Prokon-Insolvenz "Anleger könnten komplett leer ausgehen"

Das Amtsgericht Itzehoe hat das Prokon-Insolvenzverfahren eröffnet. Im Interview erklärt Insolvenzexperte Detlef Specovius, wie es mit dem Unternehmen weitergeht und was jetzt auf Prokon-Anleger zukommt.

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Detlef Specovius ist Partner der Kanzlei Schultze & Braun und hat 20 Jahre Erfahrung als Insolvenzverwalter und Restrukturierer. Der Insolvenzrechtler ist Spezialist für Eigenverwaltung und Insolvenzpläne und war unter anderem an der Sanierung von Unternehmen wie SinnLeffers und SaarGummi beteiligt.Copyright: Schultze & Braun Quelle: Presse

Herr Specovius, über den umstrittenen Windparkfinanzierer Prokon wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Was heißt das?

Detlef Specovius: Zunächst einmal bedeutet die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, dass das vorläufige Verfahren zu Ende ist, das lief, seit Prokon am 22. Januar den Insolvenzantrag gestellt hatte. Allgemein gilt: Wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, übernimmt der Insolvenzverwalter die Kontrolle über das Unternehmen und führt den Geschäftsbetrieb in der Regel zunächst bis zum Berichtstermin fort. Zudem prüft er die Sanierungsoptionen und -chancen, und verhandelt mit Interessenten, die das insolvente Unternehmen übernehmen wollen. Das Unternehmen muss die Löhne und Gehälter ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wieder selbst bezahlen, da der Zeitraum vorbei ist, in dem die Mitarbeiter das sogenannte Insolvenzgeld erhalten. Es ist möglich, dass der Insolvenzverwalter bereits unmittelbar nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Personalabbau oder die Schließung von Standorten verkündet – allerdings ist dies nicht zwingend der Fall.

Wie geht es jetzt weiter?

Der nächste wichtige Termin ist der erste sogenannte Berichtstermin. Er findet in der Regel in einem Zeitraum von sechs Wochen bis maximal drei Monaten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens statt. Bestandteil ist der Bericht des Insolvenzverwalters. Er informiert die Gläubiger zum Beispiel über den bisherigen Ablauf des Verfahrens und die wirtschaftliche Lage des Schuldners. Anschließend treffen die Gläubiger formale Entscheidungen – sie bestätigen etwa den Insolvenzverwalter, wählen einen Gläubigerausschuss – und treffen Entscheidungen zum weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens und zur Zukunft des Unternehmens. Konkret bedeutet dies, dass die Gläubiger auch darüber entscheiden, ob der Geschäftsbetrieb des insolventen Unternehmens fortgeführt wird oder nicht.

Muss der Insolvenzverwalter auch Ansprüche gegen den früheren Geschäftsführer Carsten Rodbertus prüfen?

Ja, der Insolvenzverwalter ist im Interesse der Gläubiger dazu verpflichtet, auch Ansprüche gegen den früheren Geschäftsführer von Prokon zu prüfen und gegebenenfalls durchzusetzen.

Prokon hat sich vor allem über so genannte Genussscheine finanziert, die von Anlegern gezeichnet wurden. Wie stehen die Chancen, dass die Anleger ihr Geld zumindest teilweise zurückbekommen?

Da die Genussrechte sehr wahrscheinlich eigenkapitalnah sind, erhalten die Anleger bei einem Verkauf der Vermögenswerte im Rahmen einer so genannten übertragenden Sanierung nur dann Geld, wenn alle anderen Forderungen zu 100 Prozent bedient wurden. Das ist aber in der Regel nicht der Fall. Die Konsequenz: Die Anleger dürften dann nur einen geringen Teil ihres investierten Kapitals wiedersehen oder im Extremfall sogar komplett leer ausgehen.

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