Nach Wirecard-Skandal Bafin soll mit Fachleuten für Wirtschaftsprüfung verstärkt werden

Bei der Bafin solle eine Taskforce aufgebaut werden, die nicht nur Befugnisse, sondern auch Kompetenz und Autorität hat, im Verdachtsfall einzuschreiten. Quelle: imago images

Nach den Fehlern im Wirecard-Skandal soll die Bafin mit Fachleuten für Wirtschaftsprüfung und Bilanzanalysen erweitert werden. Olaf Scholz präsentiert einen Sieben-Punkte-Plan zur Stärkung der Aufsicht.

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Als Folge des milliardenschweren Wirecard-Bilanzfälschungsskandals geht Bundesfinanzminister Olaf Scholz nun den Umbau der Finanzaufsicht Bafin an. Deren Chef Felix Hufeld hatte vergangenen Freitag seinen Rücktritt angekündigt und wird voraussichtlich im April die Leitung der Behörde und die Umsetzung der Reformen an seinen Nachfolger übergeben.

Die Finanzaufsicht Bafin soll nach Fehlern im Wirecard-Skandal mit Fachleuten für Wirtschaftsprüfung und Bilanzanalyse verstärkt werden. Sie müsse künftig jederzeit in der Lage sein, auf konkrete Hinweise zu Unregelmäßigkeiten wirksam zu reagieren – das sei bisher nicht immer der Fall gewesen, sagte Finanzstaatssekretär Jörg Kukies am Dienstag in Berlin. „Es ist unbestritten, dass Fehler gemacht wurden.“

Die Spezialisten sollen etwa für die Überwachung von Unternehmen mit komplexen Strukturen zuständig sein. Außerdem solle eine Taskforce aufgebaut werden, die nicht nur Befugnisse, sondern auch Kompetenz und Autorität hat, im Verdachtsfall einzuschreiten. Die Bafin müsse künftig auf Augenhöhe mit Bilanzrechtsexperten agieren können, sagte Kukies. Auch Hinweise von Analysten, sogenannten Shortsellern und Journalisten sollten ernster genommen werden.

„Ich will eine Finanzaufsicht mit Biss und eine harte Kontrolle der Finanzmärkte“, sagte Scholz in Berlin bei der Vorstellung seines Sieben-Punkte-Plans zur Stärkung der Aufsicht. Der Bundesfinanzminister will die Führungspersonalien für die in der Kritik stehende Aufsichtsbehörde BaFin zügig klären. „Wir suchen gewissermaßen weltweit nach der besten Führung für die BaFin – Mann oder Frau“, sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Berlin. Eine Frist nannte er nicht. Die neue Führung müsse nach dem Wirecard-Bilanzskandal für den nötigen Aufbruch sorgen. Mit den Personalien müsse der Anspruch verbunden sein, sich mit allen Aufsichtsbehörden der Welt messen zu können, idealerweise die beste sein.

von Saskia Littmann, Cornelius Welp, Lukas Zdrzalek

Als zentrale Aufsichtsbehörde der Finanzwirtschaft steht die Bafin seit Bekanntwerden von milliardenschweren Luftbuchungen bei der mittlerweile insolventen Wirecard AG im vergangenen Jahr in der Kritik. Ihr wird vorgeworfen, Verdachtsmeldungen nicht hinreichend nachgegangen zu sein und mit einem Leerverkaufsverbot im Jahre 2019 Wirecard noch gestützt zu haben.

Im Zuge des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum womöglich größten deutschen Wirtschaftsskandal seit 1945 geriet Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der für die SPD als Kanzlerkandidat antritt, in den vergangenen Wochen zunehmend unter Handlungsdruck. Im Rahmen der Ermittlungen des Ausschusses waren zuletzt Fehleinschätzungen der Bafin-Spitze bekannt geworden sowie Insiderhandel eines ehemaligen Mitarbeiters der Aufsicht. Die Anstalt untersteht der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen.

Der Umbau der Bafin soll folgende Punkte umfassen:

- Für die Kontrolle komplexer Unternehmen soll eine „Fokusaufsicht“ geschaffen werden, die alle Geschäftsbereiche umfasst und Unternehmen enger beaufsichtigt als bisher.

- Eine „forensisch geschulte Taskforce“ soll der Bafin künftig erlauben, Ad-hoc- und Sonderprüfungen in Eigenregie durchzuführen.

- Das Bilanzkontrollverfahren wird reformiert, die Bafin erhält „erheblich gestärkte Zugriffsrechte und mehr kompetentes Personal“.

- Der Austausch mit Marktteilnehmern und die Erkenntnisse von Whistleblowern sollen „systematisch erfasst und ausgewertet werden“.

- Mit Verbraucher- und Anlegerschützern soll „regelmäßig und intensiv der Austausch gesucht werden“.

- Die künftige Bafin-Spitze erhält mehr Verantwortung in Fragen der zentralen Steuerung der BaFin.

- Eine zentrale Data Intelligence Unit und ein digitales Aufseher-Cockpit sollen das Rückgrat einer IT-getriebenen Aufsicht des Finanzsektors bilden.

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Bereits im vergangenen Jahr legte die Bundesregierung einen Aktionsplan vor, der vorsieht die Bafin zu stärken, um es den Aufsehern zu ermöglichen, bei Verdachtsfällen eigenständiger und proaktiver vorgehen zu können.

Mehr zum Thema: Um den Job der Bafin-Leitung bestmöglich ausüben zu können bedarf es einiger Eigenschaften – viele beginnen mit „un“. Was die Nachfolgelösung von Behördenchef Felix Hufeld können muss.

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