Panama Papers Mehrere tausend Deutsche sollen Briefkastenfirma genutzt haben

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Österreichs Bundeskanzler fordert schnelle Aufarbeitung

Politiker in Europa fordern nach den neuen Enthüllungen ein härteres Vorgehen gegen Steuerflucht und Geldwäsche. Aus den unter anderem von der „Süddeutschen Zeitung“ ausgewerteten Dokumenten soll hervorgehen, dass zahlreiche Politiker, Sportler und Prominente ihr Geld in Offshorefirmen geparkt haben. „Wir müssen Briefkastenfirmen und Stiftungen, deren wirtschaftlich Berechtigte anonym bleiben, weltweit verbieten“, sagte SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel der "SZ". Ein Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin und Prominente aus anderen Staaten wehrten sich unterdessen gegen Beschuldigungen.

Die „SZ“ will die brisanten Daten nicht den ermittelnden Behörden übergeben, sagte Reporter Frederik Obermaier der Deutschen Presse-Agentur. Unklar blieb einen Tag nach der Veröffentlichung, ob die mit einem Datenleck bekanntgewordenen Geschäftstätigkeiten unrechtmäßig sind. Die Deutsche Bank und die Hamburger Privatbank Berenberg bestätigten zwar Geschäfte im Zusammenhang mit Briefkastenfirmen im Ausland. Zugleich betonten sie aber die Rechtmäßigkeit der Vorgänge.

Diese Banken sind in die Panama-Affäre verwickelt
Ein internationales Recherchenetzwerk hat Daten der Kanzlei „Mossack Fonseca“ aus Panama ausgewertet, die sogenannten Offshore-Firmen in Steueroasen registriert. Im Auftrag von Banken hat die Kanzlei für viele Kunden solche Konstrukte angelegt, die oftmals der Steueroptimierung dienen. Laut Georg Mascolo, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung seien auch deutsche Banken in die Geschäfte verwickelt. Er sagte am Sonntagabend: „Wenn Sie mich fragen würden, welche der deutschen Banken eigentlich nicht dabei gewesen ist, Kunden zu helfen, zu „Mossack Fonseca“ zu gehen, müsste ich lange nachdenken, ob mir überhaupt eine einfällt. “ Die Commerzbank hatte beispielsweise im vergangenen Jahr bereits 17 Millionen Euro Bußgeld wegen umstrittener Geschäfte in Panama und Luxemburg gezahlt. Quelle: dpa
Die Funktionsweise von Mossack Fonsecas Geschäft: Für nur wenige Tausend Dollar bekommt der Kunde eine anonyme Firma. Die Kanzlei stattet die Firma mit Scheindirektoren aus und verschleiert damit den wahren Eigentümer. Dieses Geschäftsmodell ist moralisch zweifelhaft, sie sind aber nicht per se illegal. Der ausgewertete Datensatz zeigt, welche Institute über die Kanzlei in Panama die meisten Schattenfirmen registrierten. Auf Platz 10 landet die Investmentbank Rothschild, eine Tochtergesellschaft des Unternehmens registrierte für seine Kunden 378 Offshore-Unternehmen. Quelle: ICIJ Quelle: dpa
Die Landsbanki Luxembourg ließe den Daten zufolge 404 Schattenfirmen registrieren. Quelle: dpa
Die Luxemburg-Tochter der französischen Großbank Société Générale hat 465 Offshore-Unternehmen für seine Kunden registriert. Quelle: REUTERS
Die britische Privatbank kommt auf eine Zahl von 487 Schattenfirmen, die für ihre Kunden registriert wurden. Quelle: REUTERS
Die Schweizer Großbank UBS ließ im Auftrag seiner Kunden 579 Schattenfirmen registrieren. Quelle: REUTERS
Die Schweiz-Tochter der britischen Großbank HSBC wickelte Deals mit 733 Schattenfirmen ab. Fasst man alle HSBC-Töchter zusammen, landet die britische Bank sogar auf Rang 1 der Geschäftspartner von Mossack Fonseca – mit mehr als 2.300 registrierten Firmen. Quelle: dpa

Thomas Eigenthaler, Chef der Steuergewerkschaft, sagte am Montag: „Panama ist erst die Spitze des Eisbergs. Der internationale Datenaustausch ist zwar ein guter Anfang, aber nicht genug. Alle Staaten müssen an einem Strang ziehen. Die Oasenproblematik löst sich nicht von heute auf morgen.“ Er fordert außerdem eine Beweisumkehr für Offshore-Firmen. „Nicht das Finanzamt sollte die Schuld nachweisen müssen, sondern der Betroffene, der Offshore-Firmen betreibt, sollte seine Unschuld beweisen müssen.“ Aus seiner Sicht ist die Wahrscheinlichkeit, dass etwas nicht Illegales mit Offshore-Firmen abgewickelt wird, bei 0,1 Prozent. „Das Risiko sollte nicht nur dem Fiskus aufgebürdet werden, sondern auch dem Betroffenen.“

Gabriel sagte zu den Enthüllungen, eine Geldgier von Superreichen verbinde sich mit Gewissenlosigkeit im Banken- und Finanzsektor. „Beides zerstört das Vertrauen in den Rechtsstaat“, sagte er. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) forderte eine rigorose Aufarbeitung. „Wenn Staaten um gerechte Einnahmen aus dem Vermögen jener, die es sich richten können, durch solche Konstruktionen gebracht werden, muss es klare Antworten geben“, teilte Faymann mit. EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici begrüßte die Medienenthüllungen als „exzellente Nachricht“.

Die in den „Panama Papers“ genannten Unternehmen sollen zum Teil von der Kanzlei Mossack Fonseca gegründet worden sein. Die Kanzlei wehrt sich gegen Vorwürfe und hält die Abschöpfung der Daten für strafbar. Ramón Fonseca Mora, Teilhaber der Kanzlei, sagte im Fernsehsender TVN, sein Unternehmen helfe nicht bei Geldwäsche oder Steuerhinterziehung. Mossack Fonseca gründe lediglich Firmen und verkaufe sie dann an Banken, Vermögensverwalter oder Anwälte. Eine Geschäftsbeziehung zu den Endkunden bestehe nicht. Ramón Fonseca Mora führt die Kanzlei gemeinsam mit dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack.

Die Opposition in Island forderte den Rücktritt von Premierminister Sigmundur Gunnlaugsson. Der Politiker soll nach den Berichten gemeinsam mit seiner späteren Frau Anteilseigner einer Firma namens Wintris Inc. auf den Britischen Jungferninseln geworden sein. Dorthin sollen Millionen Dollar geflossen sein, die Gunnlaugssons Partnerin von ihrem Vater geerbt hatte.

Auf das Thema angesprochen, verließ der liberale Politiker eine am Sonntagabend im isländischen Fernsehen ausgestrahlte Sendung, die bereits am 11. März aufgenommen worden war. Am Montag entschuldigte er sich dafür, sich bei dem Interview „furchtbar“ verhalten zu haben. „Natürlich wünschte ich, meiner Frau würde diese ausländische Firma nicht gehören.“ Einen Rücktritt lehnte er ab.

Der Kreml wertet die Veröffentlichung der „Panama Papers“ als Versuch, Putin zu diskreditieren. Putin komme aber in dem Datenmaterial über Offshore-Firmen gar nicht vor, sagte dessen Sprecher Dmitri Peskow. Nach Angaben des journalistischen Rechercheverbunds ICIJ tauchen in den „Panama Papers“ Namen aus Putins Umfeld auf. Mit deren Firmen seien Geschäfte über mehr als zwei Milliarden US-Dollar (1,75 Mrd. Euro) verbunden. Putin selber werde nicht genannt.

Das ukrainische Antikorruptionsbüro wird aufgrund der „Panama Papers“ nicht gegen Präsident Petro Poroschenko ermitteln. Er soll den Berichten zufolge 2014 seinen Süßwarenkonzern juristisch auf die Britischen Jungferninseln verlegt haben. „Gemäß den geltenden Gesetzen gehört der Präsident nicht zur Liste der Funktionsträger, gegen die das Büro Ermittlungen aufnehmen kann“, erklärte die Behörde der Onlinezeitung strana.ua.

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