Wie sich die Wahl der Steuerklasse konkret auswirkt, zeigt ein Beispiel: Verdienen zwei kinderlose Angestellte (voll sozialversicherungspflichtig und gesetzlich krankenversichert) in Nordrhein-Westfalen zusammen 100.000 Euro brutto im Jahr, wovon ein Partner 20.000 Euro, der andere aber 80.000 Euro verdient, ergeben sich große Unterschiede je nach gewählten Steuerklassen. Würde der Besserverdienende die Steuerklasse III, der Geringverdiener die Steuerklasse V wählen, läge die laufende Lohnsteuer rund 1750 Euro unter der später fälligen Einkommensteuer (je nach individuellen Werbungskosten oder sonstigen steuerlich relevanten Posten kann das Ergebnis aber deutlich anders aussehen). Würden sie hingegen die eher unlogische Variante wählen, und den Geringverdiener in Steuerklasse III führen lassen, hätten sie laufend über 6000 Euro im Jahr zu viel an Steuer gezahlt.
Keine Pflicht zur Steuererklärung für Steuerklassen IV / IV
Wegen dieser oft sehr großen Abweichungen bei der Kombination von Steuerklasse V und III zwischen laufender Lohnsteuer und der später festgesetzten Einkommensteuer, führt die Wahl dieser Steuerklassen auch immer zur Pflicht, eine Steuererklärung abzugeben. Bei Steuerklasse IV ist das anders: Grundsätzlich sind Angestellte dann nicht verpflichtet, eine Steuererklärung einzureichen. Gleiches gilt auch für Alleinstehende, die mit Steuerklasse I geführt werden. Bestimmte andere Umstände, etwa hohe sonstige Bezüge, können aber auch in solchen Fällen zur Abgabepflicht führen.
Wollten die Beispiel-Ehepartner ihre spätere Einkommensteuer möglichst genau treffen und sich vor Überraschungen schützen, könnten sie Steuerklasse IV mit Faktor wählen. Die Differenz zwischen laufender Lohnsteuer und späterer Einkommensteuer läge dann nur bei etwa 20 Euro.
Verdienen beide Ehepartner hingegen ähnlich viel, führen die unterschiedlichen Steuerklasse-Alternativen kaum zu nennenswerten Unterschieden. Verdient ein Ehepartner etwa 50.000 Euro brutto im Jahr, der andere 60.000 Euro, lägen die verschiedenen Varianten dicht beieinander. Einzig wenn der etwas geringer verdienende Partner die Steuerklasse III bekäme, der andere die Steuerklasse V (also erneut die eher unlogische Aufteilung), würde der laufende Lohnsteuerabzug zu etwa 1200 Euro zu viel an gezahlter Steuer führen.
Der Antrag auf Steuerklassenwechsel ist an das zuständige Finanzamt zu richten. Das Formular finden Sie im Internet unter www.formulare-bfinv.de – Unterpunkte Steuern und dann Lohnsteuer („Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“).
Übrigens: Paare, die sich trennen, müssen dem Finanzamt dies in einer "Erklärung zum dauernden Getrenntleben" auch mitteilen und bekommen dann wieder je die Steuerklasse I. Entscheidend ist nämlich nicht eine rechtskräftige Scheidung - die vielleicht erst Jahre später erfolgt -, sondern das Ende der häuslichen Gemeinschaft. Kommt es zur Versöhnung, und ziehen beide wieder in einen gemeinsamen Haushalt, können sie wieder zurück wechseln. Auch dafür gibt es ein Extra-Formular: "Erklärung zur Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft/der Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz". Dann können beide wieder zwischen den Kombinationen III/V und IV/IV wählen. Auch diese Erklärung sollte bis zum 30.November erfolgen, damit sie für das gesamte Jahr greift.
Wer muss eine Einkommensteuererklärung machen?
Alleinstehende Arbeitnehmer, die nur bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, müssen in der Regel keine Steuererklärung abgeben. Das ändert sich, wenn ...
- wenn Nebeneinkünfte von mehr als 410 Euro pro Jahr erzielt wurden.
- der Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern gleichzeitig beschäftigt ist oder war.
- keine Einkünfte aus einer Arbeitnehmertätigkeit mit Lohnabzug erzielt wurden, aber der Gesamtbetrag der Einkünfte bei einem Ledigen im Jahr 2016 beispielsweise durch eine Rente über 8.652 Euro liegt.
- Lohnersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- und Elterngeld über 410 Euro pro Jahr bezogen wurden.
- auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag eingetragen wurde (– beispielsweise ein Freibetrag für Werbungskosten) und der Arbeitslohn über11.000 Euro liegt (20.900 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten)
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und einer der Ehegatten nach der Steuerklasse V oder VI besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und die Ehegatten nach dem sogenannten Faktorverfahren besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer nacheinander bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt war und ein Arbeitgeber einen sonstigen Bezug (beispielsweise Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Abfindungen) versteuert hat, bei dem der Arbeitslohn beim anderen Arbeitgeber nicht mit einbezogen wurde.
- der Arbeitnehmer geschieden wurde – oder der Ehegatte gestorben ist – und er im gleichen Jahr wieder geheiratet hat.
- zum Ende des Vorjahres ein sogenannter Verlustvortag festgestellt wurde – beispielsweise Verluste aus Vermietung und Verpachtung.
Mehr Elterngeld durch Wechsel
Normalerweise bringt der Wechsel der Steuerklasse nur einen temporären Vorteil, der spätestens mit Steuererklärung und Steuerbescheid wieder korrigiert wird. Dauerhaft mehr Geld bringt die richtige Steuerklasse jedoch bei Lohnersatzleistungen, deren Höhe an das Nettogehalt geknüpft ist, wie Arbeitslosengeld, Krankengeld, Mutterschaftsgeld und Elterngeld. Meist lohnt es sich für Eltern, die zum Beispiel Elterngeld beziehen wollen, dass der Elternteil mit längerer Elternzeit die Steuerklasse III bekommt. Eine gesetzliche Änderung hat hier jedoch dazu geführt, dass sie sehr früh ihre Steuerklassen wechseln müssen, damit diese neue Steuerklassen bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes auch wirklich berücksichtigt werden. Mütter müssen die Steuerklasse jetzt wenigstens sieben Monate vor Start des Mutterschutzes, Väter wenigstens sieben Monate vor Geburt des Kindes gewählt haben.
In der Praxis hat es gar schon Fälle gegeben, wo werdende Mütter ihre Schwangerschaft erst so spät bemerkten, dass es für den Wechsel der Steuerklasse schon zu spät war.