Panama Papers Mehrere tausend Deutsche sollen Briefkastenfirma genutzt haben

Nach den Enthüllungen über Briefkastenfirmen haben in mehreren Staaten Untersuchungen begonnen. Ob die über Steueroasen abgewickelten Finanzgeschäfte Recht und Gesetz verletzt haben, ist noch unklar.

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Mossack Fonseca verteidigt sein Geschäftsmodell. Quelle: dpa

Mehrere tausend Deutsche sollen nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ Briefkastenfirmen der panamaischen Anwaltskanzlei genutzt haben. „Als Vermittler traten dabei nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Banken auf“, berichtet die Zeitung unter Berufung auf die am Sonntag bekannt gewordenen „Panama Papers“.

Mindestens 28 deutsche Banken sollen laut Medienbericht in den vergangenen Jahren die Dienste dieser Kanzlei genutzt haben. Insgesamt hätten allein die deutschen Banken bei dem Offshore-Dienstleister mehr als 1200 Briefkastenfirmen gegründet oder diese für ihre Kunden verwaltet. Gut 500 Banken hätten den Dokumenten zufolge in den vergangenen Jahren mithilfe der Kanzlei mehr als 15.600 Briefkastenfirmen an ihre Kunden vermittelt.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will mit einem „Transparenzregister“ für Briefkastenfirmen auf die neuen Enthüllungen über Finanzgeschäfte in Steueroasen reagieren. „Die Heimlichtuerei muss ein Ende haben“, sagte Maas „Süddeutschen Zeitung“, dem NDR und dem WDR. Der Minister sieht darin einen wichtigen Bestandteil im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Terrorismusfinanzierung. Um Briefkastenfirmen aus der Anonymität zu holen, will Maas das deutsche Geldwäschegesetz ergänzten.

Die Köpfe der Panama-Connection
Emma WatsonIn der Vergangenheit glänzte die britische Schauspielerin Emma Watson in den Harry-Potter-Filmen als charmante und äußerst begabte Hermine Granger. Nun taucht der Name der britischen Schauspielerin in Verbindung mit den „Panama Papers“ auf. Medienberichten zufolge soll sie eine Wohnung über eine Briefkastenfirma gekauft haben. Ihr Sprecher bestätigte gegenüber „The Spectator“, dass Watson eine im Datensatz erwähnte Firma gegründet habe – dabei gehe es allerdings um den Schutz der Privatsphäre, da britische Firmen die Namen ihrer Teilhaber und Anteilseigner veröffentlichen müssten. Finanzielle Vorteile habe sie dadurch nicht gehabt, so der Sprecher. Quelle: AP
Malcolm Turnbull Nach der Veröffentlichung der Rohdaten der „Panama Papers“ werden Vorwürfe gegen Malcolm Turnbull laut. Der amtierende australische Ministerpräsident soll früher Direktor einer Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln gewesen sein, heißt es in den Unterlagen. Turnbull und sein Sprecher wiesen die Vorwürfe zurück – beim bereits bekannten Vorgang seien keine „Unregelmäßigkeiten“ aufgetreten. Quelle: dpa
Sigmundur David GunnlaugssonEr ist der erste, der nach den Enthüllungen der Panama Papers zurück getreten ist. Der isländische Premierminister Sigmundur David Gunnlaugsson soll bis Ende 2009 zusammen mit seiner heutigen Ehefrau eine Briefkastenfirma besessen haben, in der unter anderem Anleihen wichtiger isländischer Banken deponiert waren. Gunnlaugsson hatte vor seinem Rücktritt den Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson um Erlaubnis gebeten, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Grímsson wollte die Erlaubnis aber zunächst nicht erteilen, sondern erst mit der Unabhängigkeitspartei sprechen, Gunnlaugssons Regierungspartner. Zuvor hatten Tausende Isländer gegen Gunnlaugsson protestiert. Die Unterlagen sollen Informationen über eine Offshore-Firma auf den Britischen Jungferninseln enthalten, die Gunnlaugssons Frau gehört. Der Politiker wies die Vorwürfe zurück. Quelle: REUTERS
Mauricio MacriDer frisch gewählte argentinische Ministerpräsident ist der Hoffnungsträger des wirtschaftlich angeschlagenen Landes. Doch die Mossack-Dokumente könnten für Mauricio Macri nun zum Stolperstein werden. Eine Stellungnahme hat Macri zu den Vorwürfen nicht abgegeben. Lediglich sein Sprecher Ivan Pavlovsky hat den Vorwürfe widersprochen. Der Präsident hätte an der betrügerischen Offshore-Firma keinen Anteil gehabt. Die Firma verfolge Interessen in Brasilien und hätte eine Verbindung zu den Familiengeschäften. Deshalb sei Macri auch der Direktor der Firma. Schwer vorstellbar, dass Macri als Direktor keine Ahnung über die Machenschaften der Offshore-Firma gehabt habe. Quelle: AP
Petro PoroschenkoSollten die Vorwürfe stimmen, dürfte es auch für Ukraines Ministerpräsident Petro Poroschenko unangenehm werden. Eigentlich wollte sich der Oligarch von seinem Schokoimperium trennen, nachdem er zum Präsidenten des vom Krieg mit Russland zerrütteten Landes geworden ist. Doch die Mossack-Dokumente zeichnen nun ein anderes Bild. Während in der Ostukraine seine Soldaten starben, gründete er laut der „Süddeutschen Zeitung“ in Panama die Briefkastenfirma „Prime Asset Partners Limited“, in die die zyprischen und ukrainischen Firmen von Poroshenkos Roshen-Gruppe überführt wurden. Die Gründung der Briefkastenfirma wurde nicht öffentlich gemacht. Quelle: REUTERS
Bjarni BenediktssonNicht nur der Ministerpräsident Islands ist in die Briefkastenaktivitäten verwickelt. Auch der isländischen Finanzminister steht in den geleakten Dokumenten. Der aus einer der reichsten Familien Islands stammende Politiker hält 33 Prozent an der Briefkastenfirma „Falson & Co.“, die 2005 in den Seychellen gegründet wurde. Auch nachdem er 2009 ins Parlament einzog, meldete Benediktsson die Firma nicht an. Der Minister bestreitet die Vorwürfe. Zum einen soll er nicht gewusst haben, dass die Firma auf den Seychellen registriert war, zum anderen sei die Firma steuerlich gemeldet gewesen. Komplettiert wird das betrügerische Dreigestirn in Island durch die Innenministerin Olöf Nordal, die zusammen mit ihrem Ehemann in Panama die Firma „Dooley Securities“ gegründet hat. In Island ist die Wut auf die Politiker groß. Es finden auf den Straßen bereits erste Proteste statt. Quelle: AP
Ian CameronDer 2010 verstorbene Vater des britischen Premierministers David Cameron (links) ist mit Aktiengeschäften und als Investor zu großem Reichtum gelangt. Die nun veröffentlichten Panama-Papers zeigen nun, dass er es mit der Versteuerung seines Vermögens nicht ganz so genau genommen hat. Ian Cameron soll mithilfe seiner 1999 gegründeten Firma auf den Bahamas Steuern hinterzogen haben. David Cameron hat zu den Vorwürfen gegen seinen Vater keine Stellungnahme abgegeben. Quelle: dpa

Maas hat laut Medienberichten zufolge diese Ergänzung bereits vor einem Monat in der Regierung vorgeschlagen. Unter Berufung auf Regierungskreise schreibt das Blatt, damit solle von Deutschland aus ein Signal an die EU und andere internationale Organisationen gesetzt werden.

Die französische Justiz hat nach den Enthüllungen Vorermittlungen eingeleitet. Es gehe um den Verdacht auf Geldwäsche im Zusammenhang mit schwerem Steuerbetrug, sagte ein Sprecher der nationalen Finanz-Staatsanwaltschaft. Die Ermittler untersuchen dabei nur Fälle, in denen französische Steuerpflichtige betroffen sein könnten. Wie viele dies sind, sei bislang nicht klar, so der Sprecher.

Zuvor hatten bereits die Behörden in mehreren Staaten Untersuchungen eingeleitet. Panamas Staatschef Juan Carlos Varela sagte volle Kooperation seines Landes bei der Aufklärung zu. Die Staatsanwaltschaft Panamas leitete Ermittlungen zu den Vorwürfen ein. Ermittlungen oder Prüfungen gab es in zudem in Australien, Israel, Spanien, den Niederlanden, Indien und der Schweiz.

Argentiniens Staatschef Mauricio Macri sieht keine Anhaltspunkte für eigene Steuervergehen. Macris Name erscheint in den Unterlagen. Macri habe keine Beteiligung als Aktionär an der Firma gehabt und sei deshalb auch nicht verpflichtet gewesen, die von ihm angenommene Rolle als Direktor in seinen Steuererklärungen zu erwähnen, heißt es in einer verbreiteten Erklärung des Präsidialamtes.

Die 1998 gegründete und 2009 wieder geschlossene Firma sei Teil der Familien-Holding gewesen, die von Franco Macri, dem Vater des Präsidenten, geführt werde. Franco Macri habe entsprechend auch Fleg Trading in seine Steuererklärungen aufgenommen.

Franco, Mauricio und dessen Bruder Mariano Macri waren nach den „Panama Papers“ die Direktoren der Offshore-Firma. Mauricio Macri war Bürgermeister von Buenos Aires von 2007 bis zu seiner Wahl zum Präsidenten Ende 2015. Oppositionspolitiker forderten am Montag, das Macri öffentlich Stellung zu dem Fall nimmt.

Der argentinische Anwalt des Fußballstars Lionel Messi, Enrique Bacigalupo, wollte sich auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nicht zu Berichten der Sportpresse in Barcelona äußern. Diesen Berichten zufolge will der Fußballstar angeblich Medien verklagen, die seinen Namen im Zusammenhang mit der Affäre um die „Panama Papers“ genannt haben.

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