Modelle im Vergleich Streit um Steuer für den Finanzmarkt

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Börsenumsatzsteuer / Stempelsteuer

Der Handelssaal der Deutschen Börse in Frankfurt am Main Quelle: dpa

Dort, wo es die Börsenumsatzsteuer bereits gibt, etwa in Belgien, Griechenland und Brasilien, wird sie im Wesentlichen auf den Aktienhandel an Börsen erhoben. Dagegen bleiben etwa Finanzgeschäfte mit an der Börse oder außerbörslich gehandelten Derivaten außen vor. Dem Ziel, die Spekulation an den Finanzmärkten einzudämmen, dient die Börsenumsatzsteuer demnach nicht. Anleger können die Steuer umgehen, indem sie an einen Finanzplatz ausweichen, an dem Börsenumsätze nicht besteuert werden.

1985 versuchte es Schweden mit dieser Steuer – und erlebte ein Fiasko. Statt der erhofften Steuereinnahmen von 165 Millionen Euro jährlich nahm Schweden nur neun Millionen Euro ein. Grund dafür war der Einbruch der Handelsumsätze um 85 Prozent bei festverzinslichen Wertpapieren und der fast vollständige Verlust des Terminhandels mit Futures und Optionen. Im Jahr 1992 schaffte Schweden die Steuer wieder ab.

Viele europäische Länder hatten in ihrer Geschichten schon einmal eine Börsenumsatzsteuer, zuletzt wurde sie in Italien und Frankreich 2008 wieder abgeschafft. Auch in Deutschland gab es seit 1948 eine Börsenumsatzsteuer, die aber mit dem Finanzmarktförderungsgesetz 1991 abgeschafft wurde.

Das britische Modell der „Stempelsteuer“

Die „Stempelsteuer“ konzentriert sich vor allem auf den Verkauf von Aktien und Optionsscheinen. Wer in Großbritannien Aktien verkauft, muss auf den Geldwert, den er dafür erhält, 0,5 Prozent Steuer zahlen. Wer also etwa Aktien verkauft, für die er eine Million Pfund an der Börse bekommt, zahlt 5000 Pfund „Stamp Duty“ - unabhängig vom Nennwert der Aktien. Der Handel mit vielen anderen Finanzprodukten ist von der Steuer nicht erfasst. So ist etwa das Riesenvolumen des Devisenhandels ausgenommen. Hier steht der Finanzplatz London für ein Drittel des weltweiten Aufkommens – ein Billionenbetrag.

Auch der Derivatehandel, von Finanzmarktkritikern als besonders spekulativ eingestuft, wäre nicht erfasst. So wären etwa auch die mutmaßlich betrügerischen Geschäfte eines Bankers der Schweizer Großbank UBS nicht Gegenstand der Steuer. Der verdächtigte Händler hatte die Bank mit Zocker-Geschäften um 2,3 Milliarden US-Dollar gebracht. Die Befürworter einer Finanztransaktionssteuer wollen aber genau diese spekulativen Handelsvolumina mit Hilfe der Steuer eindämmen. Das britische Institute for Fiscal Studies hatte schon im Jahr 2002 die Frage aufgeworfen, ob die „Stamp Duty“ nicht dazu führt, Investoren in spekulativere Handelsformen zu treiben, um Steuerlasten zu vermeiden. Im Steuerjahr 2008/2009 hatte Großbritannien 3,7 Milliarden Pfund über „Stamp Duty“ und „Stamp Duty Reserve Tax“ eingenommen. Nach offiziellen Schätzungen sollen die Einnahmen in den nächsten drei Jahren um ein Drittel steigen.

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