Dafür gibt es gute Gründe. Die Patriarchen fürchten nicht nur um Arbeitsplätze, sie wissen auch: So günstig wie heute war es nie, ein Unternehmen zu vererben. Während auf privates Vermögen bis zu 30 Prozent Steuern fällig werden, kommen Unternehmer im besten Fall steuerfrei davon. Dafür müssen sie ein paar Bedingungen erfüllen: Sie dürfen ihr Unternehmen sieben Jahre lang nicht verkaufen, auch die Lohnsumme muss in dieser Zeit im Durchschnitt konstant bleiben. Zudem müssen sie nachweisen, dass höchstens 15 Prozent der Besitztümer des Unternehmens sogenanntes „Verwaltungsvermögen“ sind, also Kunst, Immobilien oder Anlagen, die nicht zur Produktion beitragen. Wem diese Auflagen zu strikt sind, der kann ein gelockertes Modell wählen. Dann sind nur 85 Prozent des Unternehmenswertes steuerfrei, dafür muss das Unternehmen jedoch nur fünf Jahre gehalten werden und die Lohnsumme im Schnitt 80 Prozent des Ausgangswerts betragen. Auch der Anteil des Verwaltungsvermögens darf höher sein.
Freibeträge für Schenkungen
Abhängig vom Verwandtschaftsverhältnis zum Schenkenden gewährt das Finanzamt Freibeträge in unterschiedlicher Höhe. Wer seinen Freibetrag ausgeschöpft hat, muss den darüber hinausgehenden Betrag oder Gegenwert der geschenkten Sache versteuern. Die Höhe der Schenkungssteuer richtet sich nach den Schenkungssteuerklassen, die ebenfalls vom Grad der Verwandtschaft abhängen.
Innerhalb der Steuerklassen ist der Steuertarif progressiv. Das heißt: Je höher der Geldwert der Schenkung, umso höher ist auch der zu entrichtende Steuersatz. Dabei ist die Steuer gestaffelt zu bezahlen. Ein Beispiel: Bis zu einem Betrag von 75.000 Euro etwa sind in der Steuerklasse I sieben Prozent Steuern auf den über den Freibetrag hinausgehenden Betrag zu zahlen. Von 75.000 bis 300.000 hingegen sind Steuern in Höhe von elf Prozent fällig, also elf Prozent von maximal 225.000 Euro.
Die Freibeträge sind für die Beschenkten alle zehn Jahre aufs Neue nutzbar. Wer anstatt größere zu vererben lieber schenken möchte, kann sein Erbe so alternativ stückweise in Abständen von zehn Jahren verschenken. Der Beschenkte kann dann jedes Mal den vollen Freibetrag ausschöpfen.
Der Freibetrag für Ehepartner beträgt 500.000 Euro. Ehepartner werden der günstigsten Schenkungssteuerklasse I zugeordnet.
Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft werden steuerlich Ehepartnern gleichgestellt. Der Freibetrag liegt bei 500.000 Euro. Sie werden der Schenkungssteuerklasse I zugeordnet.
Kinder, Stief- und Adoptivkinder sowie Enkel bereits verstorbener Eltern erhalten einen Freibetrag von 400.000 Euro und werden ebenfalls der günstigsten Steuerklasse I zugeordnet.
Enkel, deren Eltern noch leben sowie Urenkel bekommen einen Freibetrag von immerhin 200.000 Euro zugesprochen und müssen Schenkungen darüber hinaus nach den Steuersätzen der Steuerklasse I versteuern.
Wollen Kinder ihren Eltern etwas schenken, ist der Freibetrag deutlich geringer als bei Schenkungen in die umgekehrte Richtung. Sie haben einen Freibetrag von lediglich 20.000 Euro und müssen alles darüber hinaus gemäß der Steuerklasse II versteuern. Die gleichen Regeln gelten für Schenkungen an Großeltern, den geschiedenen Ehegatten, Geschwister, Neffen und Nichten, Schwieger- und Stiefeltern sowie Schwiegerkinder.
Für Verlobte, Lebensgefährten sowie alle übrigen Beschenkten gilt ebenfalls ein Freibetrag von nur 20.000 Euro. Allerdings ist bei ihnen die Schenkungssteuerklasse zusätzlich die ungünstigste Klasse III.
Rechtliche Härtefälle
Unternehmer sehen in diesen Regeln keine Bevorzugung, sondern einen entscheidenden Baustein des Erfolgsmodells deutscher Mittelstand. Damit sind sie nicht allein: „Bei vielen Unternehmenserben entsteht erst durch die Befreiung von der Erbschaftsteuer der Anreiz, selbst im Unternehmen tätig zu werden“, sagt Steuerberaterin Volland. Manche Wissenschaftler stellen diesen Vorzug allerdings infrage: Sie vermuten, dass die generöse Befreiungsregel auch solche Nachkommen zu Unternehmern macht, die dafür gar kein Talent haben. Dann ginge es der Firma in Familienhand schlechter als nach einem Verkauf. Steuerberaterin Volland glaubt das nicht: „Der Fortbestand des Unternehmens ist für die meisten doch eine viel bedeutsamere Größe als der Steuervorteil.“
Gleichwohl bleibt die Frage, ob der Vorteil für die Unternehmer nicht zu generös ausfällt. Gegen den metaphorischen Baum prallen eben nicht nur Unternehmer, sondern auch vermögende Privatleute.
Andreas Richter arbeitet bei der auf Erbrecht spezialisierten Kanzlei Pöllath und Partner. In seinem Büro hoch über dem Potsdamer Platz in Berlin empfängt er die vermögendsten Deutschen, sobald sie ihr Erbe regeln möchten oder müssen. „Manchmal führt unser Erbschaftsteuerrecht zu ziemlichen Härtefällen“, sagt Richter. Einer ist ihm im Gedächtnis geblieben, gerade wegen der Härten mag er seinen Fall nur abstrakt schildern.
Der Privatmann hatte sein gesamtes Millionenvermögen in Aktien investiert. Weil er von seinem Marktgespür überzeugt war, hatte er Teile über Kredit finanziert. Jahrelang fuhr er gute Gewinne ein, doch dann starb er, und zwar zu einem steuerrechtlich denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Anfang August 2008. Die Erben traf die Härte des Gesetzes gleich doppelt. Denn zum einen sind Wertpapiere voll erbschaftsteuerpflichtig. Zum anderen ist die deutsche Erbschaftsteuer eine Anfallsteuer. Das heißt: Abgerechnet wird am Todestag. In diesem Fall war das der Monatsanfang, als die Börse strahlte. Ein paar Monate später, als die Steuerzahlung auf den nicht kreditfinanzierten Teil fällig wurde, hatte sich der Wert des Depots wegen der Lehman-Krise fast halbiert. Gemeinsam mit dem zu tilgenden Kredit überstiegen die Verbindlichkeiten plötzlich den Wert des Depots. „Am Ende haben die Hinterbliebenen das Erbe nicht angetreten“, berichtet Richter.
Solche Fälle sind Ausnahmen, doch sie zeigen den Einfluss eines Faktors, den Verfassungsrichter und die Freunde der Gerechtigkeit gar nicht mögen: des Zufalls. Kann es sein, dass ein Steuerrecht der einen Familie ihr gesamtes Vermögen nimmt und der anderen nicht einen Cent? Im Grundsatz macht die deutsche Verfassung dem steuererhebenden Gesetzgeber nur wenige Vorgaben. Er darf besteuern, was er will, und er darf dabei bestimmte Gruppen bevorzugen und benachteiligen. Er muss es bloß absichtlich und gleichmäßig tun, zudem darf die Begünstigung nicht allzu üppig ausfallen. Gegen einige dieser Faktoren könnte die aktuelle Gesetzgebung verstoßen. Sie bevorzugt nicht nur echte Betriebsvermögen, sie gibt Unternehmern auch Möglichkeiten, ihr Privatvermögen einzubeziehen. Die Richter des Bundesfinanzhofs benutzen dafür den umständlichen, aber treffenden Ausdruck „Begünstigungsüberhang“.