Auch Anette Frey*, 55, aus Kaiserslautern, kam so an ihr Geld. Als ihre Tante im September 2011 starb, rechnete sie nicht damit, etwas zu erben. Laut Testament sollte ein Ehepaar, das die alte Dame zeitweise gepflegt hatte, das Erbe antreten. Als Frey kurz nach der Testamentseröffnung erfuhr, wie der letzte Wille ihrer Tante zustande gekommen war, wurde sie jedoch misstrauisch. Ihr 2010 verstorbener Onkel – der Ehemann der Tante – hatte 2008 das Testament aufsetzen lassen. Seine Frau war seinerzeit aber bereits pflegebedürftig und lag im Wachkoma. Aus Sorge, sie bliebe unversorgt, falls er sterbe, hatte der Onkel das Ehepaar als Erben eingesetzt. Er hoffte, dass es sich um die gebrechliche Dame kümmern würde. Die Zustimmung der Frau zum Testament wurde beim Notartermin lediglich anhand des Blinzelns ihrer Augen abgelesen, obwohl sie gar nicht in der Lage war, sich so zu verständigen.
Zunächst versuchte sich die Nichte der Verstorbenen mit den durch das umstrittene Testament eingesetzten Erben zu einigen. Die früheren Pflegekräfte beharrten jedoch auf ihrem Anspruch. Schließlich ließ die geprellte Erbin das Testament durch ihren Anwalt anfechten. Es ging um geschätzte 330.000 bis 410.000 Euro. Da sie aber die Prozesskosten von bis zu 75.000 Euro scheute, falls sie vor Gericht verlieren sollte, schaltete sie den Prozessfinanzierer Foris ein. Nachdem ein Arzt den schlechten Gesundheitszustand der Tante bestätigte, fügten sich die Erben im Januar dieses Jahres in das Anerkenntnisurteil des Gerichts zugunsten der Nichte. Foris übernahm die Prozesskosten und bekam im Gegenzug 30 Prozent des Erbes.
Es geht auch günstiger als bei einem Prozessfinanzierer. Mediatoren und kommunale Schiedsämter helfen schon für deutlich weniger Geld – ganz ohne Prozess. Mediatoren sind derzeit gefragt, weil Rechtsschutzversicherer ihre Kunden zu außergerichtlichen Einigungen drängen, um Kosten zu vermeiden. Zudem schreibt das 2012 eingeführte Mediationsgesetz Klägern vor, in ihrer Klageschrift anzugeben, warum eine außergerichtliche Einigung nicht möglich war oder gescheitert ist. Die Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten einer Mediation – allerdings mit Einschränkungen. Die meisten Anbieter deckeln die Gesamtkosten: Allrecht, Arag, DMB, HDI und WGV beispielsweise bei 1500 Euro.
Wie sich Anwalts- und Gerichtskosten steuerlich absetzen lassen
Kläger dürfen Zivilprozesse nicht mutwillig oder ohne Aussicht auf Erfolg lostreten. Nach neuester Rechtsprechung muss ein Prozess für den Kläger nicht existenziell wichtig sein, um die Kosten absetzen zu können.
Hängen die Kosten für einen Prozess direkt mit dem Job zusammen, lassen sie sich als Werbungskosten absetzen. Das gilt beispielsweise bei Rechtsstreitigkeiten mit dem Arbeitgeber.
Beim Zoff im Mietshaus, beispielsweise um Mängel in der Wohnung, kann der Vermieter die vollen Kosten eines Rechtsstreits als Werbungskosten absetzen. Der Mieter dagegen kann seine Auslagen für Anwalt und Gericht nur als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Nachteil: Er muss sich eine zumutbare Eigenleistung anrechnen lassen, die vom Einkommen abhängt
Bei Konflikten ums Erbe gibt es keinen Bonus bei der Einkommensteuer. Ausnahme: Der Erbe könnte ohne Prozess seinen Unterhalt nicht bestreiten, weil er vom Nachlass finanziell abhängig ist. Dann gelten die Kosten eines Rechtsstreit als außergewöhnliche Belastung. Die Kosten einer Scheidung lassen sich dagegen grundsätzlich geltend machen (außergewöhnliche Belastung). Das gilt auch dann, wenn sich die zerstrittenen Ehepartner wieder versöhnen.
Wer einen Unfall auf dem Arbeitsweg hat, der kann die Ausgaben dafür als Werbungskosten absetzen. Wer beim Autokauf betrogen wird und einen Anwalt einschaltet, kann die Gebühren als außergewöhnliche Belastung absetzen.
Sachlichkeit durch Mediator
Anders als Richter kümmern sich Mediatoren auch um das gekränkte Ego von Streitparteien. „Oft schalten die Beteiligten auf stur, weil sich der Konflikt zu einer privaten Fehde entwickelt hat“, sagt Mediator Frank Schmidt aus Nürnberg. Ein Mediator helfe den Kontrahenten, wieder sachlich miteinander umzugehen.
Geht es um Zoff in der Nachbarschaft, sind kommunale Schiedsämter die richtige Adresse. „Als Nichtjuristen schalten wir den gesunden Menschenverstand ein, um Konflikte zu lösen“, sagt Barbara Materne-Blunk, ehrenamtliche Schiedsfrau in Düsseldorf. Materne moderiert das Gespräch und macht Lösungsvorschläge. Die Streitparteien müssen selbst einen Kompromiss finden, es gibt keine Verlierer.
Selbst wenn der Rechtsschutzversicherer zahlt, am Ende bleibt oft ein Betrag übrig, den die Streitparteien selbst tragen müssen. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie diese Kosten steuerlich geltend machen.
Unter Umständen als Werbungskosten absetzbar
Sind die Prozess- oder Mediationskosten mit einer Einkunftsart verknüpft, beispielsweise Mieteinnahmen, sind sie als Werbungskosten absetzbar. Gibt es keinen Bezug zu Einkünften, lassen sich die Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen. „Mediation oder Prozess müssen dann allerdings unvermeidbar gewesen sein“, sagt Steuerberater Oliver Braun bei Ecovis in Grafing bei München. Die Beweislast liege beim Steuerzahler.
2011 versuchte das Bundesfinanzministerium (BMF) ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zu kippen. Der BFH hatte entschieden, dass Kosten für einen Zivilprozess als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind, solange die Klage Aussicht auf Erfolg hatte (VI R 42/10). Das BMF wies die Finanzämter an, das Urteil nicht anzuwenden. In diesem Jahr entschied jedoch das Finanzgericht Düsseldorf, dass die Kosten für eine Scheidung abzugsfähig sind, soweit sie die Trennung und den Ausgleich von Rentenansprüchen betreffen (10 K 2392 12 E).
Hartnäckigkeit zahlt sich aus, egal, ob das Finanzamt oder der Rechtsschutzversicherer zahlen soll.