Seit Januar trudeln sie peu à peu ein: die Nebenkostenabrechnungen. Im Dezember werden die letzten Mieter erfahren, wie viel sie für Wasser, Heizung und Co nachzahlen müssen oder ob sie etwas zurückbekommen. Laut deutschem Mieterbund zahlen Mieter in Deutschland durchschnittlich 2,19 Euro pro Quadratmeter im Monat für Betriebskosten. Dabei gibt es regionale Unterschiede: In den alten Bundesländern sind die Betriebskosten etwas höher, in den alten Bundesländern etwas niedriger. Wer tatsächlich alle der 17 möglichen Positionen auf der Betriebskostenabrechnung zahlen muss, kommt im Schnitt auf 2,94 Euro pro Quadratmeter und Monat.
Geändertes Mietrecht
Um die Nebenkosten aller künftig zu senken, hat die Bundesregierung am Mittwoch das Mietrecht reformiert. Wenn der Vermieter eine energieeffizientere Heizung, doppelverglaste Fenster oder sonstige energetische Sanierungen vornehmen möchte, dürfen Mieter sich nicht mehr dagegen wehren. Das gilt aber nur, wenn durch die Renovierungen die Nebenkosten sinken. Selbst wenn Staub und Lärm die Lebensqualität mindern, muss der Mieter dies zumindest drei Monate lang hinnehmen. "Das neue Gesetz schafft Anreize für Vermieter, vermieteten Wohnraum zu sanieren, und zugleich profitieren Mieter von einer energetischen Modernisierungsmaßnahme, weil die Mietnebenkosten nach der Renovierung sinken" sagt Andrea Voßhoff, Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Für die Renovierung dürfen Vermieter maximal elf Prozent der Kosten auf die Miete umlegen, beschloss die Bundesregierung. Weniger Nebenkosten, weniger Ärger mit den Abrechnungen, könnte man meinen.
Überflüssig wie ein Kropf
Der Deutsche Mieterbund (DMB) sieht das allerdings anders. "Die Änderungen des Mietrechts sind überflüssig wie ein Kropf", sagt DMB-Chef Lukas Siebenkotten. Er findet es problematisch, dass Mieter zwar 100 Prozent zahlen müssten, die Wohnung dafür aber nicht zu 100 Prozent nutzen könnten, weil beispielsweise Heizung oder die Wasserversorgung nicht funktionieren. „Damit schafft die Bundesregierung ein ‚Grundrecht für Verbraucher‘ teilweise ab", empört sich Siebenkotten.
Auch an den Fehlern in den Nebenkostenabrechnungen dürfte sich durch den Beschluss nichts ändern. Beim Mieterschutzbund e.V. gehen im Schnitt pro Monat 500 Beschwerden über Betriebskostenabrechnungen ein, in den Monaten Januar und Dezember sind es sogar noch mehr, sagt Claus Deese, Geschäftsführer vom Mieterschutzbund. Und jede zweite Nebenkostenabrechnung ist falsch.
Mieter zahlen nicht für Rechenfehler
In diesem Fall hat der Mieter Glück: Vermieter müssen Mietnebenkosten künftig korrekt berechnen. Machen sie dabei Fehler, können sie weder höhere Vorauszahlungen verlangen, noch zahlungsunwillige Mieter auf Räumung der Wohnung verklagen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) so entschieden. Das bedeutet: Verlangt der Vermieter zu viel Geld oder Gebühren für etwas, das gemäß Betriebskostenverordnung nicht zu den Nebenkosten gehört, braucht der Mieter nicht zu zahlen. Gleiches gilt, wenn nicht klar ist, woraus die einzelnen Nebenkosten bestehen.
Falsche Kosten in der Abrechnung
Zu entscheiden hatte der BGH das, weil ein Vermieter aus Hoyerswerda zwei Mietern fristlos kündigte und mit einer Räumungsklage gegen sie vorging. Die Mieter hatten sich geweigert, die Abschlagszahlungen für falsch berechnete Nebenkosten zu zahlen. Gerade wegen dieses Urteils vom BGH, das die Rechte der Mieter stärkt, empfiehlt der Mieterschutzbund, die Abrechnungen genau zu prüfen. Die beliebtesten Abrechnungsfehler sind:
- falscher Abrechnungszeitraum
- Kosten für die Hausverwaltung
- Reparatur- und Renovierungskosten
Die beiden genannten Kosten dürfen nicht auf die Mieter umgelegt werden. Auch wenn der Hausmeister, dessen Gehalt die Mieter per se zahlen müssen, etwas repariert, hat die Reparatur auf der Nebenkostenabrechnung nichts zu suchen (BGH-Urteil, AZ: VIII ZR 27/07). Für die Überprüfung der Abrechnung haben Mieter im Regelfall zwei bis drei Wochen Zeit. Allerdings können sie laut Hamburger Mietverein sogar noch bis zu einem Jahr nach Erhalt der Abrechnung Einspruch erheben.
Schritt für Schritt-Kontrolle
Ein wichtiger Punkt ist der Abrechnungszeitraum. Der Hausbesitzer darf maximal zwölf Monate abrechnen. „Die Vermieter nehmen nicht immer den Abrechnungszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember, obwohl das am einfachsten wäre“, sagt Deese vom Mieterschutzbund. „Da kommt bei manchem elf Monate raus, bei manchem auch 13.“ Sollen für 13 Monate Heizung, Müllabfuhr und Wasser nachgezahlt werden, ist die Abrechnung falsch. Genauso wichtig ist die Einhaltung der Frist. Die Rechnung muss spätestens ein Jahr nach Ende des Abrechnungszeitraums im Briefkasten sein. Das heißt: Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 2011 müssen spätestens am 31. Dezember 2012 beim Mieter sein. Kommen sie zu spät, muss der Mieter eventuelle Nachforderungen nicht bezahlen.
Basisdaten überprüfen
Da es sich schlecht beweisen lässt, wann und wie die Mieter die Rechnung bekommen haben, musste sich der Bundesgerichtshof auch damit befassen (AZ: VIII ZR 107/08). Demnach ist der Poststempel ein wichtiges Indiz. Kann der Vermieter aber nicht beweisen, dass der rechtzeitig aufgegebene Brief auch rechtzeitig beim Mieter ankam, braucht der keine Nachzahlungen zu leisten. Nachdem geklärt ist, ob der Abrechnungszeitraum die zwölf Monate nicht überschreitet und ob die Rechnung pünktlich angekommen ist, gilt es, die Basisdaten zu checken. Nicht, dass die Wohnung in der Abrechnung ein paar Quadratmeter größer ist, als in der Realität. Die Basisdaten sind:
- die Gesamtkosten
- die Quadratmeter
- die Anzahl Mieter, auf die umgelegt wird
- die Kostentypen
In die Nebenkostenabrechnung gehören ausschließlich Kosten, die im Zusammenhang mit dem Gebäude entstehen. Kosten für die Erstellung der Abrechnung, Porto, Bankgebühren oder die Kosten der Hausverwaltung haben in den Abrechnungen nichts zu suchen. Genauso wenig wie Reparaturen oder Renovierungen. Es kann außerdem hilfreich sein, die neue mit den älteren Nebenkostenabrechnungen zu vergleichen. Gibt es große Differenzen, lohnt sich eine Nachfrage beim Vermieter.
Kosten müssen transparent sein
Besonders heikel ist der Punkt „Sonstiges“ in der Nebenkostenabrechnung. Diesen Punkt nutzen Hausbesitzer laut Mieterbund gerne als Sammelbecken für alle möglichen Kosten. Hinein gehören aber lediglich Kosten für Gemeinschaftseinrichtungen, die nicht unter einen der anderen Punkte wie Reinigung, Wartung, Wasser oder Heizung fallen. Egal, ob der Hausbesitzer die Instandhaltungskosten des hauseigenen Schwimmbads oder des Kinderspielplatzes weitergeben möchte: steht davon nichts im Mietvertrag, hat er schlechte Karten. Sollte der Vermieter übrigens jedes Jahr den gleichen Fehler in der Abrechnung machen, bleibt den Mietern nichts anderes übrig, als jedes Jahr wieder zu klagen (AZ: VIII ZR 185/09).
Ölpreis kompensiert geringen Energiebedarf
Die höchsten Kosten verursachen naturgemäß Wasser und Heizung. Dementsprechend gibt es auch am meisten Ärger mit diesen Posten. Für das Jahr 2011 dürfte die Heizkostenabrechnung aber nicht oder nur mäßig teurer ausfallen als die des Vorjahres. Zwar waren die Energiekosten im Jahr 2011 zum Teil deutlich höher als noch 2010, dafür war der Winter besonders mild. Laut der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, die aus Verbänden der Energiewirtschaft sowie Forschungsinstituten besteht, war 2011 einer der mildesten Winter der letzten 100 Jahre. Dementsprechend niedrig war der Energieverbrauch: Mit 13.374 Petajoule (PJ) oder rund 456 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE) erreichte der Primärenergieverbrauch in Deutschland 2011 den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung, teilte die Arbeitsgemeinschaft in ihrem Jahresbericht 2011 mit. Der Verbrauch verringerte sich gegenüber dem Vorjahr um mehr als fünf Prozent. Ein anderer Bericht zeigt, dass die Deutschen 2011 18 Prozent weniger heizen mussten als noch im Vorjahr.
Ölpreis frisst Energieeinsparungen
Nur für die Mieter, deren Wohnung mit Öl beheizt wird, ist das keine gute Nachricht. Bei Heizöl ist der Preis so stark gestiegen, dass er den geringeren Bedarf direkt auffrisst. Um fast 25 Prozent kletterte der Preis pro Liter. Wer also mit Öl heizt, hat vielleicht 18 Prozent weniger geheizt, zahlt aber 24,5 Prozent Kostensteigerung. Betroffene, die in einer 70 Quadratmeter-Wohnung leben, müssen sich auf Nachzahlungen zwischen 600 und 800 Euro einstellen. Allerdings ist die Höhe des Preises nicht alleine ausschlaggebend. Wenn der Vermieter die Abschlagszahlungen in den Vorjahren nicht angepasst hat, können mitunter saftige Nachzahlungen ins Haus geflattert kommen. Wer seit Jahren 20 Euro Nebenkosten zahlt, muss sich nicht wundern, wenn irgendwann einmal die Hammerrechnung kommt.
Nachhaken lohnt sich
Wer sich unsicher ist, ob es bei seiner Heizkostenabrechnung mit rechten Dingen zugeht, kann sich an den Mieterschutzbund wenden oder online überprüfen, ob die Höhe der Nachzahlung im Rahmen liegt.
Grundsätzlich muss der Vermieter darüber Auskunft geben, wie es zu den Kosten kommt, beziehungsweise warum die Kosten höher sind als im vergangenen Jahr. Sollten die eigenen Kosten die des Heizspiegels deutlich übersteigen, ist die Nachfrage beim Vermieter unumgänglich. Sollte der die Auskunft verweigern, muss der Mieter auch nicht zahlen.
Pflicht zur Wirtschaftlichkeit
Seit 2001, so erklärt Deese vom Mieterschutzbund, sind Vermieter gesetzlich dazu verpflichtet, wirtschaftlich zu handeln. Allerdings sei Heizöl nichts, wo sich dieses Gesetz gut anwenden lasse. Der Mieter kann den Vermieter nicht dazu zwingen, günstig Öl einzukaufen. „Es ist ja nicht mehr so, dass Öl im Sommer günstig und im Winter teuer ist, sagt er. Der Vermieter hat gar keinen richtigen Überblick, wann es wie viel kostet. Dafür sei der Preis von zu vielen Variablen abhängig.
Nicht das teuerste Unternehmen am Platz
Ist das Öl gerade günstig, die Tanks aber noch halbvoll, kauft er sogenannte Mindermengen – und zahlt drauf. Die Ersparnis pro Liter frisst dann der Zuschlag, den der Heizöllieferant bekommt. „Wir hatten letztes Jahr einen Fall, wo der Hausbesitzer für 97 Cent pro Liter eingekauft hat“, erzählt Deese. Im April 2012 kostete der Liter 88,3 Cent, was schon verhältnismäßig teuer ist. Dennoch habe der Mieterschutzbund in diesem Fall keine Handhabe gehabt. „Die 97 Cent waren zu dem Zeitpunkt der marktübliche Preis.“ Deutlich einfacher sei es, den Vermieter bei Versicherungen oder dem Hausmeisterdienst festzunageln, so Deese. Bei Hausmeistern oder Reinigungskräften kann man darauf achten, nicht das teuerste Unternehmen am Platz zu nehmen. „Wenn ein anderer für die gleiche Leistung weniger fordert, sollte diese Firma beschäftigt werden.“
In Metropolen achten Vermieter nicht auf Wirtschaftlichkeit
Besonders Vermieter im ländlichen Bereich, im ehemaligen Osten oder im Ruhrgebiet seien sehr auf Wirtschaftlichkeit bedacht. „Das liegt an den Leerständen in den Bereichen“, erklärt Deese. Wer seine Wohnungen nicht vermietet, muss die Kosten selber tragen. Das macht aufmerksam für die Einsparmöglichkeiten. Statt des Reinigungsunternehmens fegen die Mieter selbst und den Hausmeisterjob erledigt der Vermieter. „Wenn’s ans eigene Geld geht, funktioniert das.“ In Städten wir München oder Frankfurt, wo Vollvermietung herrsche, sehe es gleich ganz anders aus, so Deese. „Da geht’s nach dem Motto: Die Mieter zahlen das schon.“