: AP
Bei Anschlussgarantie gelten Wartungsvorschriften nicht: Wer den Garantiezeitraum für sein Auto beim Fahrzeughersteller kostenpflichtig verlängert, muss nicht zwangsläufig auch noch die speziellen Wartungsintervalle einhalten. Entsprechende Klauseln sind nach Ansicht des BGH unzulässig. Kommt es zu einem Defekt, der unabhängig von der regelmäßigen Wartung auch eingetreten wäre, greift die sogenannte Anschlussgarantie – und der Hersteller muss für die Reparaturkosten aufkommen. (Az. VIII ZR 293/10) Quelle: AP
Keine Auto-Rückgabe bei 8% Mehrverbrauch: Verbraucht ein Neuwagen im Alltagsbetrieb auch unter Optimalbedingungen gut acht Prozent mehr Sprit als vom Hersteller angegeben, gilt dies zwar als Mangel. Dieser rechtfertigt laut eines Urteils aber nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Dazu bedarf es eines Mehrverbrauchs von mindestens 10 Prozent. (Az. I-28 U 12/11) Quelle: dpa
Mehrverbrauch kann ein Rückgabegrund seinLiegt der Kraftstoffverbrauch eines Neuwagens mehr als zehn Prozent über den Herstellangaben im Verbrauchsprospekt, kann der Autobesitzer wegen Sachmangel vom Kaufvertrag zurücktreten. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (AZ: 28 U 94/12, 4 O 250/10). In diesem Fall stellt der höhere Verbrauch einen "erheblichen Sachmangel" dar. Der Besitzer eines Renault Scénic Dynamique hatte geklagt, da das Fahrzeug statt der vom Hersteller angegebenen 7,7 Liter auf 100 Kilometern tatsächlich 8,5 Liter verbraucht hat. Das entspricht einem Mehrverbrauch von 10,3 Prozent. In seiner Urteilsbegründung hat das OLG Hamm außerdem zwei Grundsätze bestätigt, die der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen formuliert hat. Zum einen wüssten verständige Käufer, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte wegen der individuellen Fahrweise durchaus von den standardisierten Herstellerangaben abweichen können. Zum anderen dürfen Käufer aber vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn Sachverständige einen Mehrverbrauch feststellen, der die sogenannte Erheblichkeitsschwelle von zehn Prozent übersteigt. Quelle: dpa
Kraft-Angabe muss stimmenStimmt die PS-Angabe im Kaufvertrag nicht, dann ist das gelieferte Fahrzeug nach Auffassung des Gerichts mangelhaft und es handelt sich nicht um eine dem Käufer zumutbare Konstruktionsabweichung. Das Gericht gab mit seinem Urteil der Klage eines Autokäufers auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages statt (Aktenzeichen: 23 U 15/11). Der Kläger hatte einen Neuwagen mit einer Motorleistung von 110 PS bestellt. Der gelieferte Wagen des neuen Modells hatte jedoch nur 90 PS. Der Kläger wollte daraufhin den Wagen zurückgeben, was der Händler verweigerte. Denn seiner Ansicht nach lag eine zumutbare Konstruktionsabweichung vor. Das Kammergericht sah die Sache anders: Die Motorleistung sei für die Kaufentscheidung regelmäßig von wesentlicher Bedeutung. Daher dürfe der Kunde bei Abweichungen nicht zum Festhalten am Vertrag gezwungen werden. Quelle: dpa
Fehlende Sicherheitsausstattung bei Reimport ist Sachmangel: Als Sachmangel gilt ein fehlendes Ausstattungsmerkmal wie ESP in einem neu gekauften Auto, selbst wenn es sich dabei um einen Reimport handelt. Diese Fahrzeuge verfügen oft nicht über das gleiche Komfort- und Sicherheitsniveau wie hierzulande angebotene Autos und sind daher oft auch günstiger. Voraussetzung für das Urteil ist allerdings, dass dem Käufer das fehlende Merkmal vor dem Kauf zugesagt wurde. (Az.: 5 O 97/10) Quelle: rtr

Neuwagen werden immer teurer, gute Gebrauchte deshalb immer attraktiver. Für stolze Erstbesitzer ist es der Graus: Kaum fahren sie die funkelnagelneue Karosse vom Hof,  hat sie schon einen Wertverlust von mehreren tausend Euro erlitten. Für Schnäppchenjäger können nicht nur solche oder Jahreswagen, sondern auch ältere, aber scheckheftgepflegte Gebrauchtwagen ein guter Griff sein. 

Doch Ärger dräut, wenn kaum verkauft, die ersten Reparaturen fällig sind. Die rhetorische Frage „Würden Sie diesem Mann einen Gebrauchtwagen abkaufen“ kommt nicht von ungefähr.

Der ADAC hat jetzt einmal mehr die aktuelle Rechtsprechung zusammengetragen.

Zehn Tipps, wie Sie ein Unfallauto erkennen
Blick auf den LackOb großer Unfall oder kleiner Zusammenstoß – die Folgen lassen sich bei dem erkennen, was direkt ins Auge sticht: dem Lack. Gebrauchtwagenkäufer sollten überprüfen, ob er überall den gleichen Eindruck macht. Gibt es Farbunterschiede, ist er überall gleich durch Witterung und Waschanlagen abgenutzt, gibt es Stellen, die neuer wirken? Gerade bei Metallic-Farben fallen nachlackierte Bereiche durch unterschiedliche Reflexionen auf. Wenn Nachlackierungen zu allem Überfluss stümperhaft vorgenommen wurden, lässt sich das etwa an leichten Farbresten an Fenstern und Gummis erkennen. Quelle: dapd
Spachtelmasse auf der SpurLackierer füllen Beulen und Vertiefungen gerne mit Spachtelmasse auf. Diese können Autokäufer mit einem Lackschichtenstärkemesser aufspüren, der angibt, wie dick der Lack an der jeweiligen Stelle ist. Es lohnt sich besonders an Stellen, die oft von Unfällen betroffen sind, wie Kotflügelspitzen, Radläufen und Heckabschlussblech. Wer kein solches Messgerät zur Hand hat, kann auch auf einen Magneten zurückgreifen: Je dicker Lack und Spachtel, desto schwächer ist die Haftwirkung. Ansonsten hilft auch, zu klopfen.  Dort, wo nicht nur reines Blech zu finden ist, klingt das Klopfgeräusch dumpfer. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Spalten ertastenOb Teile ausgetauscht wurden, lässt sich nicht nur an Lackunterschieden zum restlichen Auto erkennen, sondern auch an den Fugen. Je teurer das Auto ist, desto präziser verlaufen die Spalten. Wenn man mit dem Finger die Fugen entlangfährt, lassen sich möglicherweise unterschiedliche Spaltmaße ertasten. Diese weisen auf einen Austausch von Teilen nach einem Unfall hin. Quelle: dpa
Die Tür kontrollierenOb ein Auto einen Unfall hatte, lässt sich auch daran erkennen, wie gut die Türen schließen. Fallen sie nicht leicht und satt ins Schloss, kann das daran liegen, dass sie nach einem Unfall nicht richtig justiert wurden. Quelle: Volkswagen
Nach der Lenkradstellung schauenSchon ein kräftiger Stoß gegen den Bordstein kann für kleine Stauchungen an Teilen der Lenkung sorgen. Das führt zu einem leicht links oder rechts geneigten Lenkrad. Quelle: Chevrolet
Auf die Abnutzung der Reifen achtenSind Reifen außen beispielsweise stärker abgenutzt als innen, können das Spätfolgen eines Unfalls sein, denn dabei wird öfter die Radaufhängung beschädigt. Falsch repariert, führt das zu so einer ungleichmäßigen Abnutzung. Quelle: dpa/dpaweb
Unter die Motorhaube guckenDie Längsträger, die unter der Motorhaube unter anderem den Motor und die Stoßstange fixieren, können bei einem Unfall beschädigt werden. Bei einem Blick unter die Motorhaube sollten Kunden deshalb nach Stauchungen und Schweißstellen suchen. Quelle: dpa

In Kürze:

Vertrag: Wer einen Wagen kauft, braucht nicht einmal einen schriftlichen Kaufvertrag, auch eine mündliche Vereinbarung ist für beide Seiten rechtsgültig.

Haftung: Dabei kommt es darauf an, ob ein Privatmann oder ein Händler den Wagen weiterverkauft. Der Händler muss dem Kunden eine zweijährige Sachmängelhaftung einräumen, darf sie aber auf ein Jahr verkürzen. Privatleute dagegen können diese Absicherung von vorneherein ausschließen.

Mangel oder Verschleiß: Darum geht es fast bei jedem Störfall am Auto. Die schlechte Nachricht dabei: Es handelt sich fast immer um eine Einzelfallentscheidung, die es notfalls auch juristisch auszufechten gilt.

Werkstatt: Ist eine Reparatur am neuen Gebrauchten nötig, darf der Verkäufer zwei Mal selbst nachbessern oder entscheiden, in welche Werkstatt – vermutlich dem Heimatort – der Wagen soll.

Unwirksame Klauseln: „Gekauft wie besehen“ oder „keine Garantie“ – das können Händler zwar schreiben, juristisch wirksam ist es aber nicht.

Viel mehr Details finden auch Nicht-Mitglieder des ADAC in einer kostenlosen Download-Broschüre zum Thema. Sie finden Sie hier.

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