Kündigung Bausparvertrag "Bausparkassen, die kündigen, sind widersprüchlich"

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Bausparkassen widersprechen sich selbst

Kann die Nutzung eines Bausparvertrags dem ursprünglich vereinbarten Zweck widersprechen, wie einige Institute ihre Kündigungen rechtfertigen? Sie argumentieren, Kunden würden es gar nicht darauf anlegen, ein zinsgünstiges Baudarlehen zu erhalten.

Soweit die Bausparkassen selbst erklären, Zweck des Bausparens sei die Erlangung eines Bauspardarlehens, stehen ihre Kündigungen aber doch in komplettem Widerspruch dazu: Den Bausparern wird mit einer Kündigung ja gerade die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens verwehrt. Dabei wurde er den Bausparern bei Abschluss des Vertrags ohne zeitliche Beschränkung zugesichert worden.

Zehntausenden Sparern haben die Bausparkassen schon gekündigt. Und ihre Versuche, sich hoch verzinster, alter Bausparverträge zu entledigen, nehmen zu. Sparer sollten ihre schönen Renditen nicht kampflos aufgeben.
von Andreas Toller

Sollten Kunden auf Prämien oder Sonderzahlungsangebote ihrer Bausparkassen eingehen, die ihnen angeboten werden, um den Vertrag zu beenden?

Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn ein Bausparer sich gegen eine drohende Kündigung nicht wehren mag oder kann, ist es sicherlich von Vorteil, sich auf entsprechende Lockangebote einzulassen, da insoweit – wenn auch nur in sehr bescheidenem Umfang – noch ein gewisser wirtschaftlicher Vorteil herausspringt.

Einige Kassen haben Kunden Verträge gekündigt, die bereits voll bespart waren. Kunden nutzten diese Verträge anschließend nicht, um ihr Darlehen abzurufen, sondern sparten weiter bis zur Grenze der vereinbarten Bausparsumme. Wie aussichtsreich halten Sie es, in diesem Fall gegen eine Kündigung vorzugehen?

Hier stellt sich die Situation grundlegend anders dar. Eine nach Erreichen der Bausparsumme erfolgte Kündigung ist anerkannt und auch durch mehrere Oberlandesgerichte bestätigt. Insofern haben Bausparer keine realistische Möglichkeit, sich gegen solche Kündigungen zu wehren.

Bislang fehlen höchstrichterliche Entscheidungen, Urteile vor den Landgerichten gingen in 79 Fällen für die Bausparkassen aus, nur in zehn Fällen bekamen die klagenden Kunden Recht. Wann können Bausparer mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs rechnen, die für Klarheit sorgen dürfte?

Ich bin der Ansicht, dass die Zahl der Urteile im Sinne der Kunden deutlich höher liegen dürfte. Das Amtsgericht Ludwigsburg zum Beispiel erklärt regelmäßig die Kündigungen der Wüstenrot für unwirksam.

2016 stehen erst einmal die Entscheidungen der Oberlandesgerichte an, zum Beispiel in Frankfurt am Main und Karlsruhe. Danach werden sicherlich die ersten Verfahren zum BGH gehen, sodass mit einer Grundsatzentscheidung wohl frühestens 2017 zu rechnen sein dürfte.

Wie schätzen Sie die Chancen der Bausparer ein?

Ich bin sehr zuversichtlich, dass der BGH die Kündigungen von lediglich zuteilungsreifen Bausparverträgen für unwirksam erklären wird. Gerade der zuständige Zivilsenat verfolgt seit Jahren eine verbraucherfreundliche Rechtsprechung.

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